Mama und Papa sind das Problem
Autor: Sonny Adam
Kulmbach, Dienstag, 16. Sept. 2014
Am ersten Schultag hat sich in Kulmbach gezeigt, dass sich die Kinder auf dem Weg zur Schule meist richtig verhalten, die Eltern aber schlechte Vorbilder sind. Sie halten im absoluten Halteverbot und queren die Straße neben dem Zebrastreifen.
"Eigentlich sind weniger die Schüler das Problem, sondern vielmehr die Eltern. Die wollen ihre Kinder am liebsten bis ins Klassenzimmer fahren." Der das sagt, kennt sich aus. Ludwig Schmitt ist Polizist und patrouilliert regelmäßig zwischen Oberer Schule und MGF-Gymnasium - immer bestrebt, gefährlich Situationen zu erkennen und zu vermeiden. Am gestrigen ersten Schultag warf er schon ab 7 Uhr ein Auge auf die Schüler, aber eben auch auf die Eltern.
Die Polizei wird in den nächsten Wochen überall im Landkreis an den Schulen verstärkte Präsenz zeigen. Die Beamten schwärmen aus, um den Schulweg möglichst sicher zu machen. Unterstützt werden sie vielerorts von ehrenamtlichen Schulweghelfern.
Kein Unrechtsbewusstsein
Ludwig Schmitt gehört der mobilen Verfügungsgruppe der Polizei an und wird sich in nächster Zeit neben vielen anderen Aufgaben auch um den Schulwegdienst kümmern. Obwohl rund um das Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium ein absolutes Halteverbot besteht, lassen viele Eltern ihre Kinder dort aussteigen. "Manche halten direkt vor dem Eingangstor, dann kommen die Lehrer nicht in die Einfahrt rein", sagt Schmitt. Und mehr noch: Immer wieder komme es zu unübersichtlichen Verkehrssituationen, wenn einige überholen, während die widerrechtlich Haltenden schon wieder anfahren. "Ich spreche die Eltern an, man kann ja die Kinder auch im Parkbereich bei der Kirche rauslassen", so der Beamte.
Gestern reagierten die Eltern allesamt einsichtig. "Manche haben aber auch überhaupt kein Unrechtsbewusstsein", berichtet Schmitt. Er glaubt selbst nicht daran, dass sich das Parkproblem am MGFG beheben lässt. Denn selbst seine Anwesenheit schrecke die meisten Eltern nicht, trotz des Verbotes zu halten. "Das ist eben der typische Anlieferungs- und Abholungsverkehr", sagt er.
Das übliche Verkehrschaos
Zeitdruck und Hektik geben viele Eltern an, die erwischt werden. "Manche haben angeblich die Schilder noch nie gesehen", sagt der Polizist.
Zwar herrschte am ersten Schultag früh das übliche Verkehrschaos, zu wirklich brenzligen Situationen kam es aber nicht. "In den letzten Jahren ist hier auch nichts Schlimmeres passiert", sagt Schmitt."Was mir auffällt ist, dass die Schüler sich eigentlich gut im Verkehr bewegen. Am Gymnasium sieht man auch weniger Schüler, die beim Laufen auf dem Smartphone herumtippen. Das ist eher ein Problem an den Hauptschulen."
Am Zebrastreifen direkt am Eingang des MGF-Gymnasiums gab es gestern keine Probleme. "Ich muss ehrlich sagen, die Autofahrer passen in diesem Bereich gut auf", sagt Schmitt. Und bei den Grundschülern seien ohnehin die Eltern dabei.
Die ehrenamtlichen Schulweghelfer hält der Polizist für sehr wichtig. "Denn so können sich die jüngeren Schüler sicher fühlen", sagt Schmitt.
"Richtig viel zu zun"
Unterhalb der Awo-Geschäftsstelle trafen wir Anette Koslowski, Mitglied des Elternbeirates der Oberen Schule. Schon zehn Jahre lang ist sie Schulweghelferin. Für sie ist das Ehrensache - auch wenn sie drei Kinder hat und voll berufstätig ist. "Am ersten Schultag ist es besonders wichtig. Aber auch sonst", so Anette Koslowski.
Der Übergang in der Oberen Stadt ist der wohl der meistgenutzte in Kulmbach. "Man hat hier richtig viel zu tun. Heute kommen ja noch viel mehr, weil alle in die Petrikirche gehen", sagt. Man muss hier früh schon fit sein", sagt Koslowski.
Am ersten Schultag hat sie gleich einen Grund, sich richtig zu ärgern. Ein unvernünftiger Autofahrer raste gegen 7.45 Uhr durch die Obere Stadt - exakt zu der Zeit, als die meisten Schüler unterwegs waren. "Der hat vor dem Zebrastreifen noch mal aufs Gas gedrückt. Da hätte keiner eine Chance gehabt," sagt Koswloski, die sich das Kennzeichen notiert hat. "Ich habe etwa drei Mal im Jahr Dienst - immer eine Woche lang." Ins Büro gehe sie dann ein bisschen später als sonst.
Der Chef spielt mit
Genau so hält es Konstanze Maak. Sie arbeitet in Bayreuth in einem Steuerbüro. "Wenn ich Schulweghelferdienst habe, komme ich ein bisschen später. Das habe ich mit meinem Chef so besprochen, und es ist kein Problem. Aber man muss es halt organisieren", meint Maak. Je mehr Freiwillige sich zur Verfügung stellten, desto weniger häufig müssten alle ran.
Ein Ärgernis für die Schulweghelfer bleibt: Schüler der Oberen Schule queren die Straße oft nicht beim weiteren Zebrastreifen vor dem MGFG, sondern laufen einfach ein paar Meter früher hinüber. "Oft machen die Eltern das vor. Und wie sollen die Kinder dann lernen, dass sie den Zebrastreifen nutzen sollen?", moniert Maak.