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Lindenberg hatte einst ein Ritterschloss


Autor: Sonny Adam

Kasendorf, Montag, 01. Oktober 2012

Viele Spaziergänger, die in Lindenberg einen Bummel durch den kleinen Ort machen, bleiben vor dem Sandsteinhaus der Familie Jungbauer am Ortsende stehen. Sie rätseln über den Wappenstein, der in das Haus eingearbeitet ist. Denn eigentlich passt das herrschaftliche Wappen so gar nicht zu dem eher schlichten fränkischen Bauernhaus.
Robert Hirschmann  zeigt das Wappen,  das ein  Relikt  des früheren  Ritterschlosses  ist. Foto:  Sonja Adam


Der Kasendorfer Ortsteil Lindenberg, das Wappen und das Haus der Jungbauers haben eine spannende Geschichte zu erzählen, die der Kulmbacher Hobby-Geschichtsforscher Robert Hirschmann vielen Interessierten am Samstag bei einer heimatgeschichtlichen Exkursion der CHW-Bezirksgruppe und der örtliche Volkshochschule näher bringt. Die Steine am Bauernhaus, die mit einem Loch versehen sind, das früher Greifzangenwerkzeuge verursacht haben, stammen laut Hirschmann von dem stolzen Ritter schloss, das es einst in Lindenberg samt Burgstall gab.

"Ein hölzernes Haus"


Das Schloss sei ungefähr 20 mal 20 Meter groß gewesen. Es war für die damalige Zeit nichts Besonderes,weiß Hirschmann, der von einem "hölzernes Haus" spricht, einem Fachwerkhaus.
Vor zehn Jahren haben Franz und Doris Jungbauer das Bauernhaus auf dem Areal gekauft. "Wir haben viel gemacht, es musste total entkernt werden", berichten die heutigen Besitzer und laden die Besucher in ihren Garten ein. Der ist ausgesprochen hügelig: Wer genau hinschaut, sieht gleich den ehemaligen Wall samt Wallgraben ("Er ist noch heute feucht und nass"), der das Schloss schützen sollte.

Turm gehörte dazu


Und auf dem sogenannten Kernhügel, der heute noch emporragt, stand wohl ein Turm. "Der hatte zwar keine verteidigungsstrategische Bedeutung, aber wer einen Turm hatte, der war eben der Chef", erläutert Hirschmann, der weiß, dass ein Turm einfach zum Ritterschloss dazugehörte.
Das Lindenberger Schloss wurde zunächst innerhalb der Familie Rauschner weitergegeben, doch im Jahre 1560 verstarb mit Joachim Rauschner der Letzte aus der Familie. Sein Grab ist heute noch in Kasendorf zu sehen. Auch das seiner Gattin Anna Rauschner, einer geboreren Fuchsin von Schweintz haupten, befindet sich in der dortigen Kirche.
Nach dem Tod der Rauschners wechselte das Schloss mehrmals seine Besitzer: Die Adelsfamilien Waldenfels, Künßberg und Guttenberg kamen nach Lindenberg. "Doch schon in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges war das Rittergut in einem bedauerlichen Zustand", berichtet Hirschmann.

Getauscht und abgetragen


Das Rittergut wurde dann gegen das Rittergut Riegelstein an den Oberamtmann von Hollfeld und Waischenfeld, Johann Christoph Ludwig Lochner von Hüttenbach zu Tressau und Riegelstein, eingetauscht, teilt der Geschichtsforscher mit.
Im Jahre 1816 habe die Zerschlagung und der Ausverkauf des Rittergutes begonnen. "Schloss samt Malz- und Bräuhaus, Gras- und Obstgarten, Weiher und Felsenkeller wurden vom Wirt von Lindenberg, Johann Friedrich Pensel, gekauft. Unglaublich viel Land gehörte zum Anwesen dazu: Wiesen, Weiden, das Jagdrecht, Wald", sagt Hirschmann. Der neue Besitzer habe das Schloss dann abtragen und mit den Steinen den Wirtsstadel und die Häuser Nummer 5 und 8 in Lindenberg errichten lassen. Heute erinnert nur noch das Lochnersche Wappen mit der Jahreszahl 1736 an das Schloss - und eben Robert Hirschmann, der die Geschichte im Rahmen der Führung des Colloquium Historicum Wirsbergense wieder lebendig gemacht hat.
Doris und Franz Jungbauer sind stolze Besitzer des Bauernhauses. Sie genießen es, auf einem so geschichtsträchtigen Boden zu leben.