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Lindenberg: die Geschichte eines Ritterhauses


Autor: Sonny Adam

Lindenberg, Sonntag, 30. Sept. 2012

Die Steine des Sandsteinhauses in Lindenberg, das Franz und Doris Jungbauer in liebevoller Detailarbeit hergerichtet haben, könnten viel erzählen. Denn sie stammen von einem stolzen Ritterhaus.
Robert Hirschmann enträtselt die Wappen - sie erzählen von den ehemaligen Besitzern des Ritterschlosses: Es war im Besitzer der Rauschner-Familie, ging dann an das Adelsgeschlecht derer von Waldenfels, an die Künßbergs und schließlich an die von Guttenbergs. Doch 1861 begann die Zerschlagung des Anwesens und der Ausverkauf des Gutes. Fotos: Sonja Adam


Sonntagsspaziergänger, die nach dem Essen in Lindenberg einen Bummel durch den Ort machen, bleiben vor dem Sandsteinhaus der Familie Jungbauer am Ortsende oft stehen und rätseln über den Wappenstein, der in das Haus eingearbeitet ist. Denn eigentlich passt das prunkvolle Wappen so gar nicht zu dem drolligen Bauernhäuschen. Und auch die Sandsteinornamente um die Fenster sorgen bei so manch Geschichtsinteressierten für ein Rätseln. Tatsächlich hat das schmucke Bauernhäuschen eine spannende Geschichte zu erzählen, schilderte Hobby-Geschichtsforscher Robert Hirschmann. Die Steine, die mit einem Loch von den früheren Greifzangenwerkzeugen versehen sind, stammen nämlich von dem einst stolzen Ritterschloss in Lindenberg samt Burgstall. Das Ritterschlösschen muss ungefähr 20 mal 20 Meter groß gewesen sein und war für damalige Zeiten wohl nichts Besonders - sondern eben einfach ein "hölzernes Haus", was so viel bedeutete wie Fachwerkhaus.

Vor zehn Jahren haben Franz und Doris Jungbauer das Haus gekauft. "Wir kennen das Haus schon lange und wollten es immer. Aber wir haben viel gemacht, es musste total entkernt werden", erzählen die heutigen Besitzer und öffnen dem CHW gerne einmal ausnahmsweise ihren Garten.

Denn der Garten ist ausgesprochen hügelig: Geschichtskenner entdecken auf Anhieb den ehemaligen Wall samt Wallgraben (er ist noch heute feucht und nass), der die Burg einst schützen sollte. Und auf dem sogenannten Kernhügel, der heute noch emporragt, war wohl ein Turm angelegt. "Der hatte zwar keine verteidigungsstrategische Bedeutung, aber wer einen Turm hatte, war der Chef von des Ganze", sagte Hirschmann flapsig. Kurzum: ein Turm gehörte einfach zu einem Ritterschloss dazu.

Das Schloss wurde zunächst innerhalb der Familie Rauschner weitergegeben, doch 1560 starb Joachim Rauschner, der letzte Rauschner. Sein Grab ist noch in der Kasendorf zu sehen. Auch das seiner Gattin - Anna Rauschner - eher geboreren Fuchsin von Schweintzhaupten ist in der Kirche.

Nach dem Tod der Rauschners wechselte das Schloss mehrmals seine Besitzer: Die Adelsfamilien Waldenfels, Künßberg und Guttenberg kamen nach Lindenberg. Doch schon in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges war das Rittergut in einem bedauerlichen Zustand.

Das Rittergut wurde dann gegen das Rittergut Riegelstein an den Oberamtmann von Hollfeld und Waischenfeld Johann Christoph Ludwig Lochner von Hüttenbach zu Tressau und Riegelstein getauscht. 1816 begann die Zerschlagung und der Ausverkauf des Rittergutes. Das Schloss samt Malz- und Bräuhaus, Gras- und Obstgarten, Weiher und Felsenkeller wurden vom Wirt von Lindenberg Johann Friedrich Pensel gekauft. Unglaublich viel Land gehörte zum Anwesen dazu: Wiesen, Weiden, das Jagdrecht, Wald.

Der neue Besitzer jedoch ließ das Schloss abtragen und errichtet mit den Steinen den Wirtsstadel und die Häuser Nummer 5 und 8 in Lindenberg.

Heute erzählt nur noch das Lochnersche Wappen mit der Jahreszahl 1736 von der bewegten Geschichte des Schlosses - und eben Robert Hirschmann, der die alte Geschichte im Rahmen einer CHW-Führung wieder lebendig machen wollte - und damit eine große Gruppe Geschichtsinteressierter glücklich machte.

Auch die heutigen Besitzer staunten über die bewegte Geschichte ihres Anwesens. "Anfangs wussten wir nicht so viel, aber im Laufe der Jahre haben wir natürlich viel erfahren und viel über unser Haus gelernt", sagt Doris Jungbauer und genießt es einfach, in einem so idyllischen und vor allem geschichtsträchtigen Haus zu leben.