Druckartikel: "Leisti" macht Schluss mit Plastik

"Leisti" macht Schluss mit Plastik


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Mittwoch, 29. Juni 2022

Zigtausende Röhren und Gitter aus Kunststoff stehen als Wuchshilfe und Verbissschutz in Kulmbacher Wäldern. Dass es auch anders geht, zeigt eine Initiative von Carmen Hombach: Der Baumschutz von morgen besteht aus heimischem Holz.
So haben sie sich das Ergebnis vorgestellt: Carmen Hombach und Theo Kaiser testen den "Leisti"-Prototyp. Foto: Dagmar Besand


Die Idee ist so einfach wie genial: eine Wuchshilfe für Waldbäume, die gleichzeitig vor Wildverbiss schützt und statt aus Kunststoff aus heimischem Holz gefertigt ist. Ein perfekter ökologischer Kreislauf, der dazu beitragen kann, dass eine gewaltige Menge Plastik gar nicht erst in die Natur gelangt.

Dass aus einer vagen Idee ein bald verkaufsfertiges Produkt wird, ist Carmen Hombach zu verdanken. Die Kulmbacher Stadtförsterin ist auch Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung Kulmbach-Stadtsteinach. Sie suchte zunächst im Handel nach einer Alternative zu den bisher üblichen Kunststoff-Hülsen und wurde in der Pfalz fündig. Dort produzierte Schutzgitter aus Holzleisten sind allerdings erstens zu klein, um in Bayern eine staatliche Förderung bekommen zu können, zweitens sind sie nicht so stabil wie die Kulmbacher Stadtförsterin sich das wünschte.

Alternative mit vielen Vorteilen

Was es nicht zu kaufen gibt, müsste man doch selbst machen können, dachte sich Carmen Hombach und besprach die Idee mit ihrem Mitarbeiter Florian Popp. Der Forstwirt fertigte einen Prototyp an, der genau das bietet, was ein junger Baum für ein ungestörtes, gesundes Wachstum braucht. Die Konstruktion aus schmalen Holzleisten schafft ein günstiges Kleinklima, schützt vor Austrocknung und Staunässe, stürmischem Wind und Frost und lässt genug Licht an die Pflanze. Zusätzlich sind die Haupttriebe gegen Verbiss durch Rehe und Hasen geschützt. Knabbern die Wildtiere ein paar überstehende Seitentriebe ab, wird das dem Baum nicht gefährlich.

"Leisti" taufte die Waldexpertin das neue Produkt, das jetzt in Serie produziert wird - von Menschen mit Behinderung in der Melkendorfer "Lebenswerkstatt" der Diakonie Bayreuth. Dafür hat Florian Popp eine Schablone gefertigt, nach der die zugeschnitten Leisten mit Draht zusammengefügt werden können.

"Was mir besonders an der Sache gefällt, ist, dass unser Baumschutz absolut ökologisch ist. Das verwendete Holz ist Fichtenholz, das wegen des Borkenkäferbefalls gefällt werden musste. Es wird in der Streitmühle in Himmelkron gesägt, in Melkendorf weiterverarbeitet, und das fertige Produkt nutzen wir im Landkreis. Regionaler geht's nicht!"

Keine weiten Wege, ein Produkt aus dem heimischen Wald für den heimischen Wald - diese Idee gefiel auch Theo Kaiser, Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung, auf Anhieb. 2000 Stück hat der Verein bei der "Lebenswerkstatt" in Auftrag gegeben, die dann ab Herbst zu einem Stückpreis von rund 6,70 Euro verkauft werden. Darin enthalten ist bereits der Robinienstab, der für zusätzliche Stabilität der Konstruktion sorgt.

Mit den geforderten, 1,20 Metern Höhe und der ökologischen Ausführung, ist "Leisti" förderfähig. Pro Stück kann der Waldbesitzer zwei Euro vom Freistaat erstattet bekommen, muss den Antrag allerdings vor dem Kauf stellen. Dabei hilft der zuständige Revierleiter.

Viel billiger ist für den Waldbesitzer auch der Kunststoff-Schutz nicht. Der braucht jeweils zwei Robinienstäbe und kostet dann rund 4,20 Euro. Eine Förderung gibt es dafür nicht mehr. Die Differenz zum Exemplar aus Holz beträgt damit rund 50 Cent. "Außerdem spart unser Modell einiges an Arbeit", sagt Theo Kaiser: Der Kunststoffschutz muss nach spätestens acht Jahren entfernt und mühsam aufgeschnitten werden. Die Entsorgung kostet noch einmal Geld."

Nach einigen Jahren im Wald beginnt Kunststoff auszufransen. Carmen Hombach: "Das Material wird brüchig und splittert - und dann hat man überall die winzigen Plastikteilchen im Wald."

"Leisti" eignet sich als Beschützer aller Bäume, sowohl für Nadel- als auch für Laubhölzer. Dabei ist der Einzelschutz vor allem gedacht für kleinere Lücken im Wald, die aufgeforstet werden sollen. Große Flächen schützen Waldbesitzer mit einem Zaun, der im Verhältnis preiswerter ist. Pro laufendem Meter Schutzzaun müssen sie mindestens zwölf Euro investieren. Das rechnet sich für Flächen mit vielen Bäumen.

Sinnvolles Produkt ist schöne Aufgabe

In der "Lebenswerkstatt" freut man sich über den Auftrag. "Das ist ein Produkt, dessen einzelne Arbeitsschritte von unseren Mitarbeitern gutausgeführt werden können", sagt Werkstattleiter Reinhard Wich. Gruppenleiter Martin Weber hat mit einigen Mitarbeitern bereits erste Exemplare angefertigt. "Unsere Mitarbeiter sind mit dieser Aufgabe richtig glücklich, erst recht, weil es auch noch ein sinnvolles Produkt ist, das sie herstellen. Wenn "Leisti" sich gut verkauft, freut sich auch die Werkstatt: "Wir sind flexibel und können jederzeit mehr davon produzieren."