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Kurswechsel im Bräuwerck: Bald mit Pächter?


Autor: Alexander Hartmann

Neudrossenfeld, Dienstag, 12. April 2022

Nach turbulenten Monaten leitet die Drossenfelder Bräuwerck AG einen Kurswechsel ein. Ein Pächter-Modell ist das Ziel, sagt Sabine Schertel, die den Vorstand vertritt. Koch Michael Nelkel hat Interesse.
Wird der Koch auch Pächter? Michael Nelkel will das Bräuwerck auf Kurs bringen.


Vorstand Dieter Bauerfeind hat sein Amt vor allem aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt, Braumeister Bernd Weibbrecht nach Differenzen mit Geschäftsführerin Andrea Weigler das Weite gesucht, und im Januar wurde schließlich auch noch der Vertrag von Andrea Weigler aufgekündigt - die Drossenfelder Bräuwerck AG hat turbulente Monate hinter sich. Nach aus wirtschaftlicher Sicht ohnehin wenig erfreulichen Jahren, in denen das Eigenkapital der Aktiengesellschaft seit der Gründung 2012 zusammengeschmolzen ist.

Neustart

Jetzt soll quasi der Reset-Knopf gedrückt werden, wie Sabine Schertel deutlich macht, die dem Aufsichtsrat angehört hat und nach dem Ausscheiden von Dieter Bauernfeind den Vorstand vertritt. Es soll ein Neustart mit einer Neuausrichtung werden. Die Bräuwerck-Führung leitet einen Kurswechsel ein. "Das bisherige Modell, dass ein Vorstand den Betrieb quasi nebenberuflich führt, ist gescheitert", stellt Schertel fest, die von Beruf Steuerberaterin ist. Dem Wirtshaus fehle ein Wirt, mit dem sich die Gäste identifizieren könnten. Davon sei sie überzeugt. Von einem Gastwirt, der eigenverantwortlich wirtschaftet, hatte die AG bis dato Abstand genommen. Viele, die die unerfreuliche Entwicklung beobachtet haben, hatten das als einen Kardinalfehler ausgemacht.

"Ich bin zuversichtlich"

Einen Pächter hat das Bräuwerck auch im April 2022 noch nicht. Doch die provisorische Vorstandssprecherin betont, dass es das Ziel sei, einen solchen zu installieren. "Wir müssen allerdings die rechtlichen Voraussetzungen noch prüfen. Ich bin zuversichtlich, dass das klappt" , sagt Schertel. Sie hat schon einen potenziellen Kandidaten im Blick: Michael Nelkel, der seit Herbst im Bräuwerck kocht. Nelkel, der aus Langenstadt kommt, leitet seit dem Ausscheiden von Andrea Weigler den operativen Betrieb. Der 44-Jährige hatte sich bereits im vergangenen Jahr als Pächter beworben, wurde damals als Koch im Bräuwerck eingestellt - mit Weigler als Chefin.

"Können nicht ewig Verluste machen"

"Die Führung muss jemand haben, der immer vor Ort ist", stellt Sabine Schertel fest. Der Pächter gehe zwar ein finanzielles Risiko ein, "dafür kann das Bräuerwerck aber eine Goldgrube sein". Schertel hofft, dass mit einer florierenden Gastronomie und einer gut laufenden Brauerei auch die AG wirtschaftlich zeitnah auf Kurs gebracht wird: "Wir können nicht ewig Verluste machen." Dass die Brauereigaststätte Potenzial hat, davon ist Michael Nelkel überzeugt. Der gelernte Koch will "eine gute, handwerkliche Küche mit Spezialitäten bieten". "Wir brauchen da aber kein Thai-Curry. Das Bräuwerck ist eine Brauereigaststätte, und das muss auch so gelebt werden", gibt er die Richtung vor.

"Nach den Gästen richten"

"Das Bräuwerck muss sich nach den Gästen richten, nicht die Gäste nach dem Bräuwerck." Das erklärt Sabine Schertel, die weiß, dass in der Vergangenheit nicht alle so gedacht haben. Auch Nelkel ist sich der Tatsache gewusst, dass in den zurückliegenden Jahren Gäste zuweilen verprellt wurden. Der 44-Jährige will auf ein Miteinander setzen, gerade auch die Neudrossenfelder, die zuweilen einen Bogen um die Gaststätte machen, wieder ins Wirtshaus holen. "Die Gaststätte soll ein kultureller Treffpunkt sein", wünscht er sich. Die Öffnungszeiten sollen kontinuierlich ausgeweitet und der Biergarten komplett auf Selbstbedienung umgestellt werden. Aufgrund der Größe lasse sich der Betrieb im Freien mit Servicepersonal nicht stemmen.

Kommt neuer Braumeister?

Zur Aktiengesellschaft gehört aber nicht nur die Gastronomie, sondern auch die Brauerei. Und auch dort sind die Sorgen groß. Da Braumeister Bernd Weibbrecht zur Maisel-Brauerei gewechselt ist, wird in Neudrossenfeld zurzeit kein eigenes Bier gebraut. Zwar werden das "Nachtwerck" und "Tagwerck" nach wie vor ausgeschenkt, doch die Vorräte reichen nicht ewig. Was passiert, wenn diese aufgebraucht sind? Muss dann Bier zugekauft werden? Das könne man zwar für eine kurze Zeit nicht ausschließen, sagt Vorstandssprecherin Sabine Schertel, die jedoch anführt: "Wir suchen einen Braumeister und sind zuversichtlich, dass wir zeitnah eine Lösung finden." Vorderstes Ziel muss es ihren Worten zufolge sein, den Ausstoß endlich zu steigern. Der lag laut Schertel zu besten Zeiten bei über 500 Hektoliter pro Jahr, in der Pandemie zuletzt bei etwa 300. Gerade den Außer-Haus-Verkauf will Nelkel forcieren. Der 44-Jährige hat bei einer großen französischen Molkereigenossenschaft über viele Jahre Erfahrungen im Vertrieb gesammelt. "Ich hoffe, dass uns das zugute kommt."

"Keine Dauerlösung"

Ob sich Schertel mit dem Gedanken trägt, einmal für den Vorstandsposten zu kandidieren? "Nein, ich bin nur Vertreterin auf Zeit. Für mich ist das keine Dauerlösung, weil ich in meiner früheren Steuerkanzlei eingebunden bin." Sie wünscht sich, dass der neue Mann oder die neue Frau an der Spitze der Bräuwerck AG künftig zumeist im Hintergrund agieren kann: "Das wäre der Idealfall, wenn der Betrieb läuft."