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Kulmbachs verborgene Unterwelt


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Montag, 17. Juni 2019

Der Kulmbacher Festungsberg ist von weitläufigen Kellergewölben durchzogen. Diese bieten die perfekte Temperatur für die Lagerung von Bier.
Die Kellergewölbe im Burgberg sind weitläufig und wurden aufwendig aus dem Felsen gehauen. Erich Olbrich kennt sich in dem Labyrinth bestens aus. Foto: Barbara Herbst


Draußen ist ein sonniger, heißer Sommertag, drinnen ist es sehr frisch - kühlschrankkalt. Wenn ich ein Fass Bier wäre, wäre ich hier für Monate gut aufgehoben. So bleibe ich nur eine kleine Weile, um in Begleitung des Kulmbacher Heimatforschers und Stadtführers Erich Olbrich ein Stück Kulmbacher Geschichte zu entdecken.

Der Gedanke mit dem Kühlschrank ist nicht falsch: Wir stehen in einem Bierkeller am Röthleinsberg. Tief in den Festungsberg, auf dem oben mächtig die Plassenburg thront, wurde der Keller in den Stein gehauen. Einige hundert Jahre ist das schon her, die man dem Keller nicht ansieht. Das Gewölbe wirkt, als wäre es für die Ewigkeit erschaffen.

Mindestens 83 derartige Keller gibt es in Kulmbach. Das sind diejenigen, von denen Erich Olbrich weiß. "Bestimmt gibt es noch einige mehr, von denen wir noch nichts wissen."

Der Keller gehört immer demjenigen, auf dessen Grundstück sich der Eingang dazu befindet. Damit sind einige im städtischen Eigentum. Vor zehn Jahren hatte Erich Olbrich zum Tag des offenen Denkmals, der unter dem Motto "Orte des Handels und des Genusses" stand, die Idee, eine Führung durch einige der alten Bierkeller anzubieten. "Wir dachten damals, ein paar Leute wird's schon interessieren, und haben so mit 20 Teilnehmern gerechnet", erinnert sich der 60-Jährige.

Überraschung: Am Treffpunkt vor dem Rathaus standen mehr als 200 Leute, einige extra angereist. Es wurde ein langer Nachmittag, bis alle Gruppen durchgeschleust waren.

"Das hat uns gezeigt, dass da ein echtes Interesse besteht", sagt der Heimatforscher. Deshalb habe man sich entschlossen, die alten Keller, in denen sich über die Jahre viel Bauschutt und Dreck angesammelt hatte, gründlich zu reinigen und regelmäßig Kellerführungen anzubieten. "Viele Helfer, darunter eine ganze Reihe von Jugendlichen, haben die Keller in einen präsentablen Zustand versetzt. Trotzdem haben sich die Aufräumarbeiten fast ein Jahr lang hingezogen.

Und wo überall findet man in Kulmbach alte Bierkeller? "Sie ziehen sich am Burgberg vom Grünwehr bis in den Spiegel und am Ausläufer des Rehbergs vom Steinernen Gässchen bis zur Karl-Jung-Straße." Zusätzlich gibt es noch Keller im Kressenstein, die 1944 als Schutzkeller gegraben wurden. Diese Bunkerbauten wurden allerdings nie fertiggestellt.

Und noch eine dritte Art unterirdischer Bauten gibt es: Suchstollen für Mineralien oberhalb der Petrikirche.

Aus dem 14. Jahrhundert

Der älteste bekannte Keller befindet sich ebenfalls am Festungsberg und stammt aus dem 14. Jahrhundert. Das hat der Spezialist Bernhard Häck vom Landesamt für Denkmalpflege anhand der angewandten Steinmetz-Schlagtechnik herausgefunden.

Es gab zwei Phasen in der Kulmbacher Geschichte, in denen der Kellerbau geboomt hat, weiß Erich Olbrich. Nachdem am Konraditag 1553 die Stadt niedergebrannt war, hat Markgraf-Georg-Friedrich versucht, die Bürger dazu zu bewegen, ihre Häuser aus Stein statt aus Holz zu bauen. Schmackhaft machte er ihnen das durch einen Steuererlass. Steine und Sand für den Hausbau kamen aus den Stollen, die in den Berg gegraben wurden.

Der zweite Boom kam mit der Eisenbahn ab 1848. Diese ermöglichte es den Kulmbacher Brauern, im großen Stil Bier zu exportieren. Dafür wurden geeignete Lagerräume gebraucht. Die Felsenkeller mit stabilen Temperaturen zwischen 7 und 10 Grad waren dafür optimal geeignet. Erst als die Kühlaggregate erfunden wurden, lagerte man das Bier direkt in der Brauerei.

Die Kulmbacher Keller durchziehen den Burgberg auf insgesamt fünf übereinander liegenden Stockwerken und reichen tief in den Berg hinein. Einige davon sind untereinander verbunden. Durch ein intelligentes Schachtsystem sind sie gut belüftet. In Kriegszeiten dienten sie auch als Luftschutzkeller oder wurden genutzt, um Hab und Gut in Sicherheit zu bringen.

Wie lang das weit verzweigte Kellernetz wohl sein mag? Erich Olbrich vermag das nicht zu sagen. "Diejenigen, die ich schon erkundet habe, machen leicht 20 Kilometer aus, aber es sind mit Sicherheit viele Kilometer mehr. Das wäre eine Aufgabe für die Zukunft, dies einmal genau zu vermessen."

Und außerdem wartet auch noch ein Rätsel auf seine Lösung: Zwei zugemauerte Gänge sind in keinem Kellerplan eingezeichnet. "Wir wissen nicht, was sich dort verbirgt", sagt Erich Olbrich und spekuliert mit einem Augenzwinkern: "ein Goldschatz vielleicht?"

Die nächsten Kellerführungen

Termine Die nächsten Kulmbacher Kellerführungen finden statt am 29. Juni um 14 Uhr, am 19. und 26. Juli jeweils um 16 Uhr und am 9. August um 16 Uhr. Treffpunkt ist am Marktplatz vor dem Rathaus. Anmeldung und Preise Eine Anmeldung bei der Tourist Information, Telefon 09221/ 9588-0, ist erforderlich. Die Teilnahme kostet 4 Euro für Erwachsene, 2 Euro für Kinder. Kinder bis 6 Jahre dürfen kostenlos mit.