Kulmbachs letzter Volkstribun ist vor 70 Jahren gestorben
Autor: Wolfgang Schoberth
Kulmbach, Mittwoch, 01. April 2020
Am 2. April 1950 starb der Kulmbacher SPD-Bundestagsabgeordnete Friedrich Schönauer nach einem kurzen, aber bewegten Leben.
Einen wie ihn konnte nur die frühe Bundesrepublik hervorbringen. Ein Politiker, der, wenn er sich mal in Rage geredet hatte, kein Gräschen stehen ließ. Schönauer konnte hemmungslos populistisch sein. In seiner Polemik erinnert er an Kurt Schumacher, den ersten SPD-Parteichef nach dem Krieg, den galligen Herbert Wehner, dessen Einwürfe im Bundestag oft Hinrichtungen des politischen Gegners sind, und an den jungen Helmut Schmidt mit seiner berüchtigten "Schmidt-Schnauze".
Doch Schönauer ist kein bloßer Haudrauf. Hinter seiner massigen Statur verbirgt sich ein feinfühliger Mensch. Die Marktleugasterin Marianne Friedrich, deren Großeltern neben der Familie Schönauer in Weiher - neben der Gaststätte Ohnemüller - gewohnt haben, erinnert sich an "Onkel Fritz" als einen stets liebenswürdigen Menschen und einen fürsorglichen Vater der drei Kinder Elsbeth, Marianne und Herbert.
Früh in die Arbeiterjugend
Was den am 11. September 1904 in Altenplos geborenen Schönauer schon in frühen Jahren anreibt, ist sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn. Geprägt wird er von seinem Vater, einem einfachen Bauarbeiter, Gewerkschaftler und überzeugten Sozialdemokraten. Mit 14, als er seine Lehre als Elektroinstallateur beginnt, schließt er sich der Sozialistischen Arbeiter-Jugend (SAJ) an, nach dem Ersten Weltkrieg tritt er in die SPD ein.
Nach seinem Umzug nach Kulmbach wird er 1924 in den hiesigen Ortsverein aufgenommen. Der 20-jährige Feuerkopf mischt die Kulmbacher SPD kräftig auf. Bisher durch gemäßigte Parteiführer wie Hans Herold, Matthäus Schneider und Georg Hagen geprägt, gibt er ihr klassenkämpferisches Profil. Vor allem aber und sucht er die offene Konfrontation mit den immer massiver auftretenden "Hitlers".
Als am 9. März 1933 die Rechten in Kulmbach die Macht übernehmen, möchten sie ihn mundtot machen. Schönauer wird in "Schutzhaft" genommen, zunächst in den Fronfestenturm, danach an das Landgerichtsgefängnis St. Georgen überstellt.
In Dachau interniert
Von Mai bis Dezember 1934 wird er im KZ Dachau interniert. Nach seiner Entlassung wird er in Kulmbach für den Flutmuldenmuldenbau verpflichtet. Doch er kann am 28. Februar 1935, vermutlich mit dem klammheimlichen Wissen des Kulmbacher Kreisleiters Fritz Schuberth kurz vor einem erneutem Zugriff der Gestapo, die wahrscheinlich seine Liquidierung zur Folge gehabt hätte, fliehen.
Es folgt eine unglaubliche Odyssee von erneuten Festnahmen, Internierungen, abenteuerlichen Ausbrüchen, bis er sich 1944 bei der Landung der Alliierten in der Normandie in den Dienst der US-Army stellt. Selbst seine Frau Margarete weiß über sein Schicksal nicht Bescheid. Er gilt als tot. Die Ehe wird annulliert.