Kulmbacher wünschen sich gerechte Chancen für Arbeitslose
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Sonntag, 13. Januar 2019
Ein Arbeitsloser aus der Region kämpft gegen Vorurteile und für eine berufliche Perspektive. Dass er das schafft, verdankt er einer Kulmbacher Institution.
Geht es in unserer Gesellschaft gerecht zu? Wenn Thorsten M. (Name von der Redaktion geändert) sein eigenes Schicksal betrachtet, zweifelt er daran. Der 53-Jährige hat sein Leben lang gern und fleißig gearbeitet, immer hundert Prozent gegeben - und steht von einem Tag auf den anderen vor dem Nichts. Er ist angewiesen auf staatliche Unterstützung, weil aufgrund seines bisherigen niedrigen Stundenlohns von 10,50 Euro sein Arbeitslosengeld unter dem Hartz-IV-Satz liegt.
Mit der Arbeitslosigkeit kommt der gesellschaftliche Abstieg. Weit verbreitet ist die Meinung: Bei der heutigen Arbeitsmarktlage findet doch jeder einen Job, wenn er will. Stimmt leider nicht. Wer beispielsweise gesundheitlich eingeschränkt ist, kann keine offene Stelle auf dem Bau oder in der Pflege besetzen.
Dass die Gesellschaft oft schnell und leichtfertig mit pauschalen Vorurteilen ist, macht Thorsten M. traurig und auch ein bisschen wütend. Und es ist auch der nachvollziehbare Grund dafür, dass er seinen Namen im Zusammenhang mit diesem Thema nicht in der Zeitung lesen will. Der Mann hat sich nichts vorzuwerfen und im Grunde alles richtig gemacht: Nach der Schule hat er sofort eine Ausbildung zum Maler und Lackierer absolviert, dann 37 Jahre lang durchgehend in diesem Beruf gearbeitet. Doch dann kamen eine schwere Augenkrankheit und kaputte Bandscheiben. Er sieht Punkte und "Spinnweben", wo keine sind, Wellen statt klarer Kanten. Langes, gebeugtes Stehen ist auch nicht mehr drin. Beides zusammen ist eine Katastrophe für den Lackierer und führte zur Kündigung.
Auf der faulen Haut zu liegen, ist Thorstens Sache nicht. Er will wieder arbeiten. Aber wo? 30 Bewerbungen hat er geschrieben. "Ich sei zu alt, hieß es in den Absagen. Und mit meinen gesundheitlichen Problemen nimmt mich keine Leiharbeitsfirma, weil sie mich nicht vermitteln kann. Das macht einem schon Angst."
Die Situation stürzte den Mann in eine tiefe Krise. Er wurde depressiv, wusste sich keinen Rat mehr.
Diözesansekretärin Maria Gerstner von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung in Kronach machte ihn schließlich auf die ökumenische Beratungsstelle für Arbeitslose in Kulmbach aufmerksam. "Meine Rettung", sagt er heute. "Diese Einrichtung gibt mir und vielen anderen Arbeitslosen Halt. Ich fühle mich hier verstanden und akzeptiert."
Sozialpädagogin Agathe Wachter erarbeitete mit Thorsten M. eine Strategie für seine Zukunft. Welche Stärken und Fähigkeiten kann der 53-Jährige für eine Neuorientierung nutzen? Schon seit 20 Jahren betreut er ehrenamtlich einen älteren Herrn. "Er hat ein großes Herz für andere Menschen, vor allem für Senioren. Nur eine Pflegetätigkeit kommt wegen der gesundheitlichen Einschränkungen nicht in Frage", fasst Agathe Wachter zusammen.