Kulmbacher Stadtrat: Zoff statt Weihnachtsfrieden
Autor: Jürgen Gärtner
Kulmbach, Mittwoch, 22. Dezember 2021
Von Besinnlichkeit und weihnachtlichem Frieden war am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle bei der Haushaltsverabschiedung wenig zu spüren: Vielmehr gerieten OB Ingo Lehmann (SPD) sowie CSU, WGK und FDP aneinander.
Stein des Anstoßes war der Wunsch der "gestalterischen Mehrheit", den Haushalt zu überarbeiten und die Schuldenaufnahme zu senken. Doch das reine Zahlenwerk rückte angesichts der Debatte völlig in den Hintergrund.
OB: Schon stutzig geworden
Wie Lehmann betonte, habe er schon im Oktober die Fraktionen um ihre Wünsche und Forderungen für den Haushalt gebeten. Es hätten am 18. November und am 7. Dezember Treffen stattgefunden, bei denen es aber keine einzige Wortmeldung gegeben habe. Da sei er schon stutzig geworden. Nachdem der Kämmerer ausgefallen sei, wollte er die Haushaltssitzung erst im neuen Jahr halten - mit dem Kämmerer. Doch die Fraktionen hätten am vergangenen Freitag entschieden, die Sitzung am Dienstag durchzuführen. Und erst nach dem Gespräch am Freitag hätten CSU, WGK und FDP seinem Verwaltungsleiter offenbart, dass sie mit dem Haushalt in der vorgelegten Form vor allem wegen der Neuverschuldung und der gestiegenen Personalkosten starke Bauchschmerzen hätten. "Sie hatten drei Mal die Möglichkeit, Ihre Punkte anzusprechen. Und dann kommen Sie vier Tage vor der Haushaltssitzung - noch dazu am Freitagnachmittag - mit Ihrer Kritik um die Ecke." Den Vorwurf, nicht auf die Fraktionen zugegangen zu sein, wies Lehmann damit zurück. "Das zu behaupten, finde ich beschämend. Man sieht an dem Verhalten, dass es Ihnen nicht um die Sache geht, sondern dass Sie mir als OB schaden und mich öffentlich vorführen wollen."
Dennoch, so Lehmann, habe es die Verwaltung dank vieler Arbeitsstunden am Wochenende geschafft, Vorschläge auszuarbeiten, die Neuverschuldung zu reduzieren. Letztlich sei die Summe von 3,5 auf 1,3 Millionen Euro gesunken. Doch dafür müsse auf zahlreiche Vorhaben verzichtet werden.
Pfitzner: Es wird nur abgearbeitet
Für CSU-Fraktionssprecher Michael Pfitzner war auch der überarbeitete Haushaltsentwurf enttäuschend. "Er zeigt kaum Kreativität, geschweige denn Visionen. Letztlich wird hier mehr oder minder abgearbeitet, was Ihr Vorgänger vorbereitet hat." Und trotz sprudelnder Steuereinnahmen bleibe nur eine minimale freie Finanzspanne. "Kein Unternehmer würde so arbeiten", sagte Pfitzner.
Der CSU-Mann kritisierte mangelnde Transparenz: Er nannte den Ausbau der Weiherer Straße ebenso wie die Veränderungen bei der Straßenreinigung. "Die Bürger werden vor vollendete Tatsachen gestellt." Wie ein roter Faden würden sich handwerkliche Fehler, fehlende Sparbemühungen und Fantasielosigkeit durch den Haushalt ziehen. Zugleich würden die Personalkosten explodieren. "Warum Sie auf einmal mehr Personal brauchen bei gleichbleibenden oder sinkenden Aufgaben und Projekten, können wir nicht nachvollziehen", sagte er auch mit Blick auf die Einstellung eines weiteren persönlichen Referenten, die dem OB Mitte des Jahres abgelehnt worden war. "Seitdem haben wir nichts mehr davon gehört. Auch hier muss die Frage gestattet sein: Brauchten Sie wirklich Unterstützung oder wollten Sie einer bestimmten Person - warum auch immer - einen sicheren und gut dotierten Arbeitsplatz bieten?"
Hartnack: Kein Wille zum Sparen
Wie Ralf Hartnack von der WGK betonte, liege der Haushaltsentwurf erst seit 12.40 Uhr am Sitzungstag vor. Auch er kritisierte, dass der zuerst präsentierte Haushalt geprägt war von "neuen Schulden, gigantischen Mehrausgaben, dies ohne Perspektive und ohne Strategie, vor allem aber mit mangelndem Willen, Einsparungen auf den Weg zu bringen". Dabei habe die WGK mit Schreiben vom 20. Oktober schriftlich mitgeteilt, "dass wir neue Schulden nicht akzeptieren". Für ihn war klar: "Sie und Ihre SPD wollen gar nicht sparen!" Dabei stehe die Stadt vor einer guten Entwicklung. "Der Campus wird Kulmbach bereichern, die sinnvolle und zügige Entwicklung des Kaufplatzareals wird die Innenstadt stärken, und die Schaffung von Bauplätzen wird der Demografie entgegenwirken."
Und nochmal gab es Kritik, diesmal von Thomas Nagel (FDP), der neben den Personalkosten den Schlachthof thematisierte. Er schlug vor, diesen in einen Genossenschaftsbetrieb zu überführen. Der Schlachthof sei zwar wichtig für den Lebensmittelstandort, aber keine Pflichtaufgabe der Stadt.