Der Kulmbacher Stadtrat macht sich vom Acker
Autor: Stephan Tiroch
Grafendobrach, Donnerstag, 28. Februar 2019
Gegen grünen Strom von der Wiese: Warum die Grafendobracher Freiflächen-Photovoltaikanlage abgeschmettert wurde. Dazu auch unser Kommentar.
Die Diskussion war kontrovers, die Meinungen gingen quer durch - fast - alle Fraktionen. Aber letztlich schmetterte der Stadtrat am Donnerstag die bei Grafendobrach geplante Freiflächen-Photovoltaikanlage auf 13,7 Hektar Ackerfläche gegen sieben Stimmen (5 SPD, 1 GOL, 1 WGK) ab. Die breite Mehrheit votierte gegen grünen Strom vom Acker.
Schnell wurde in der Debatte klar, dass das Projekt der Rugendorfer Firma Münch Energie keine Chance haben würde. Auf einen formalen Grund verwies Michael Pfitzner (CSU). Man könne nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen. Wenn gewollt, müsste man zunächst die gültigen Grundsatzbeschlüsse ändern, Photovoltaik nur auf Dächern zu genehmigen.
Droht Schadenersatz?
Da auf dieser Grundlage bisher Anträge von sechs Investoren abgelehnt worden seien, befürchtete MdL Inge Aures (SPD), dass die Stadt schadenersatzpflichtig würde. "Die anderen hätten einen Rechtsanspruch gegen uns."
Stefan Schaffranek (WGK) plädierte dafür, die Grundsatzbeschlüsse beizubehalten. Denn Kulmbach tue schon sehr viel für erneuerbare Energien. Ralf Hartnack (WGK) und Thomas Nagel (FDP) sahen durch die Freiflächen-Photovoltaik die Ziele des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" konterkariert. Weiter sagte Nagel: "Dem Investor geht es um wirtschaftliche Interessen, nicht nur um Idealismus: Das ist Klimaschutz mit monetärem Hintergrund!"
Ludwig legt sich ins Zeug
MdL Rainer Ludwig, umweltpolitischer Sprecher der FW-Landtagsfraktion, legte sich für das Grafendobracher Projekt ins Zeug, denn die geplante Anlage sei fast nicht einzusehen. Man dürfe sich nicht hinter Grundsatzbeschlüssen verschanzen. Er kritisierte die Stadtratsmehrheit: "Wir wollen alle die Energiewende, aber offenbar nicht hier vor Ort. "
Auch Hans Werther (SPD) meinte, dass der Standort klug gewählt sei: "Dort führen keine Wanderwege durch, und die Insekten fühlen sich wohl." Sein Parteifreund Matthias Meußgeyer sah hier das Floriansprinzip verwirklicht. Er forderte, "die unsäglichen Grundsatzbeschlüsse" zu revidieren.
Komisch und abenteuerlich
Die Diskussion habe teilweise komische Züge, sagte Hans-Dieter Herold (Die Grünen) und wunderte sich, dass Solarstrom plötzlich schlecht für den Artenschutz sein soll. "Eine abenteuerliche Argumentation!" Keine Sorgen hatte der gelernte Jurist vor etwaigen Schadenersatzansprüchen.