Kulmbacher Schüler stellen Ziele auf den Prüfstand
Autor: Katharina Müller-Sanke
Kulmbach, Freitag, 21. Juli 2017
An der Adalbert-Raps-Schule in Kulmbach wurde ein Programm vorgestellt, das Jugendlichen bei der Suche nach dem passenden Job helfen soll.
Was soll ich mal werden? Vielleicht Architekt? Will ich studieren? Und was? Wie wäre es mit einer Ausbildung? Oder doch ein soziales Jahr? Wer von der Schule abgeht, muss viele Entscheidungen treffen. Und das ist gar nicht so leicht. Sich zu entscheiden, will gelernt sein.
Dabei gibt es bestimmte Techniken, die einem eine Entscheidungsfindung leichter machen und quasi eine Struktur geben. Genauso eine Technik - oder besser ein Programm - hat Nadine Oeser von der Uni Bayreuth entwickelt. Auf Anregung der Adalbert-Raps-Stiftung hat sie das Projekt "Wahlweise" an die das berufliche Schulzentrum nach Kulmbach gebracht.
Fragen über Fragen
Drei Tage lang haben Schülerinnen und Schüler der elften Klasse ihre berufliche Planung auf den Prüfstand gestellt. Zunächst listeten die Jugendlichen ihre verschiedenen Optionen auf und stellten sich die Frage: Was kommt für mich überhaupt in Betracht? In einem zweiten Schritt definierten sie ihre persönlichen Ziele: Gehalt, Nähe zur Familie oder zu Freunden, eine gute Work-Life-Balance, Aufstiegsmöglichkeiten, das Arbeiten mit Menschen und und und. Danach gewichteten sie ihre Ziele in Bezug auf die einzelnen Optionen. Also: Welche meiner Möglichkeiten bietet mir das höchste Gehalt? Wo bleibe ich in der Nähe? Oder: "Wo bieten sich die besten Aufstiegschancen?"
Für jeden kommt da etwas anderes heraus, weil jeder auch andere Ziele definiert hat. Tagelang haben sich die Jugendlichen nun darüber Gedanken gemacht, was ihnen wirklich wichtig ist. Und darüber, wie sie das idealerweise erreichen.
Vieles wird ausgeblendet
Johannes Heller, der das Projekt an der Adalbert-Raps-Schule begleitet, betont: "Studien haben gezeigt, dass Menschen bei wichtigen Entscheidungen nur einen kleinen Teil ihrer eigentlich wichtigen Beweggründe in Betracht ziehen. Vieles blenden sie einfach aus." Durch das Projekt "Wahlweise" sollten Schüler eine Technik an die Hand bekommen, durch die man komplexe Gründe einfach anschaulich mache.
Das kann den Schülern selbst in ihrer Entscheidung nützen und auch in der Argumentation nach außen helfen, zum Beispiel den Eltern gegenüber, betont Nadine Oeler. "Denn nur wer weiß, was ihm wichtig ist, kann auch sagen, warum es wohin gehen soll." Die Psychologin hat zum Thema Entscheidungsanalyse promoviert und will die in Deutschland noch zu wenig wichtig genommene Entscheidungskompetenz bei jungen Menschen stärken.
Bei den Schülern hat es geholfen. Einige sind in ihrem Berufswunsch bestätigt. Zum Beispiel Lukas Aichberger. "Ich will etwas mit EDV machen, geregelte Arbeitszeiten sind mir wichtig. Das Ergebnis des Programms bestätigt mich da."
Mut zur Entscheidung
Ganz anders bei Klassenkameradin Rasha Abbas. Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, noch die 13. Klasse in Kulmbach zu machen, das hat nun aber die geringste Wertigkeit erhalten. "Was hier herauskommt, ist nicht der alleinig seligmachende Weg", erläutert Nadine Oeler. "Man muss das Ergebnis immer mit dem Bauchgefühl abgleichen. Es geht vor allem darum sich Wertigkeiten bewusst zu machen und Entscheidungen mit Überzeugung zu fällen."
Eine gute Entscheidung bedeute dann übrigens nicht, dass man den Traumberuf für´s Leben gefunden hat.
Nadine Oeler selbst hätte sicher nach dem Abi nicht gedacht, dass sie mal Entscheidungsanalyse lehren würde. "Im Leben sind Tausende Entscheidungen zu treffen. Und mit möglichst vielen guten Entscheidung erhöhen wir unsere Chancen auf ein glückliches Leben." Und das ist doch ein gutes Ziel.