Kulmbacher Schüler spielen Schillers "Handschuh" ganz modern
Autor: Sonny Adam
Kulmbach, Freitag, 18. Juli 2014
Im grünen Klassenzimmer des Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasiums wird Ritter-Sport neu interpretiert, und die Hoffräulein gehen auf die Barrikaden: "Schluss mit der Kultur - die langweilt nur!"
Die Geschichte, die Friedrich Schiller in seiner Ballade "Der Handschuh" beschreibt, stammt aus einer anderen Zeit: Es gibt Könige und einen Hofstaat, Hoffräulein, die furchtbar eitel und gelangweilt sind. Und es ist eine Zeit, als sich der Adel allzu gerne mit gefährlichen Löwen-Spektakeln ergötzt.
Mitten in einem Löwenkampf lässt Fräulein Kunigunde ihren Handschuh in den Käfig fallen. "Herr Ritter, ist Eure Lieb so heiß, wir ihr mir's schwört zu jeder Stund', ei, so hebt mir den Handschuh auf", spottet Fräulein Kunigunde zu Ritter Delorges, der sie schon so lange verehrt. Und der Ritter steigt natürlich in den Löwenkäfig, holt den Handschuh - und verlässt darauf die schöne Kunigunde.
"Den Dank, Dame, begehr' ich nicht", verabschiedet er sich in Schillers Originalversion.
Etwas völlig Neues
Doch in der Interpretation durch die Schüler des Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasiums wird das "Handschuh-Theater" - benannt nach dem zentralen Handschuh-Motiv und auch, weil jedes Hoffräulein einen Handschuh trägt - etwas völlig Neues. Im Mittelpunkt stehen natürlich Königin Josefa (Antonia Schmidt) und König Eduard (Fabian Pomper). Es gibt die Königinnen-Assistentinnen und die Hoffräulein. Und während die Königin die Ruhe liebt und am liebsten mit romantischem Sonnenschirmchen in freier Natur sitzt, langweilen sich die Hofdamen. "Zu viel Ruhe ist auch nicht gesund", skandieren sie. Und obwohl sie Reime lieben, wollen sie Action und Abenteuer.
Hoffräulein Kunigunde verweigert im Schauspielunterricht eine Rolle, in der sie einen Ritter ohne Schwert spielen sollte. "So ein Weichei spiele ich nicht", sagt sie es gar nicht hoffräuleinhaft. "Schluss mit der Kultur, denn die langweilt nur", fordern alle Hofdamen schließlich.
Doch in dem Stück gibt es noch einen zweiten Menschentyp: die Ritter. Sie werden vom stolzen Delorges (Florian Potzel) angeführt. Er hat vor allem eine Aufgabe: die Muskeln der Ritter zu stählen. Doch dann entdecken die Ritter, dass auch der Minnesang zu ihren Aufgaben gehört. Die Hofdamen allerdings lachen nur über die Reimversuche. Nur Ritter Delorges hat den Bogen raus. Aber während er alle Hofdamen begeistert, beißt er sich bei Fräulein Kunigunde die Zähne aus.
Dann gibt es noch die urige Hausmeisterin Hildegard (Elane Liebscher). Sie putzt ständig auf der Bühne des grünen Klassenzimmers herum. Sie hat das Herz auf den rechten Fleck und will Ritter Delorges warnen, doch der ist derart begeistert von Kunigunde, dass er seine eigenen Erfahrungen machen muss.
Und dann lässt Kunigunde den Handschuh in den Löwenkäfig fallen. Delorges holt ihn - doch zu spät. Denn just in dem Moment kommt der schwarze Ritter (Noah Richter) auf seinem Einhorn angeritten und schnappt sich Kunigunde. Einfach so. Pech für Delorges.
Supermodern und frech
Die Neuinterpretation von Schillers Ballade "Der Handschuh" durch die Theaterklasse des MGF-Gymnasiums macht richtig Spaß. Die Schauspieler sind supermodern und frech ausstaffiert. So tragen die Hoffräulein alle einen Handschuh - um offen zu halten, welche Hofdamen das Handschuhmotiv ausspielt. Sie sind mit Neon-Sonnenbrillen und Neon-Shirts sexy ausgestattet. Und haben immer einen frechen Spruch drauf.
Doch auch die Ritter sorgen für so manchen Lacher. Die neue Form von Ritter-Sport - eine Augenweide. Und mitten in die Szenerie platz auch noch Fremdenführer Samuel Dupke mit einem amerikanischen Touristenpaar.
Die große Liebe gefunden
Der Burgführer hat so ein schauriges Fränkisch-Englisch drauf, dass kein Auge trocken bleibt. Er preißt das "well-smelling Gewürzemuseum" und das "old castle", auch als Plassenburg bekannt. Doch Tourist David Koch hat mehr Sinn für die Bratwürste. Und seine große Liebe hat er auch gefunden: das Kulmbacher Bier.