Kulmbacher Schauspieler bastelt Narrenschiffe in stürmischer Zeit
Autor: Sonja Adam
Kulmbach, Donnerstag, 23. April 2020
Kulmbacher Künstler leiden besonders unter der Krise. Wir haben mit drei von ihnen gesprochen.
Künstler und Kulturschaffende leiden unter der Corona-Krise besonders. Alle Veranstaltungen sind abgesagt, ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Fest eingeplante Einnahmen brechen weg - das kann schnell existenzbedrohend werden. Wir haben im Kulmbacher Land einmal umgehört.
Von Hundert auf Null
Wenn Karsten Friedrich auf der Bühne steht, ist gute Laune garantiert. Nicht nur, weil er ein Sonnyboy ist, sondern vor allem deshalb, weil er mit seinen Bands "Barfly" oder "Pik 10" einfach gute Musik macht. Ob am Schlagzeug oder am Piano, ob mit Evergreens oder Jazz, wo der Kulmbacher auftritt, genießen die Menschen den Abend. Mehr als hundert Auftritte pro Jahr in ganz Deutschland waren vor der Krise normal. Jetzt sind alle storniert.
"Meine Einnahmen sind komplett auf null runtergefahren. Es besteht ja ein Berufsverbot. Von einem Tag auf den anderen war alles aus", sagt Friedrich. Für ein Foto setzt er sich an sein Schlagzeug und setzt sein strahlendes Bühnengesicht auf.
In seinem Inneren sieht es ganz anders aus. Denn auch sein zweites Standbein ist weggebrochen: Karsten Friedrich bringt normalerweise tagsüber 35 Schülern das Schlagzeugspielen bei. "Ich habe einen Honorarvertrag in der Städtischen Musikschule und bekomme nur die Stunden bezahlt, die ich auch gebe", klagt er. Jetzt hofft er, dass einige Schüler in der Corona-Krise auch den Online-Musikunterricht nutzen möchten. Möglich wäre es. "Aber die Teilnahme ist freiwillig", sagt der Musiker resigniert.
Hartz IV beantragt
In den letzten Wochen hat Friedrich seine Rücklagen aufgebraucht. "Ich hoffe, dass im Mai die Musikschule wieder losgeht. Wir können die Hygieneauflagen erfüllen", sagt er. Soforthilfe hat er nicht bekommen. Jetzt hat er Arbeitslosengeld II, umgangssprachlich Hartz IV, beantragt. Er hat zur Kenntnis genommen, dass der Staat Künstlern mit 1000 Euro monatlich aus der Patsche helfen will. Doch selbst das deckt seine Unkosten nicht. "Wenn man die Anträge bearbeitet, ist das ein sehr unschönes Gefühl. Ich fühle mich zwangsenteignet. Ich kann nichts dafür. Mir fehlt mein Job. Ich fühle mich meiner Freiheit beraubt", sagt er.
Und auch die Auftritte, der Applaus, die sozialen Kontakte fehlen. "Ich denke, die Welt ist im Wandel. Ich denke zur Zeit viel nach. Warum werde ich als Künstler vernachlässigt, wenn Firmen wie Adidas sofort Hilfe bekommen? Und wenn Spahn sagt, dass Musik, Unterhaltung und Veranstaltungen nicht nötig sind, ist das ein Schlag in die Magengrube. Jede Absage tut weh", erklärt Friedrich. Jeder Tag sei schwer, aber dennoch versuche er, die Zeit auch ein bisschen zu genießen. "Alles ist entschleunigt, das ist gut, das haben wir gebraucht. Ich wandere, fahre Rad, gehe spazieren. Aber es ist auch eine schwere Zeit. Und sie wird immer schwerer, je länger sie dauert."
Etwas anderes als Musik zu machen, das kann sich Friedrich nicht vorstellen: "Ich habe meine Aufgabe gefunden. Ich kann Schülern etwas beibringen, ich kann dem Publikum eine schöne Zeit machen. Und das ist doch die wichtigste Aufgabe der Welt." Er hofft, dass wenigstens die Buchungen für das nächste Jahr klappen. Denn viele Veranstaltungen würden ein Jahr im Voraus geplant.