Kulmbacher Ladendieb wandert in den Knast
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Montag, 09. März 2015
Warenwert 39,44 Euro: Warum Gnade vor Recht für einen 70-jährigen Rentner nicht mehr in Frage gekommen ist.
Hunger, krank, kein Geld: Man kann es gut verstehen, dass es einem Kulmbacher Rentner sehr schlecht gegangen ist, als er sich im November im Kaufland-Supermarkt bedient hat, ohne zu bezahlen. Lebensmittel, Socken und eine Armbanduhr - Warenwert 39,44 Euro - versteckt er in Hosen- und Jackentaschen. Doch der Kaufhausdetektiv passt auf, und der Ladendiebstahl fliegt auf.
Der Mann wird vom Amtsgericht Kulmbach zu einer Freiheitsstrafe verknackt. Der Klassiker: drei Monate Gefängnis für eine vergleichsweise harmlose Tat. Ein Urteil, das nicht zu verstehen ist, wenn man die Hintergründe nicht kennt.
Ohne Pillen alles "wurscht"
Vor Gericht macht der 70-Jährige keinerlei Ausflüchte. "Das stimmt alles", sagt der Angeklagte und gibt sogar zu, dass er die Uhr an einen Bekannten weiterverkaufen wollte.
Auch dem Kaufhausdetektiv erzählt er seine Geschichte. "Ich konnte seine Gründe nachvollziehen", meint der Zeuge vor Gericht. "Aber ich musste reagieren" - obwohl dem Unternehmen kein Schaden entstanden ist. "Wir konnten alles wieder zurückstellen, auch die Mandarinen und die Currywurst."
Der Knackpunkt
Amtsrichterin Sieglinde Tettmann hat aber kein Verständnis, dass sich der Angeklagte, für den im Bundeszentralregister eine Latte von 16 Vorstrafen - darunter eine Reihe von Eigentumsdelikten - ausgewiesen ist, sich nicht an seinen Bewährungshelfer gewandt hat. Das ist auch der Knackpunkt, warum Gnade vor Recht für den Rentner nicht mehr in Frage kommt: Er steht zur Tatzeit unter Bewährung - wegen eines Betrugs - und ist obendrein nur zwei Wochen vor dem Ladendiebstahl wegen einer Schwarzfahrt zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
So sieht es auch Staatsanwältin Dr. Sibylle Zwanzger. Trotz der schwierigen persönlichen Verhältnisse des Mannes führe aufgrund der Tatsache, dass der Angeklagte bereits Hafterfahrung hat, aufgrund der offenen Bewährungsstrafe und der hohen Rückfallgeschwindigkeit an einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung kein Weg vorbei. Sie fordert drei Monate.
Verteidiger Dr. Andreas Piel glaubt dagegen, dass eine Bewährung noch einmal zu rechtfertigen sei. "Er hat jetzt seine Medikamente wieder. Das ist der Schlüssel, dass er straffrei bleibt", sagt der Rechtsanwalt.
"Kann immer wieder passieren"
Damit überzeugt er das Gericht nicht. Der Angeklagte habe sich zwar in einer schwierigen persönlichen, gesundheitlichen und finanziellen Lage befunden. Aber er sei sehr planmäßig vorgegangen. Mit derselben Energie hätte er Rat bei seinem Bewährungshelfer suchen können. "Die Situation ist unverändert. Was er getan hat, kann jederzeit wieder passieren", betont die Richterin.
Damit ist aber wohl nicht das letzte Wort gesprochen. Der Mann kündigt an, das Urteil nicht akzeptieren zu wollen.