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Kulmbacher Kammerorchester: Die Jugend spielt fleißig mit


Autor: Katharina Müller-Sanke

Kulmbach, Dienstag, 13. Oktober 2015

Viele Vereine oder Organisationen haben Nachwuchssorgen. Nicht so das Kulmbacher Kammerorchester. Zahlreiche junge Musiker sind in den Reihen des Ensembles zu finden. Nur an der mittleren Altersschicht fehlt es.
: Anna Neuberger und Alexander Wulf spielen im Kulmbacher Kammerorchester Cello, gleich daneben Ingrid Caspari, die dem Orchester seit vielen Jahren treu ist und zu den älteren Mitgliedern gehört. Foto: Katharina Müller-Sanke


Kammermusik - das hört sich alt an - tote Komponisten, Liebhaber jenseits der 60. Das ist ein oft gehörtes Vorurteil. Doch auch junge Menschen können an Kammermusik Gefallen finden. Man muss sich nur mal drauf einlassen. Davon sind die Mitglieder des Kammerorchesters Kulmbach überzeugt. Und ihre Einschätzung stimmt. Denn in den letzten Jahren hat sich das Durchschnittsalter in dem Ensemble deutlich gesenkt. Zahlreiche sehr junge Musiker sind in den Reihen des Orchesters zu finden.


Aufruf in der Zeitung

Der 16-jährige Alexander Wulf zum Beispiel und die ein Jahr jüngere Anna Neuberger - beide spielen Violoncello. "Wenn man mit dem großen Cellokasten rumläuft, wird man schon mal angesprochen," weiß Alexander. Er spielt auch im Schulorchester am Caspar-Vischer-Gymnasium. Vor einigen Jahren hatte er in der Zeitung gelesen, dass noch Mitspieler für das Kulmbacher Kammerorchester gesucht werden. "Da habe ich mich gleich gemeldet", erinnert er sich. Seither sind viele junge Musiker nachgekommen.

Veronika Hahn zum Beispiel. Die 15-jährige Schülerin spielt Geige und hat in der Musikschule Unterricht. "Mein Lehrer Herr Hubert hat empfohlen, dass wir auch im Orchester spielen sollen. Das nützt einem sehr viel, man lernt zum Beispiel gut vom Blatt zu spielen", erklärt sie. Das Zusammenspiel mit anderen erweitert den Horizont. Nur für sich allein im Kämmerlein zu üben, kann das nicht leisten, und es macht auch nicht so viel Spaß. Daher kommen Veronika und die anderen jeden Dienstag zur Probe.

Denn neben dem Nutzen steht natürlich die Freude und der Spaß an der Musik im Vordergrund. "Ich höre mittlerweile eigentlich auch zu Hause nur noch Klassik", so Alexander Wulf. Veronika Hahn stimmt ihm zu: "Viele Freunde können das nicht verstehen, die kennen Klassik eben nur aus dem Musikunterricht, aber Klassik kann auch wunderschön sein, es müssen nicht immer nur die Charts sein." Doch um klassische Musik verstehen zu können, muss man eben auch selbst spielen.

Davon ist Harriet Hahn, die wie Veronika in der zweiten Geige spielt, überzeugt. "Das Spielen im Orchester hilft, die Musik zu verstehen. Wer nur die Theorie kennt, der kann das vielleicht nicht nachvollziehen", so die 17-jährige Abiturientin. Und auch das Gemeinschaftsgefühl - da sind sich alle einig - ist im Orchester einfach spitze. "Die Konzerte machen am meisten Spaß", sagt Harriet Hahn, und die anderen stimmen ihr zu.


Die Mischung macht's

Dass das Orchester alles andere als ein reines Jugendorchester ist, tut dem keinen Abbruch: "Alle profitieren voneinander", ist zum Beispiel Ingrid Caspari überzeugt, die längst zu den Senioren des Orchesters zählt. Zahlreiche Mitglieder, die die 70 schon längst überwunden haben, sind in den Reihen des Orchesters zu finden. Die Mischung macht's.

Doch ein Problem hat das Orchester trotz aller Nachwuchsmusiker: Es fehlt die mittlere Altersklasse zwischen 25 und 40 Jahren. "Da haben viele Leute kleine Kinder, sind beruflich eingespannt und haben daher wenig Zeit", gibt Hans Bayer zu bedenken, der selbst seit 27 Jahren im Orchester mitspielt. Und: Im Gegensatz zu früher bleiben nur wenige junge Leute dem Orchester über Jahrzehnte erhalten. Viele Jugendliche gehen früher oder später zum Studieren oder aus beruflichen Gründen in eine andere Stadt.

Das wird auch einige der jetzigen Jugendlichen betreffen. Harriet Hahn will Medizin studieren und auch die anderen können sich vorstellen, Kulmbach vielleicht zu verlassen. Dennoch lohnt sich die Jugendarbeit, ist Dirigent Thomas Grünke überzeugt. Sophia Hartl an der Geige zum Beispiel studiert in Bayreuth Jura. Sie bleibt dem Orchester zumindest noch während des Studiums erhalten. Und auch Anna am Cello kann sich vorstellen zu bleiben. Die anderen wollen auf jeden Fall zumindest weiterhin zu den Konzerten kommen und vielleicht auch mal aushelfen, wenn Not am Mann ist.


Planung von Jahr zu Jahr

Es ist ein Phänomen der Zeit, dass nur Wenige sich über mehrere Jahrzehnte festlegen (können) - egal in welchem Bereich. Doch das Kulmbacher Kammerorchester ist darauf eingestellt. Es wird von Jahr zu Jahr geplant. Und so proben die Streicher derzeit für das Weihnachtskonzert den Winter aus Vivaldis Vier Jahreszeiten und einige weitere Stücke - auch zwei Oboen werden zu hören sein.

Wie schon in den letzten Jahren wird das Orchester im Weihnachtskonzert gemeinsam mit dem Trebgaster St. Johanneschor auftreten. Und wer weiß, vielleicht springt ja noch beim einen oder anderen der Funke über und das Orchester kann im nächsten Jahr wieder den einen oder anderen neuen Streicher aufnehmen.