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Kulmbacher haben Ärger mit dem Schornsteinfeger


Autor: Adriane Lochner

Kulmbach, Montag, 13. Juli 2020

2013 wurde das Schornsteinfegerwesen neu geregelt. Anstatt eines freien Wettbewerbs ist jedoch mancherorts Verwirrung entstanden. Hauseigentümer können sich bei Bedarf im Landratsamt oder bei der Verbraucherzentrale Rat holen.
Der Schornsteinfeger ist in einer Doppelrolle unterwegs - einerseits als amtlich handelnde Person, andererseits als freier UntermneFoto: Patrick Pleul, dpa


Weil ihm die Kosten zu hoch waren, wollte ein Hauseigentümer aus dem Landkreis Kulmbach die Kehr- und Messarbeiten an seinem Kamin an einen günstigeren Schornsteinfegerbetrieb übergeben. Seit 2013 darf er das, denn das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz wurde geändert und der Markt für freie Anbieter geöffnet.

Nachdem er die Änderungsmitteilung abgegeben hatte, habe ihn der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger zuhause aufgesucht und die Heizanlage beanstandet, berichtet der Hauseigentümer. Da Umbauten teuer seien und er keinen Ärger wollte, habe er seine Entscheidung zurückgezogen. "Dann hat wieder alles gepasst", sagt er. Auf Nachfrage der Redaktion wollte sich der betreffende Bezirksschornsteinfeger nicht zum Sachverhalt äußern.

Konkurrenz mit freien Betrieben

Zwar erlaubt die Neuregelung des Schornsteinfegerwesens, dass Hauseigentümer jeden zugelassenen Schornsteinfegerbetrieb mit Reinigungs-, Mess- und Überprüfungsaufgaben beauftragen dürfen, doch bleiben die hoheitlichen Aufgaben wie Bauabnahmen und die regelmäßig fällige Überprüfung der Heizanlagen, die sogenannte Feuerstättenschau, nach wie vor in den Händen der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger. Diese werden von der Regierung Oberfranken für sieben Jahre eingesetzt. Neben hoheitlichen bieten die meisten bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger auch wettbewerbliche Leistungen an. Somit stehen sie mit freien Betrieben in Konkurrenz. "Das ist ungefähr so, als hätte der TÜV eine Kfz-Werkstatt und würde die Abnahme erschweren, wenn der Kunde sein Fahrzeug in eine andere Werkstatt bringt", erklärt ein freier Kaminkehrer aus der Region.

Ein häufiger Grund, warum Verbraucher wechseln wollen, sind undurchsichtige Rechnungen. Zwar gibt es für die hoheitlichen Aufgaben einen einheitlichen Gebührenkatalog, doch die Preise für wettbewerbliche Leistungen unterliegen der freien Marktwirtschaft. Daher gibt es Spielraum bei der Abrechnung.

Eine Hauseigentümerin aus oben genanntem Kehrbezirk erhielt für das Reinigen und Überprüfen desselben Kaminofens über acht Jahre hinweg Rechnungen, von denen kaum eine der anderen gleicht. Neben den Kehr- und Messarbeiten sind allgemeine Leistungen aufgeführt etwa "Arbeiten nach Zeitaufwand", "Grundwerte, Pauschalen" oder "zusätzliche Leistungen".

Als die Frau beim Rechnungssteller, dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, nachfragte, habe sie die Rüge erhalten, sie solle sich nicht in seine Arbeit einmischen. Er mache, was er wolle. Die Hauseigentümerin sagt: "Ich bin gerne bereit, für Brandschutz zu bezahlen, aber so geht das nicht."

Auf Nachfrage wollte der betreffende Schornsteinfeger auch zu diesem Sachverhalt keine Stellung nehmen. Auch die Kaminkehrer-Innung Oberfranken antwortete nicht auf schriftliche und mehrfache telefonische Anfrage.

Recht auf transparente Rechnungen

Verbraucher haben das Recht, die Rechnungen, die sie bezahlen zu verstehen, auch wenn es sich um kleine Beträge handelt. Eine Pressesprecherin der Verbraucherzentrale Bayern rät, vor Vergabe des Auftrags Angebote verschiedener Schornsteinfegerbetriebe einzuholen und zu vergleichen. "Hat sich der Verbraucher für einen Betrieb entschieden, sollte - im besten Fall schriftlich - ein Festpreis vereinbart und die Aufgaben konkret festgelegt werden." Die Verbraucherzentrale (www.verbraucherzentrale-bayern.de) könne beim Prüfen einzelner Rechnungspositionen helfen.

Transparenz ist auch im Sinne der Schornsteinfeger. "Wir raten nicht dazu, Pauschalen ohne Kennung auf der Rechnung auszuweisen", bestätigt Heinz Nether, Landesinnungsmeister im Schornsteinfegerhandwerk Bayern. Es sei schwierig, solche Positionen im Nachhinein zu klären. Anstatt einer "Pauschale" könne der Schornsteinfeger eine "Wege- oder Fahrtenpauschale" erheben und anstatt einer "zusätzlichen Tätigkeit" auch "Emissionsmessung" schreiben.

"Drohungen gegenüber Kunden, sofern sie denn so geschehen sind", wären Nether zufolge absolut tabu. "Ein gutes Verhältnis mit den Kunden sollte jedem Schornsteinfeger am Herzen liegen." Auch auf Seiten der Kundschaft sollte man sich um Verständnis und einen freundlichen Umgangston bemühen, schließlich habe man das gleiche Ziel vor Augen, nämlich den Brandschutz zu gewährleisten.

Landratsamt kann helfen

Bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger unterstehen als sogenannte beliehene Unternehmer der staatlichen Aufsicht. Die zuständige Behörde ist das Landratsamt. Erfüllen sie ihre Aufgaben und Pflichten nicht ordnungsgemäß, können sie einen Verweis oder ein Warnungsgeld bekommen.

"Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung kann die Behörde auch einen Zweitgutachter einschalten", teilt ein Sprecher des Landratsamts Kulmbach mit. Nutzt ein bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger seine hoheitlichen Aufgaben dazu, seinem Betrieb einen wettbewerblichen Vorteil zu verschaffen, wäre dies ein Beschwerdegrund. Erweisen sich Beschwerden als begründet, kann die Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister von der Regierung von Oberfranken widerrufen werden.

Bei unklaren Rechnungspositionen oder Fragen zum Schornsteinfegerwesen sollten sich Hauseigentümer zunächst an den Rechnungssteller, den Schornsteinfeger, wenden. "Kommen sie dort nicht weiter, dürfen sie jederzeit mit den entsprechenden Unterlagen ins Landratsamt kommen. Der zuständige Sachbearbeiter wird bei der Klärung helfen", so der Pressesprecher.

Das Landratsamt ist für Besucherverkehr wieder geöffnet, aber nur mit vorheriger Terminvereinbarung (Tel. 09221 7070).

Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?

• Sie dürfen für Kehr- und Messarbeiten von ihrem Schornsteinfeger im Voraus ein schriftliches Angebot verlangen.

• Sie dürfen nachfragen, wenn Sie Rechnungspositionen nicht verstehen.

• Wenn der Schornsteinfeger unangemeldet vor der Tür steht, müssen Sie ihn nicht ins Haus lassen. Sie dürfen auf Terminvereinbarung bestehen.

• Auch wenn Sie mit Ihrem Schornsteinfeger ein Bankeinzugsverfahren vereinbart haben, haben Sie das Recht darauf, eine Rechnung zu bekommen.

• Sie dürfen sich bei Landratsamt oder Verbraucherzentrale Hilfe holen, wenn der Schornsteinfeger sich weigert, offene Fragen zu klären.

Glossar

Kehrbezirk: Gebiet, für das ein bevollmächtigter Schornsteinfeger zuständig ist. In Oberfranken gibt es 142 Kehrbezirke, zehn davon ganz oder zu Teilen im Landkreis Kulmbach. Ein Landbezirk umfasst durchschnittlich etwa 4.000 Feuerstätten und ein Stadtbezirk etwa 2.500.

Bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger: staatlich beliehener Handwerker, der von der Regierung eingesetzt wird. Er darf neben hoheitlichen auch wettbewerbliche Leistungen ausführen. Bei Letzteren ist er nicht an seinen Kehrbezirk gebunden.

Hoheitliche Leistungen dürfen nur vom bevollmächtigen Bezirksschornsteinfeger durchgeführt werden, hauptsächlich sind das Bauabnahme und Feuerstättenschau. Abgerechnet wird nach dem Gebührenkatalog der Kehr- und Überprüfungsordnung.

Wettbewerbliche Leistungen dürfen von allen zugelassenen Schornsteinfegebetrieben durchgeführt werden, vor allem Kehren, Messen und Überprüfen, aber auch Beratungen. Preise unterliegen der freien Marktwirtschaft. Verbraucher dürfen Angebote vergleichen. Schornsteinfegebetriebe unter www.schornsteinfegernetzwerk.de

Feuerstättenschau: gesetzlich vorgeschriebene Begutachtung aller Feuerstätten in einem Haus (Kamine, Heizungen und Kachelöfen), muss zweimal im siebenjährigen Vergabezeitraum des Kehrbezirks durchgeführt werden. Nach jeder Prüfung stellt der Bezirksschornsteinfeger einen Feuerstättenbescheid aus.

Feuerstättenbescheid: Bescheid des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers, in dem alle zu erledigenden Reinigungs- und Messarbeiten angegeben sind sowie der Zeitraum, in dem sie durchgeführt werden müssen. Den Bescheid brauchen Hauseigentümer zum Wechseln des Schornsteinfegers.

Kehrbuch: Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger muss ein Kehrbuch führen. Darin sammelt er die Nachweise, ob die zu erledigenden Schornsteinfegearbeiten aus dem Feuerstättenbescheid durchgeführt wurden. Das Landratsamt kann eine Kehrbuchprüfung anordnen.

Betretungsrecht: Aus Brandschutzgründen haben Schornsteinfeger in Deutschland Betretungsrecht - aber nur für die Räume, in denen sich Heizanlagen oder Kamin befinden. Zur Feuerstättenschau muss sich der Schornsteinfeger acht Tage im Voraus anmelden. Auch zum Fegen dürfen Kunden um Terminvereinbarung bitten.