Kulmbacher für 10 Sekunden Hollywood-Star
Autor: Jürgen Gärtner
Thurnau, Mittwoch, 23. Mai 2018
Einmal Hollywood-Schauspieler sein. Wer hat nicht schon einmal davon geträumt.
Zumindest Filmluft schnuppern - Seite an Seite mit den Stars. Für Luciano Cristobal ging der Traum in Erfüllung, wenn auch nur für zwei Tage. Er wurde zu den Thurnauer Dreharbeiten für den Film "The happy Prince" eingeladen (siehe Info am Ende des Artikels). Dass am Ende eine Nackt-Szene dabei herauskam, wusste der 22-Jährige vorher freilich nicht.
Doch der Reihe nach. Die Geschichte beginnt am 18. September 2016, als Luciano, der im Studio "Fit'n Fun" als Sportfachmann arbeitet, von einer Kundin via Facebook darauf aufmerksam gemacht wird, dass für "The happy Prince" ein attraktiver, italienisch aussehender junger Mann gesucht wird. Die Bewerbungsadresse liefert sie gleich mit. "Ich glaubte erst nicht, dass es ernst gemeint war.
Rückruf kommt sofort
Doch als er von einem Kumpel, der die Nachricht als realistisch einstuft, ermuntert wird, schickt der gebürtige Chilene einige Fotos: mit kurzen Haaren, mit langen Haaren, mit und ohne Bart. "Es hat nicht einmal zwei Minuten gedauert, bis mich ein Typ namens Michael anrief", erinnert sich Luciano. Und daran, dass der Mann gleich die Namen Colin Firth, Emily Watson und Rupert Everett erwähnt hat.Am 19. September fährt ihn sein Chef im Fitness-Studio, Stefan Schmidt, vormittags nach Thurnau - zur Kostümprobe. Einer der Organisatoren erwartet ihn in einem Firmengebäude neben dem Netto-Markt. "Acht Leute wurden dort gleichzeitig geschminkt. Mit einem Maskenbildner, der Argentinier ist, habe ich mich sehr gut unterhalten.
Kompliment für den Körper
Die wollten als erstes meinen Oberkörper sehen, und da habe ich Komplimente bekommen", sagt Luciano nicht ohne Stolz. Er soll einen Schauspieler vertreten, der verhindert ist. "Sie haben dann Fotos von mir gemacht und mich zum Büffett eingeladen, wo ich Colin Firth gegenübersaß", weiß der junge Kulmbacher noch, der zwar finanziell entschädigt wird, am nächsten Tag aber erst einmal eine kleine Enttäuschung verkraften muss: Der Darsteller kommt doch noch. "Tut uns leid", heißt es in einer Nachricht des Filmteams mit dem Zusatz, dass ihnen der Kulmbacher sogar besser gefallen hätte. "Damit habe ich mich abgefunden", so Luciano, für den das Unternehmen "Happy Prince" damit aber noch längst nicht zu Ende ist.Denn ein paar Wochen später erhält er einen Anruf. Wieder ist besagter Michael am Apparat. Er teilt dem 22-Jährigen mit, dass er doch für eine Rolle benötigt werde - es sei aber eine Nacktszene. "Natürlich habe ich sofort eingewilligt", erzählt Luciano begeistert. Jetzt kommt sogar Regisseur Rupert Everett ins Spiel, zu dem er nach der "Maske" in eine Villa außerhalb Thurnaus gebracht wird. "Wir haben uns unterhalten, und er hat geschaut, ob alles korrekt ist. Beautiful man, sagte er noch."
Luciano mimt denjenigen, mit dem der Liebhaber des homosexuellen Oscar Wilde, dargestellt von Colin Morgan ("Legend", "The Huntsman & The Ice Queen") fremdgeht. Er liegt auf dem Bett und gibt einen Schrei von sich, weil Morgan ihm auf den Po klopft. Etwa zehn Sekunden dauert die Szene, die über zehn Mal geprobt wird.
Name jetzt in der Szene bekannt
Auch wenn er sich nur für diese kurze Zeit als Hollywood-Star fühlen durfte: Für Luciano waren die Dreharbeiten eine unvergessliche Erfahrung. Und er scheint einen guten Eindruck hinterlassen zu haben, denn er wurde schon zu weiteren Castings eingeladen. "Die haben sich meinen Namen gemerkt."Auch Thurnauer hautnah dabei: Kein Tag ohne Ralf Wirth
Schon seit Jahren ist der Thurnauer Kastellan Ralf Wirth mit Regisseur und Schauspieler Rupert Everett bekannt. Die ersten Kontakte entstanden, als der international bekannte Künstler dem Schloss Thurnau einen Besuch abstattete und es als Drehort in Erwägung zog. Dass das beeindruckende Gemäuer schließlich als Kulisse für den Film "The happy Prince" dienen sollte, freut Wirth natürlich.
Zumal er von da an einen Hauch von Hollywood-Luft schnuppern durfte. Denn der Thurnauer wurde von der gräflich-giech'schen Stiftung - der Eigentümerin des Schlosses - damit beauftragt, die Dreharbeiten zu begleiten und zu unterstützen: "Ich war praktisch jeden Tag am Set, koordinierte Lkw und vieles mehr", sagt Wirth - nicht nur in Thurnau, auch in Kulmbach und Mitwitz. "Ich sollte sogar mit nach Italien, wo weitere Dreharbeiten stattfanden." Das war dem Kastellan dann doch etwas zu viel.
Durch seine ständige Präsenz vor Ort blieb es nicht aus, dass er alle am Film Beteiligten kennenlernte, auch die Schauspieler. Darunter waren neben Rupert Everett der Oskar-Preisträger Colin Firth und Emily Watson (die bereits zwei Mal für den Oscar nominiert war).
Berührungsängste oder gar ein arrogantes Auftreten der international tätigen Filmschaffenden gab es nicht. "Die waren super, alles war perfekt. Ich war immer in die Produktion mit eingebunden."
Da hat Ralf Wirth schon andere Erfahrungen gemacht. Bezeichnenderweise mit deutschen Filmteams. "Die sind schon schwieriger und sitzen eher auf dem hohen Roß."
Der Thurnauer wurde übrigens selbst zum Schauspieler. "Wir saßen eines Abends zusammen, da sagte Rupert (Everett) zu mir: ,Du solltest auch mitspielen'." Zuerst als Kellner vorgesehen, wurde der Thurnauer dann sogar in den Rang eines Kartoffelhändlers erhoben. Spaß gemacht hat ihm der Wechsel vor die Kamera auf jeden Fall. "Jetzt bin ich gespannt, ob ich im fertigen Film zu sehen bin oder herausgeschnitten wurde."
Das hat er gestern Abend gesehen, als er mit Frau und Tochter zur VIP-Premiere nach München eingeladen war.
Wirth hegt sogar die Hoffnung auf ein Wiedersehen in Thurnau - inklusive neuer Dreharbeiten. "Rupert hat viele Ideen. Und es hat ihm in Thurnau gefallen. Dazu kommt, dass er von der Stiftung sehr gut aufgenommen wurde. Andernorts hat es wohl für das Filmteam mehr Probleme geben", sagt der Thurnauer.
Vielleicht hat er ja Glück und es geben sich bald wieder internationale Stars ein Stelldichein. In Hollywood bekannt ist das Schloss Thurnau jedenfalls.
Termine
Deutschland-Premiere: Donnerstag, 24. Mai 2018
Cineplex Bayreuth 16.45 und 19 Uhr (Kino 2)
Odeon Bamberg 17.10 und 20.50 Uhr
Cineplex Kulmbach In Kulmbach ist "The happy Prince" noch nicht im Programm. Ein Sprecher sagte, es stehe noch nicht fest, ob der Streifen überhaupt nach Kulmbach kommt.
Info: The happy Prince
Titel Er bezieht sich auf die 1888 erschienene Sammlung von fünf Kunstmärchen des irischen Schriftstellers Oscar Wilde mit dem Titel "Der glückliche Prinz und andere Märchen" (Originaltitel: "The Happy Prince and Other Tales").
Handlung Seine letzten Lebensjahre muss Oscar Wilde im Exil verbringen. Auch wenn er schwer krank ist, bewahrt er seine Extravaganzen, seine Ironie und seinen brillanten Witz. Allerdings erleidet er zu dieser Zeit einen Nervenzusammenbruch und muss miterleben, wie seine Ehefrau Constance (Emily Watson), seine Freunde Robbie (Hugh Dancy) und Reggie (Colin Firth), sein Liebhaber Bosie und der Priester Dunne (Tom Wilkinson) versuchen, ihn zu kontrollieren.
Besetzung Der Film ist das Regiedebüt von Rupert Everett, der auch das Drehbuch schrieb und in der Rolle des Oscar Wilde zu sehen ist. Emily Watson spielt seine Frau Constance, Colin Firth seinen Freund Reggie Turner.
Finanzierung Der Deutsche Filmförderfonds gewährte rund eine Million Euro, aus dem Sonderprogramm für internationale Coproduktionen vom FilmFernsehFonds Bayern gab es 1,15 Millionen Euro und von Eurimages 450 000 Euro. Das Gesamtbudget beläuft sich auf rund 10,5 Millionen Euro.
Dreharbeiten Gedreht wurde der Film an 43 Tagen vom 15. September bis 30. November 2016 in Italien, Belgien, Frankreich und etwa ab 20. September in den oberfränkischen Orten Thurnau, Mitwitz, Kulmbach und Schmölz. In Thurnau drehte man unter anderem im dortigen Schloss, besonders in den unsanierten Bereichen des Nordflügels und an der Kemenate.
Quelle: Wikipedia/moviepilot