Druckartikel: Kulmbacher Frauen waren einst besonders widerspenstig

Kulmbacher Frauen waren einst besonders widerspenstig


Autor: Stephan Stöckel

Kulmbach, Freitag, 27. Januar 2017

Doch wie sah es am Obermain und im Kulmbacher Land mit der Reformation und der Gegenreformation aus? Professor Dippold klärte auf.
An der südlichen Chorwand der Kasendorfer Kirche hängt ein wertvolles Ölgemälde, das der aus Heubsch stammende Tuchfärber Friedrich Hübner einst seiner Heimatkirche gestiftet hat. Das Konfessionsbild zeigt die Übergabe der Bekenntnisschriften an Kaiser Karl V. (links) in Augsburg 1530.  Foto: Stephan Stöckel


Am 31. Oktober 2017 jährt sich zum 500. Mal die Veröffentlichung der 95 Thesen, die Martin Luther einst an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg geschlagen haben soll. Was sich damals in Mitteleuropa auf der großen politischen und konfessionellen Bühne abspielte, ist bekannt. Doch wie sah es am Obermain und im Kulmbacher Land mit der Reformation und der Gegenreformation aus? Dieser Frage ging Bezirksheimatpfleger Professor Günter Dippold aus Lichtenfels am Donnerstagabend im Martin-Luther-Haus nach.

Der Experte fand eine Antwort auf die Frage, die so manchen der rund 80 Besucher im gut gefüllten Saal umtrieb: Was bewog die weltlichen Herrscher, sich der neuen Lehre zuzuwenden? "Es war das Kalkül der Herrschenden. Sie hatten Stress mit dem Fürstbischof von Bamberg, der ständig in ihr Land hineinregierte. Sie wollten ihn von dieser Möglichkeit abschneiden", brachte es der Historiker auf den Punkt.


Durchschlagender Erfolg


Eingeladen hatten ihn der Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing, der katholische Kulturkreis Kulmbach und der Geschichtsverein Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW). Bevor Dippold sich der eigentlichen Materie zuwandte, plauderte er aus dem Nähkästchen seiner Vorfahren: "Ich bin katholisch. Meine Mutter war evangelisch. Ein Vorfahr von ihr hat bei Martin Luther studiert."

Dippolds Urahn passte ins Bild, das der Historiker von der damaligen Zeit zeichnete, in der die Religion beherrschendes Thema war. Das habe den raschen und durchschlagenden Erfolg der reformatorischen Ideen gebracht. "Hätte die Frage nach dem eigenen Seelenheil nicht den Alltag bestimmt, dann wäre das Auftreten Martin Luthers womöglich ohne große Wirkung geblieben. Dann hätten seine Thesen bloß einen Gelehrtenstreit ausgelöst und es wäre der Kirche womöglich gelungen, seine Meinung zu unterdrücken."


Es sollte anders kommen


Doch es sollte anders kommen. Auch in Franken rückten die neuen Ideen rasch ins Licht der Öffentlichkeit. Als Reformator Kulmbachs stellte Dippold den Bäckersohn Johan Eck (1494 bis 1554) vor, der in Leipzig studiert hatte und ab 1523 Kaplan in Kulmbach war. Nicht nur im Markgrafentum Ansbach-Kulmbach, auch im Fürstbistum Bamberg breitete sich die neue Lehre rasch aus.

Auch mit dem Hineinregieren des Bamberger Fürstbischofs in weltliche Herrschaften war nun Schluss. Paul Neydecker aus Weismain war ab 1516 Pfarrer von Kulmbach. "Bei seiner Nachbesetzung zeigte sich, dass sich die Zeiten geändert hatten. Der ranghöchste Beamte des Markgrafen verweigerte dem Bamberger Domherrn Georg von Egloffstein die Übernahme der Pfarrei", berichtete der Referent. Dem Bischof habe die weltliche Macht gefehlt, um seine Ansprüche durchzusetzen, schlussfolgerte Dippold.


Letzte Reste sind noch heute vorhanden


Das Aufblühen des Protestantismus im Fürstbistum währte nicht lange. Der Bamberger Fürstbischof Neidhard von Thüngen führte während seiner Amtszeit von 1591 bis 1598 die Gegenreformation durch. An etlichen Orten ging das ohne große Konflikte vonstatten, mancherorts gab es jedoch Widerstand, wobei sich die Frauen als besonders widerspenstig zeigten.

Von 1582 bis 1700 gab es im Norden Bayerns zwei Zeitrechnungen: den alten, julianischen Kalender der Protestanten und den neuen gregorianischen Kalender der Katholiken. Beide differierten um zehn Tage. "Wenn in Kulmbach der 26. Januar war, dann schrieb man in Lichtenfels bereits den 5. Februar", sagte Dippold. Im ausgehenden 16. und im 17. Jahrhundert habe es eine konfessionelle Feindschaft gegeben. "Deren allerletzte Reste zu beseitigen, ist eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen", schloss er.