Kulmbacher Folterhaus: Gewalttäter hörte Stimmen
Autor: Stephan Tiroch
Blaich, Freitag, 28. Sept. 2018
In dem Verfahren gegen einen Obdachlosen, der einen Mann in der Gemeinschaftsunterkunft gequält hatte, wurde am Freitag plädiert. Es geht um eine schwierige Rechtsfrage.
Mit seinem Leben wurde er nicht fertig. Ohne Beruf und ohne jegliche Perspektive landete er in der Obdachlosenunterkunft in der Hermann-Limmer-Straße. Dort flippte der einfach strukturierte Mann (28), der Stimmen hört und an einer paranoiden Schizophrenie leidet, am 6. Januar völlig aus.
In jener Nacht quälte und misshandelte er einen anderen Obdachlosen, den er im Schlaf überfiel und der um sein Leben fürchtete. Angeblich soll das Opfer (19) die tote Freundin des Schlägers, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, verunglimpft haben. Nach dem Tod der Frau war der 28-Jährige ganz unten. Nur noch mit Alkohol hielt er sich über Wasser.
Zu Tode foltern
Dem Geschädigten soll er gedroht haben, ihn zu Tode zu foltern, wenn er ihn bei der Polizei anzeigt. Eher beiläufig sagte der Beschuldigte jetzt im Sicherungsverfahren, das am Freitag vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Bayreuth fortgesetzt wurde: "Es tut mir leid."
Für den Gewaltexzess im Blaicher Folterhaus konnte der zweite, ebenfalls obdachlose Peiniger (19) nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Er hat, so Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer, seinem Leben selbst ein Ende gesetzt.
"Barbarischer Akt"
Daran, wie die Tat ablief, bestehen keine Zweifel. "Was sich da abgespielt hat, mag man sich nicht vorstellen. Es war ein barbarischer Akt", meinte Staatsanwalt Julius Klug. Der Beschuldigte sei die treibende Kraft gewesen.
In seinem Gutachten bestätigte Professor Stefan Seidel vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Erlangen die Verletzungen, wie sie das Opfer geschildert hatte. Es habe massive Gewalteinwirkungen gegen den ganzen Körper gegeben. Der Arzt stellte fest: "Die Verletzungen im Gesicht waren potenziell lebensgefährlich."
Beschuldigter möchte in den Knast
Aber es geht um eine schwierige Rechtsfrage: Welche Konsequenzen hat der Beschuldigte, der als gemeingefährlich, wegen krankhafter Halluzinationen jedoch als schuldunfähig gilt, zu erwarten. Wird er auf unabsehbare Zeit in die Psychiatrie eingewiesen (§ 63) oder in die Entziehungsanstalt (§ 64).? Der Mann möchte "keinen 63er", sondern lieber in den Knast, betonte er und wurde vom Vorsitzenden Richter Michael Eckstein belehrt: "Sie haben keine Wahlmöglichkeit, entscheiden tun nur wir."