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Kulmbacher Brauerei setzt auf den Export


Autor: Alexander Müller

Kulmbach, Montag, 24. Juni 2013

Markus Stodden wurde Anfang 2013 zum Sprecher der Kulmbacher Brauerei berufen. Das Unternehmen setzt auf die Nähe zum Konsumenten - und auf den chinesischen Markt.
Bei der Kulmbacher Brauerei zapft der Chef auch selbst: Vorstandssprecher Markus Stodden im Bistro der Verwaltung in der Lichtenfelser Straße. Foto: Alexander Müller


Markus Stodden ist seit elf Jahren Wahl-Kulmbacher. Wir haben mit dem Sprecher des Vorstands der Brauerei über seine Erfahrungen, aber auch über Zukunftspläne des Unternehmens gesprochen:

Herr Stodden, Sie sind seit mehr als elf Jahren im Vorstand der Kulmbacher Brauerei - und seit einem halben Jahr dessen Sprecher. Was hat sich für Sie verändert?
Die Aufsichtsrats-Entscheidung, mich zum Vorstandssprecher zu bestellen, verstehe ich als Ansporn. Sie motiviert mich, im bislang eingeschlagenen Kurs weiter fortzufahren: Wir sind lokaler, regional verankerter Bierspezialitätenanbieter mit stark ausgeprägter Markt- und Kundennähe.

Da ich vor allem für Kontinuität im Vorstand der Kulmbacher Brauerei stehe, hat sich für mich seit Januar nicht viel verändert.

In den mehr als elf Jahren, in denen ich in der Kulmbacher Gruppe verantwortlich tätig bin, habe ich die Unternehmensgruppe und unsere Mitarbeiter sehr gut kennenlernen können. Das ist natürlich jetzt von Vorteil für mich. Ich freue mich auf die kommenden Herausforderungen, denen ich gemeinsam mit meinen neuen Vorstands-Kollegen begegnen kann.


Vor wenigen Wochen haben Sie eine positive Bilanz des zurückliegenden Geschäftsjahres gezogen. Ein Grund dafür ist die weitere Erschließung von Exportmärkten - inzwischen liegt der Auslandsanteil an den Umsatzerlösen bei immerhin 6,3 Prozent. Sie setzen vor allem auf China - welche Strategie verfolgen Sie dort und insgesamt im Ausland?
Wir sind seit sechs, sieben Jahren international erfolgreich unterwegs. Unsere Marken vertreiben wir heute hauptsächlich in Ländern wie Italien, China, Frankreich, die USA und Russland.

Wichtig ist vor allem der chinesische Markt, den wir seit sieben Jahren bearbeiten. Er macht mittlerweile etwa die Hälfte des Exports aus.
In Italien haben wir eine eigene Außendienstorganisation, in China sind wir mit unserer Exportleitung - und ich selber bin auch recht häufig zu Gast. Wir als fränkisch-bayerischer Bierspezialitätenhersteller haben ein beachtliches Potenzial.

Wir sind auch in ganz China unterwegs, wobei es da auch unterschiedliche Geschmäcker und unterschiedliche Präferenzen der Marken gibt.

Unser Bier wird in China vor Ort auch als Luxusgut gesehen und zu einem recht hohen Preis verkauft - meist zu einem um sechs- bis sieben Mal höheren als das inländische Bier. Das macht uns natürlich sehr stolz und ist für uns eine wirtschaftlich wichtige Säule. Auch künftig streben wir an, unser Engagement im Export weiter auszubauen.

Aber hier geht es nicht um Quantität, sondern um Qualität.

Markus Stodden zur Exportstrategie der Kulmbacher Brauerei by Infranken.de

Beim Blick in die Bilanz sieht man, dass die Marken, die in Ostdeutschland vertrieben werden - Sternquell und Braustolz - 2012 am wenigsten erfolgreich waren, nicht zuletzt weil sie starker Konkurrenz ausgesetzt sind. Wie wollen Sie diesem Trend entgegenwirken?
Man sollte es nicht glauben, aber es gibt einen tatsächlichen Unterschied zwischen West- und Ostdeutschland. Wenn man zum Beispiel die Stadt Chemnitz sieht, hat die einen enormen demographischen Wandel durchlebt. Vor etwa zehn, 15 Jahren hatte die Stadt noch über 380.000 Einwohner, mittlerweile sind es nur noch 280.000 Einwohner - das heißt ein Drittel der Bevölkerung ist abgewandert. Dazu kommt der Effekt, dass wir extrem viele Pendler haben. Das heißt, dass die Haushalte die Woche über nicht komplett besetzt sind.

Meist sind die Frauen und Kinder zuhause - und die Männer arbeiten 200 Kilometer entfernt. Das führt natürlich zu Verzerrungen im Konsum. Bei der Gastronomie findet der große Umsatz vornehmlich an Wochenenden statt. Noch ein Punkt sind die massiven Preisangebote großer Lebensmittelkonzerne. Wir versuchen, dem natürlich über Produktinnovationen entgegenzusteuern, was uns in den letzten Jahren auch gelungen ist.

Der Absatz alkoholfreier Getränke sinkt. Wie kann sich die Marke Bad Brambacher da künftig positionieren?
Dort gehen wir schon seit vielen Jahren einen separaten Weg. Wir haben uns bewusst vor zehn, zwölf Jahren für eine werthaltige Strategie entschieden, haben uns sehr früh auf eine kleine Flasche spezialisiert, 0,5 Liter Inhalt, PET-Gebinde, die natürlich für Reisen, für die Schule, für die Handtasche sehr geeignet ist.

Wir haben uns da auch sehr stark auf die Bedürfnisse der Kunden eingelassen. Mittlerweile liegt mehr als die Hälfte des Absatzes im Bereich der 0,5-Liter-Flaschen.

Wichtig ist, dass man immer up to date ist und mit neuen Produkten arbeitet. Das ist unser Weg - und wir können uns auf Grund dieser Nischenpolitik sehr gut gegen die Discounter mit ihren nicht mehr nachzuvollziehenden Preiskalkulationen behaupten. Mittlerweile sind 63 Prozent der alkoholfreien Produkte, insbesondere Wässer, im Discountbereich gehandelt - und man muss wirklich einen Mehrwert erzeugen bei den eigenen Produkten, damit man sich hier auch entsprechend behaupten kann. Das gelingt uns sehr gut.

Und setzen mit unserer neu eingeführten hochwertigen Gourmet-Glasflasche ein Zeichen für die gehobene Gastronomie.

Markus Stodden zur Investitionspolitik der Kulmbacher Brauerei by Infranken.de

Auch der Geschmack spielt da sicher eine wichtige Rolle...?
Vor einem Jahr war das Thema Aloe vera sehr stark im Blickpunkt der Verbraucher - hier haben wir mit entsprechenden Produkten reagiert. Oder jetzt auch in letzter Zeit mit sehr stark natürlich gehaltenen Produkten.
Bei der Einführung von neuen Geschmacksrichtungen machen wir einen relativ breiten Test mit Verbrauchern. Das ist im Wasser-, genauso wie im Bierbereich. Wir haben immer zwischen 800 und 1000 Probanden, die uns helfen, neue Geschmacksrichtungen zu entwickeln. Für uns ist der Gaumen des Konsumenten wichtig. Das unterscheidet uns auch, glaube ich, von anderen Anbietern.

Das Mönchshof Naturradler ist genau eine solche Entwicklung. Das ist ein Produkt mit natürlichem Zitronensaft.

Gab´s bisher nicht in dem Bereich Bier und ohne Konservierungsstoffe. Das war eine Innovation im Radler-Markt, und bis heute gibt es so gut wie keine Kopie in Deutschland, weil auch das Fertigungsverfahren sehr aufwendig ist.

Hier sieht man, dass der Konsument bestimmte Richtungen bevorzugt, aber dass er sich auch im Laufe der Zeit geschmacklich verändert. Und auf diese Geschmacksänderung muss man reagieren.

Sie setzen auf Markenvielfalt und Bier-Spezialitäten. Welche Entwicklungen können Ihre Kunden hier in den kommenden Jahren erwarten?
Wir haben einige neue Produkte in der Entwicklung. Wir wollen damit aber natürlich den Markt überraschen - und aus dem Grund kann ich heute nicht über Produkte sprechen, die wir vielleicht im nächsten Jahr etablieren.

Aber Sie können vielleicht etwas dazu sagen, wie und warum neue Sorten überhaupt

entwickelt werden?
Da gibt´s natürlich sehr viele Studien im Markt. Wir sind sehr stark engagiert bei diversen Universitäten, die Zukunftsforschung betreiben. Wir haben dadurch, dass wir ein sehr großes Festmanagement haben - wir machen über 2000 Veranstaltungen im Jahr - direkten Zugang zu unseren Kunden. Durch unsere Markgrafen-Märkte stehen wir im sehr engen Kontakt zu Verwendern und haben dadurch einer sehr breites Spektrum an Möglichkeiten. Dann gibt es natürlich immer wieder neue Ideen der Rohstoff-Lieferanten, die wir in gewissen Know-How-Paketen bündeln. Und wir versuchen dann für den einzelnen Standort das ideale Produkt zu finden. Produkte, die in anderen Regionen schon eingeschlagen oder eine andere Tradition haben, versuchen anderswo neu zu platzieren. Das führt zu einer Art Raster, das man in neue Produktrichtungen lenken kann.

Das ist eine kleine Wissenschaft für sich, das hat sehr viel mit Forschung zu tun, sehr viel mit Kenntnis über die Veränderung der Gewohnheit, die sich beim Konsumenten darstellt. Kleines Beispiel dazu: Unsere Väter und wir haben noch viel herbere Produkte bevorzugt, weil wir auch in der Kindheit weniger mit süßen Getränken groß geworden sind. Die heutige Jugend ist schon vom Baby- bis hin zum Teenager-Alter sehr umworben von relativ süßen Produkten. Das führt dazu, dass die Geschmacksnerven im Lebensalter zwischen 18 und 25 anders reagieren. Die Jugend präferiert auch immer süßere Biere.

Markus Stodden zum Bereich Feste und Events der Kulmbacher Brauerei by Infranken.de

Der Bereich Feste und Events hat bei Ihnen inzwischen eine solche Bedeutung erreicht, dass Sie sogar beginnen, Veranstaltungskaufleute auszubilden. Wo sehen Sie dieses Geschäftsfeld in den kommenden Jahren?
Wir werden es nachhaltig ausbauen.

Wir sind hier sehr früh in das Geschäft eingestiegen und mittlerweile einer der profiliertesten Anbieter in dem Bereich. Wir catern Kleinstveranstaltungen, aber auch große Musikevents, zum Beispiel Anastacia oder Rock im Park, die zum Teil bis zu 80 000 Besucher haben. Wir versuchen, den Veranstaltern selber das Leben etwas leichter zu machen, indem wir quasi für sie "schlüsselfertige" Events anbieten. Das Hauptthema bei einem Event ist die Verfügbarkeit von Equippment und geschultem Personal. Und das haben wir uns über die Jahre aufgebaut. Wir haben uns da wirklich einen Namen gemacht in Süddeutschland.

Was bringt Ihnen das als Brauerei?
Zum einen können wir natürlich auf Events sehr professionell neue Ideen, neue Produkte einer breiten Bevölkerungsschicht präsentieren und auch gleichzeitig - und das ist das schöne ja an unserer Branche - auch den Geschmack auf die

Lippen, auf die Zunge bringen. Zum anderen bilden wir Marken durch die extrem häufige Präsenz. Wir arbeiten auch mit Medien zusammen - die Antenne-Bayern-Tour unterstützen wir zum Beispiel entsprechend, weil wir sehr professionell in der strukturierten Abwicklung solcher Events sind. Aus dem Grund haben wir uns auch entschlossen, die entsprechende Ausbildung anzubieten. In dem Bereich gibt es tatsächlich bisher relativ wenige Ausbildungsplätze in Bayern.

Bei all diesen Vorteilen bietet es sich ja an, dieses Geschäftsfeld weiter auszudehnen?
Ja, wir wachsen mit der Ausdehnung unseres Vertriebsgebietes. Im letzten Jahr haben wir zum ersten Mal in der Geschichte der Kulmbacher Brauerei das Bierfest exportiert - und zwar nach Fulda. Wir haben damit einen Riesenerfolg gehabt, das Fest wird auch in diesem Jahr entsprechend wieder durchgeführt.

 


Wir begleiten ja schon über sehr viele Jahre hinweg den Tag der deutschen Einheit im Bereich der Landesvertretung Bayern. Wir sind da bei jedem Fest dabei, ob das in Kiel ist oder auch im letzten Jahr in München auf dem Oktoberfest - das war die Sensation: Kulmbacher Bier auf der Wies´n. Das ist normalerweise undenkbar - aber in diesem Zusammenhang war es möglich. Auch hier merken Sie, es geht uns stark um Kontinuität - und das ist eine unserer Stärken, dass wir über lange Zeit hinweg einen festen Mitarbeiterstamm mit einer sehr straff en Organisation und mit einer sehr klaren strategischen Ausrichtung haben. Das bringt Verlässlichkeit und auch Sicherheit bei den Geschäftspartnern.

Sie haben 2012 mehr als 17 Millionen Euro investiert.

 

Welche großen Anschaffungen oder Projekte stehen mittelfristig an?
Wir haben schon am Anfang des Interviews darüber gesprochen - langfristige Kontinuität heißt auch ein dauerhaftes Investieren in das eigene Unternehmen. 17 Millionen in 2012, das Jahr davor war etwa die gleiche Summe im Raum gestanden - und auch heuer wird das wieder so sein. Hier geht es uns vor allem auch darum, in Bereiche zu investieren, die uns nachhaltig in die Lage versetzen, schonender mit Rohstoffen und Energie umzugehen. Das andere sind natürlich Investitionen in unsere Markenwelten. Wir sind nationaler Marktführer bei der Marke Mönchshof - also größter Bügelhersteller in Deutschland. Wir investieren hier auch in diesem Jahr speziell in eine neue, zweite Bügelabfüllanlage, damit wir entsprechend Kapazitäten zur Verfügung stellen können.

Das ist natürlich auch ein nochmaliges Bekenntnis zum Standort Kulmbach.

Versuchen Sie sich doch bitte einmal als Visionär: Wo sehen Sie die Brauerei 2020?
Ich würde die Kulmbacher Gruppe in der Zukunft gerne als gesunde finanzkräftige mittelständische Braugruppe mit starken Teilhabern an der Seite sehen, die auf Grund der hohen Kompetenz ihrer Mitarbeiter, auf Grund nachhaltigen Wirtschaftens in ihren Vertriebsregionen als regional verankerter starker Bierspezialitäten-Anbieter adäquat zur Wertschöpfung und zur Imageverbesserung unseres bayerischen Kulturgutes Bier beiträgt.
Wir sind lokal und regional sehr stark unterwegs. In allen Medien ist das Thema Regionalität seit zwei, drei Jahren wieder verstärkt im Umlauf - und da fühlen wir uns am wohlsten.

Herr Stodden, Ihr Unternehmen trägt den Namen Kulmbach hinaus in die Welt.

Was verbinden Sie selbst mit Kulmbach?
Kulmbach ist meine neue Heimat. Ich bin vor etwas mehr als elf Jahren nach Kulmbach gekommen - habe mittlerweile einen Sohn, der in Kulmbach geboren ist. Meine Familie und ich haben unseren Lebensmittelpunkt in Kulmbach, unsere Freunde sind hier - das ganze Leben dreht sich eigentlich um Kulmbach. Es ist schön, wenn man so etwas sagen kann. Wir sind Wahl-Kulmbacher, aber wir leben hier sehr gerne und hoffen natürlich, dass das auch noch lange so sein wird.

Abschließend eine persönliche Frage: Darf man als Vorstandssprecher der Kulmbacher Brauerei eine Lieblingsbiersorte haben?
Eine extrem schwierige Frage. Ich bin mein Leben lang im Getränkebereich unterwegs - seit meiner Jugend. Mein Leben ist eigentlich von Getränken geprägt.

Und wir haben darüber gesprochen, dass sich mit den Jahren der persönliche Geschmack ändert, dass man mehr Erfahrungen bekommt in verschiedenen Lebensbereichen - und so ist das dann auch mit den Getränken. Im Bier und Bereich der alkoholfreien Getränke habe ich bestimmte Prioritäten, aber das schöne dabei ist, dass ich nicht nur eine Priorität haben muss, sondern ich darf mehrere haben: Beim Essen beispielsweise trinke ich sehr gerne Mönchshof-Kellerbier, im Sommer - wenn´s den mal wieder gibt - oder unterwegs im Auto gerne ein Kapuziner alkoholfrei. Wenn ich auf Veranstaltungen bin, trinke ich extrem gern ein Kulmbacher Edelherb. Das ist eigentlich das Schöne an meinem Beruf, dass ich bei den Getränken sehr viel Abwechslung habe.