Kulmbacher Bierexperte sieht schwarz für Franken
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Freitag, 12. April 2019
Die Kommunbräu, wo vor 25 Jahren das erste Bier ausgeschenkt wurde, ist ein Erfolgsmodell. Trotzdem befürchtet Hans-Jürgen Päsler, dass das Ende der fränkischen Wirtshauskultur naht und nur ein paar Leuchttürme in der Wüste übrigbleiben.
Der Eiserne Vorhang weg, der Kalte Krieg abgeschafft und die deutsche Teilung beendet: Anfang der neunziger Jahre herrschte Aufbruchstimmung in Deutschland. Die Menschen fühlten sich frei, lebten angstfreier als heute. Ein glückliches Jahrzehnt kündigte sich an.
Ein Umfeld, wie gemacht für die Kommunbräu, die damals erfunden wurde. Kulmbacher Freigeister erlaubten sich, darüber nachzudenken, ob man immer nur das überall gleich schmeckende Industriebier trinken muss. Ihr Credo: ein unverwechselbares Bier statt Einheitsbrei. Man fühlte sich wie das kleine gallische Dorf, das sich mit den Römern anlegt. Man wollte eine eigene Kleinbrauerei und ein eigenes Wirtshaus aus dem Boden stampfen und startete bei null. Zweifel gab es, und das Zitat machte die Runde: Wenn das schiefgeht, können wir nur noch auswandern. Aber es ging nicht schief.
Einer der Macher
Zu den Machern der Gründerzeit zählte: Hans-Jürgen Päsler, ein Verfechter der fränkischen Biervielfalt. Er war mit dabei, als vor 25 Jahren das erste Bier in der ehemaligen Limmersmühle am Grünwehr ausgeschenkt wurde. Als Vorstand der Kommunbräu (bis 2016) trug er dazu bei, dass das genossenschaftlich organisiere Projekt eine - sagen wir: erstklassige Performance hinlegte. Wir sprachen mit Päsler über das Erfolgsmodell Kommunbräu, über das Wirtshaussterben und die Schwierigkeiten der Branche.
Herr Päsler, sind Sie froh, dass Sie in Kulmbach bleiben konnten und nicht auswandern mussten?
Hans-Jürgen Päsler: Ja (schmunzelt), ich weiß, was Sie meinen. Der Spruch kommt von meinen Freund Tom Lange, der damals zur Gründermannschaft der Kommunbräu gehörte. Aufgrund der anfangs massiven Schwierigkeiten - vor allem mit komplizierten Genehmigungsverfahren - befürchtete er, dass das Projekt scheitern könnte. Dann bliebe uns nichts anderes übrig, als eben auszuwandern.
Trotzdem wurde die Kommunbräu ein Erfolgsmodell. Warum?
Wie immer hat der Erfolg viele Väter. Ein wesentlicher Grund war das glückliche Zusammentreffen von Kulmbacher Bürgern, die die ganze Bandbreite dieser Stadt darstellten: hoch kreativ, Fachleute vom Bau, Medienkompetenz und a bissla spinnert im Sinne von visionär. Der wichtigste Faktor aber war die Nachhaltigkeit und Konsequenz, mit der wir unsere Ziele über viele Jahre verfolgt haben. Hauptziel war es, ein Bier zu brauen, das Ecken und Kanten hat und nicht durch Marketing glatt geschliffen ist. Wir haben die Craft-Bier-Idee vorweggenommen.