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Kulmbacher Anwalt geht gegen Urteil des Nazi-Richters vor


Autor: Jürgen Gärtner

Kulmbach, Dienstag, 03. Februar 2015

Rechtsanwalt Thomas Hofmann aus Kulmbach geht gegen ein Urteil des umstrittenen Lichtenfelser Juristen vor. Der Fall beschäftigt jetzt das Landgericht Coburg.
Rechtsanwalt Thomas Hofmann Foto: Jürgen Gärtner


Rechtsanwalt Thomas Hofmann weiß, dass er einen schweren Stand haben wird. Deshalb hat er lange überlegt, ob er gegen ein Urteil des bundesweit bekannt gewordenen "Nazi-Richters" aus Lichtenfels vorgehen wird. Aber er hat sich dafür entschieden, "weil es nicht sein kann, dass ein Mann, der kriminell oder geistesgestört ist, ein gesetzlicher Richter sein kann". Jetzt liegt der Fall beim Landgericht Coburg.

Die Vorgeschichte: Ein Mandant des Kulmbacher Rechtsanwalt war von dem umstrittenen Richter zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Damit war der Fall - der keinen politischen Hintergrund hat - strafrechtlich abgeschlossen, weil sein Klient die Entscheidung akzeptierte.

Doch dann kam es zu einem nachfolgenden Zivilprozess, bei dem das Land Bayern Schadensersatzansprüche für die Heilbehandlung des Opfers geltend machte. Hofmann zufolge geht es um 700 Euro. "Normalerweise eine Sache, um die man kein großes Aufheben macht." Allerdings wehre sich sein Mandant gegen die Auflage, auch für künftige Folgen zu haften.

Kulmbacher Anwalt geht gegen Urteil des Nazi-Richters vor

Als sich der Rechtsanwalt noch einmal mit dem Urteil in dem Zivilprozess beschäftigte, fiel ihm die Unterschrift des Richters auf - eben jenes Richters, der bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und dann um Entlassung aus dem Justizdienst ersucht hatte. Ein Schritt, mit dem er in den Augen des Rechtsanwalts "die Kastanien für Justiz aus dem Feuer geholt hat". Denn ein Rauswurf wäre ein Eingeständnis gewesen, dass man den Mann nicht als Richter hätte berufen dürfen.

Für Thomas Hofmann hat das die logische Konsequenz: "So ein Richter kann keine Urteile fällen, die der rechtsstaatlichen Ordnung entsprechen." Das habe er dem Landgericht Coburg auch geschrieben, als er Berufung gegen die Zahlung der Heilbehandlungskosten einlegte. Juristisch, so weiß er, befindet er sich mit seiner Argumentation auf dünnem Eis: "Weil der Mann damals eben gesetzlicher Richter war". Aber für ihn ist klar: "Ein Richter, der kriminell oder geistesgestört ist, kann kein gesetzlicher Richter sein. Wozu brauche ich denn das deutsche Richtergesetz, wenn solche Leute Recht sprechen können."

Das sieht das Landgericht Coburg, bei dem Thomas Hofmann Berufung eingelegt hat, anders.

Der Leiter des Pressestelle, Richter Daniel Kolk, erklärt "generell und ohne Bezug zu einem Einzelfall" folgendes: "Urteile, die ein Richter in seiner aktiven Dienstzeit gefällt hat, werden durch sein Ausscheiden aus dem Dienst nicht nichtig. Dies gilt sowohl dann, wenn ein Richter entlassen wird, als auch wenn eine Richterernennung zurückgenommen werden würde. Das Dienstrecht geht also davon aus, dass seine Amtshandlungen wirksam bleiben." Das gelte auch, wenn der Ernannte gar nicht die Befähigung zum Richteramt besaß. Aus dienstrechtlicher Sicht seien die Urteile daher wirksam, unabhängig davon, ob der Richter hätte eingestellt werden dürfen oder nicht.

Parteien entscheiden selbst

Mit Blick auf den Zivilprozess erklärt er: "Hier bestimmen ausschließlich die Parteien selbst, ob sie eine gerichtliche Entscheidung durch ein höheres Instanzgericht überprüfen lassen." Soweit Zivilurteile von Amtsgerichten betroffen seien, sehe das Gesetz die Möglichkeit der Berufung zum jeweils zuständigen Landgericht vor. Bereits rechtskräftig gewordene Zivilurteile können hingegen nur unter sehr engen Voraussetzungen angegriffen werden.

In dem speziellen Verfahren hat Rechtsanwalt Hofmann gegen das Urteil des Amtsgerichts Lichtenfels beim Landgericht Coburg Berufung eingelegt. Eine Entscheidung der mit drei Berufsrichtern besetzten Zivilkammer steht noch aus, weshalb Angaben zu den Erfolgsaussichten der Berufung nicht gemacht werden können.
Kolk verweist darauf, dass Hofmann nicht der einzige ist, der gegen Urteile des nicht mehr im Dienst befindlichen Proberichters am Amtsgericht Lichtenfels Rechtsmittel eingelegt hat. "Es sind jedoch nicht signifikant mehr als gegen die Entscheidungen anderer Amtsrichter des Landgerichtsbezirks."