Kulmbacher Altstadt: Bruchbude mit Charakter
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Dienstag, 08. November 2016
So geht die Identität des historischen Stadtkerns verloren - ein schleichender Prozess.
Der Schnee hat einen unbestreitbaren Vorteil: Er deckt vieles zu. Auch die Wunden, die der Abriss des Wohnhauses im Unteren Stadtgässchen 4 ins Stadtbild geschlagen hat. War doch nur, wie so gern gesagt wird, eine Bruchbude. Vielleicht, aber es war auch ein eingetragenes Einzeldenkmal: "Zweigeschossiger verputzter Giebelbau, 17./18. Jahrhundert", heißt es in der Denkmalliste.
Der Denkmalschutz, degradiert von der Staatsregierung zum zahnlosen Tiger, hat den Verlust dieses Hauses an einer sensiblen Stelle der Altstadt nicht verhindern können: Obere Stadt, Oberhacken und die drei Stadtgässchen sind Kulmbachs ältestes Quartier. Eine geplante Baulücke - Parkplatz genannt - mag man sich im historischen Stadtkern gar nicht vorstellen.
Nächster Abriss kommt bestimmt
Es ist ein schleichender Prozess, der den Charakter der traditionell eng bebauten Altstadt zerstört. Deren unverwechselbare Identität geht verloren. Da mal ein Haus weg (2014: Buchbindergasse 1), dort eine alte Scheune (vor ein paar Jahren im Scheunenviertel am Röhrenplatz) - und der nächste Abriss kommt bestimmt, und ist auch schon genehmigt: Um Platz zu machen für zwei Mehrfamilienhäuser, wird demnächst das Wirtshaus "Schwanenbräukeller" (ehemalige Brauerei Louis Weiß) im Spiegel plattgemacht. Wieder verschwindet ein Stück Geschichte der Bierstadt. Dafür bekommen wir Parkplätze und gesichtslose 08/15-Neubauten.