Kulmbach will in der Fläche stärker auf Solarstrom setzen
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Mittwoch, 26. Januar 2022
Am Donnerstag berät das Gremium einen Grundsatzbeschluss zur Versorgung mit Sonnenenergie. Lange gab es Diskussionen um PV-Freilandanlagen wie jene in Grafendobrach.
In Zeiten explodierender Energiepreise und vor dem Hintergrund möglicher Versorgungsengpässe raten diverse Experten nicht zuletzt von Wirtschaftsverbänden auch den Kommunen, beim Thema Erneuerbare Energien den Ausbau vor Ort zu forcieren und die Bürger daran zu beteiligen. "Genau das haben wir vor", sagt OB Ingo Lehmann (SPD) und meint damit unter anderem die Freiflächen-Photovoltaikanlage in Grafendobrach. Städte müssten bei der Stromgewinnung neue Wege beschreiten. "Mit unseren Stadtwerken können wir innovativ und vor allem klimafreundlich handeln. Mit dem in Grafendobrach erzeugten Strom können bis zu 20 000 Bürger versorgt werden." Der Clou, so Lehmann: Mittels Crowd-Investing können sich Bürger finanziell an der Anlage beteiligen und von den Erträgen profitieren.
Nach Angaben der Stadt konnte sich - im Rahmen einer Gesamtsumme von einer Million Euro - jeder Grafendobracher exklusiv für einen Zeitraum von fünf Jahren mit einem Betrag zwischen von 100 bis 10000 Euro beteiligen und erhält hierfür eine Verzinsung von vier Prozent pro Jahr. Darüber hinaus sollen in einem nächsten Schritt auch Interessenten außerhalb von Grafendobrach die Möglichkeit zur Investition bekommen. Wann und wie dies vonstatten geht, will die Stadt zu gegebener Zeit mitteilen.
Über das Thema und derlei Modelle berät heute auch der Stadtrat. Es geht um einen Grundsatzbeschluss zur Solarenergie. Zur Erinnerung: Zunächst hatte sich das Gremium 2019 mehrheitlich gegen eine solche Freiflächen-PV ausgesprochen. Ein Beschluss des Stadtrats mit der Nummer 4439 aus dem Jahr 2014 hatte vorgesehen, derlei Freiflächenanlagen zu verbieten und nur Photovoltaik auf Dächern zuzulassen. Module in der freien Landschaft lehnte die damalige Mehrheit von WGK, CSU und FDP noch ab. Der Meinungsumschwung erfolgte schließlich im November 2019.
Das steht drin
Im besagten Grundsatzbeschluss soll unter anderem festgelegt werden, das bereits vorliegende PV-Konzept nicht nur rein energetisch, sondern als städtebauliches Entwicklungskonzept anzusehen und zu beschließen. Dieses Konzept sieht vor, dass die Stadt Kulmbach über rund 4,6 Millionen Quadratmeter potenziell geeigneter Flächen für PV-Anlagen verfüge; 2,3 Millionen Quadratmeter stellten priorisierte und vorrangig zu entwickelnde Flächen dar.
Dabei ist die genannte Freiflächen-Anlage auf knapp zwölf Hektar Ackerland keine Utopie mehr, im Gegenteil: Sie geht ihrer Fertigstellung entgegen und könnte womöglich schon im April den ersten Strom liefern. Die Firma Münch Energie aus Rugendorf und die Stadt Kulmbach mit den Stadtwerken Kulmbach gründeten die Neue Energie Kulmbach GmbH & Co. KG. Sie ist zugleich Eigentümer und Betreiber der Freiflächenanlage in Grafendobrach. Die komplette Investitionssumme beläuft sich auf rund 15 Millionen Euro. Prognostiziert als Jahresleistung sind 20 Millionen Kilowattstunden - umgerechnet mehr als zehn Prozent der Gesamtstromverbrauchsmenge im Stadtgebiet, wobei dies alle Haushaltskunden plus Gewerbe und Industrie einschließt, sagt die Stadtverwaltung.
Bauamtsleiter Jens Ellinghaus bekundet: "Mit einem entsprechenden Grundsatzbeschluss würde sich der Stadtrat zur Energiewende bekennen und einen wichtigen Rahmen für den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien setzen, hier insbesondere der Solarenergie."
Die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt sowie die Erkenntnisse aus dem Konzept zur Standortbewertung von PV-Freiflächenanlagen zeigten, dass in der Stadt nicht nur eine Energiewende möglich, sondern mit einer nachhaltigen und geordneten Stadt- und Landschaftsentwicklung vereinbar sei. "Es ist grundsätzlich ein hohes Potenzial zur Gewinnung und Nutzung von Solarenergie im Kulmbacher Land vorhanden, obwohl in dem Konzept ein umfangreicher Kriterienkatalog angewendet wurde, um die aus fachlicher und rechtlicher Sicht gut geeigneten Flächen zu ermitteln."