Druckartikel: Kulmbach macht das Ahrtal "winterfest"

Kulmbach macht das Ahrtal "winterfest"


Autor: Alexander Hartmann

Kulmbach, Dienstag, 26. Oktober 2021

Technikerschüler haben sich nach der Flut auf den Weg nach Rheinland-Pfalz gemacht, um im Katastrophengebiet Heizungen zu erneuern und die Trinkwasserversorgung sicherzustellen.
Auch Lucia Scheiblich gehörte zum Team der Technikerschule, das den Flutopfern geholfen hat.


Schlamm und Müll sind nach der Flutkatastrophe im Juli vielerorts verschwunden, doch die Not im Ahrtal ist nach wie vor groß. Viele Häuser sind zerstört, Heizungen defekt. Lucia Scheiblich (25), Tim Skacel (23) und Daniel Goin (24) haben sich mit auf den Weg nach Rheinland-Pfalz gemacht und erfahren, dass die Sorge der Flutopfer vor dem nahenden Winter groß ist. Die Drei gehören zum Team der Technikerschule am Beruflichen Schulzentrum in Kulmbach, das die dringend benötigte Wärme nach Ahrweiler gebracht hat.

Fachkräfte fehlen

Es gibt zurzeit ein großes Problem im Ahrtal: Handwerker fehlen, die bei der Sanierung der Gebäude mit anpacken: Elektriker, Klempner, Dachdecker, Maurer, Zimmerer, aber auch Heizungsbauer. Das weiß Berufsschullehrer Christof Pöhlmann, der die Reise ins Katastrophengebiet mit organisiert hat. "Wir sind einem Hilfeaufruf der Kulmbacher Innung Sanitär, Heizung, Klima gefolgt", sagt Pöhlmann.

Fluthilfe statt Unterricht

So sind neben Monteuren der Thurnauer Firma Schwender auch 14 Heizungs- und Bautechniker mit nach Ahrweiler aufgebrochen. "Fluthilfe statt Unterricht" lautete das Motto einer Reise, die bleibende, weil bedrückende Eindrücke hinterlassen hat. "Wenn man das ganze Ausmaß der Zerstörung mit eigenen Augen sieht, weggerissene Brücken und zerstörte Häuser, da fehlen einem schon die Worte. Das nimmt einen mit", sagt der Neuenmarkter Tim Skacel.

Während viele Bautechniker den Putz von Wänden abgeschlagen haben, damit diese trocknen können, hat der 23-jährige Heizungstechniker defekte Gaskessel ersetzt und Trinkwasserspeicher installiert. "Die Bewohner der Häuser waren uns Helfern sehr dankbar", sagt Tim Skacel, der von großen Schäden berichtet, weil die Wassermassen im Juli in vielen Häusern nicht nur die Keller, sondern auch den ersten Stock geflutet haben.

"Alle packen mit an"

Lucia Scheiblich hat in der vergangenen Woche im Haus eines Bestatters mit angepackt. "Auch wir haben die Gas- und Warmwasserversorgung wieder sichergestellt", sagt die 25-Jährige aus Tröstau, die erfahren hat, dass die Flut viele Familien zur Verzweiflung gebracht hat. Doch nicht allein Resignation, auch eine Aufbruchstimmung haben die Handwerker aus Kulmbach ausgemacht. "Alle packen mit an", sagt Daniel Goin. Das Material, das er und seine Mitschüler verbaut haben, habe n heimische Firmen angeliefert, sagt der 24-Jährige, der von bestens organisierten Einsätzen spricht.

Die Nacht im Stockbett

Auch ein Elektrikerteam aus Kulmbach war nach Ahrweiler gefahren. Dieses hat in einem größeren Gebäude alle Installationen geprüft und defekte Teile demontiert. Untergebracht waren alle Technikerschüler in einem Helfercamp, von dem aus sie zu ihren Baustellen ausgerückt sind. Es war keine Luxusunterkunft - die hatten die Kulmbacher aber auch nicht erwartet.

"Wir waren in einem Zelt in etwa in der Größe des Kulmbacher Bierstadels untergebracht. Dort waren mit Baustahlgitter und Planen die einzelnen Schlafquartiere abgetrennt", sagt Lehrer Christof Pöhlmann. "Wir haben dort in einem Stockbett im Schlafsack übernachtet", teilt Tim Skacel mit, der wie allen anderen Helfer im Camp auch mit Essen und Trinken versorgt wurde.

Die nächsten Helfer kommen

Die Technikerschüler sind inzwischen wieder heimgekehrt, doch schon am kommenden Wochenende reisen die nächsten Kulmbacher ins Ahrtal. Der Kulmbacher Helferkreis, der von Natalja und Uschi Kausich mit ins Leben gerufen wurde, macht sich auf den Weg ins Katastrophengebiet in Rheinland-Pfalz, um dort zu helfen, wo auch drei Monate nach der Flut noch Not am Mann ist. Denn bei den Instandsetzungsarbeiten im dortigen Katastrophengebiet werden nicht nur ausgebildete Fachkräfte, sondern auch handwerklich begabte Helfer gebraucht.