Kulmbach liegt bei Asylbewerber-Aufnahme im Soll
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Freitag, 29. November 2013
Die Diskussionen um das Haus Ruth in Neuenmarkt haben es wieder gezeigt: In Sachen Asyl schlagen schnell die Wogen hoch. Dabei ist laut aktueller Zahlen der Landkreis Kulmbach bei der Unterbringung ein Vorzeigekandidat.
Sie kommen aus dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Syrien, aus Afghanistan, aber auch den früheren Sowjetrepubliken sowie den Balkanstaaten im ehemaligen Jugoslawien. Nach Angaben des Bundes ministeriums für Migration und Flüchtlinge haben bis Ende Oktober etwa 87.500 Männer, Frauen und Kinder bundesweit Asyl beantragt. Bayern nahm 15 Prozent dieser Gruppe auf, nach Oberfranken wurden davon knapp 9 Prozent verteilt. Im Landkreis Kulmbach wiederum sind es 6,8 Prozent. In konkreten Zahlen heißt das: 79 Personen.
"Rein rechnerisch jedenfalls", wie die zuständige Abteilungsleiterin im Landratsamt, Kathrin Limmer, gestern den Mitgliedern des Kreistags vorrechnete.
Demnach waren Mitte Oktober 63 Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften untergekommen; 55 dezentral, also etwa in Privathäusern oder größeren Wohneinheiten.
Was die Gemeinschaftsunterkünfte angeht, so verteilen sich die Personen auf die Kulmbacher Einrichtungen in der Pestalozzistraße (29) und in der Hans-Planck-Straße (34). In einer Privatwohnung sind zwei Familien mit sieben Personen gemeldet.
Dezentral im Landkreis waren zwischen November 2013 und heute 70 Männer, Frauen und Kinder untergebracht, darunter drei Neugeborene. 48 seien noch vor Ort, vier Personen wurden in den Landkreis Kronach verlegt. Zwei Familien bekamen ihre Aufenthaltsgenehmigung in Polen bewilligt und verließen den Kreis, während acht weitere Bewerber freiwillig in ihre Heimat Mazedonien zurückkehrten.
Aufnahmesaldo ist erfüllt
Der Kreis liegt laut Kathrin Limmer mit seiner Aufnahmequote "absolut im Saldo dessen, was aus den Verteilungsschlüsseln hervorgeht". In Zahlen ausgedrückt: Der Kreis muss der Quote von 6,8 Prozent nach insgesamt 121 Asylbewerber aufnehmen - es sind 120. Zum Vergleich: Die Stadt Hof hat dieses Soll sogar übererfüllt und 116 Menschen mehr aufgenommen als zugewiesen, wohingegen die Landkreise Bayreuth und Bamberg die für sie errechnete Quote deutlich verfehlten.
Die Kosten für die Versorgung der Bewerber stiegen. Das geht aus einer Auflistung hervor, die Kathrin Limmer vorlegte. Waren es demnach im ersten Quartal noch rund 167.000 Euro an Sach- und Geldleistungen für den Landkreis, so stieg die Summe im dritten Quartal auf über 240.000 Euro. Der Landkreis zahlte bis Ende September mehr als 615. 000 Euro.
Was so genannte "unbegleitete Jugendliche" angeht, also Kinder im Alter von 16 und 17 Jahren, die ohne Eltern um Asyl ersuchen, gebe es eine neue Vorlage von Staatsministerin Emilia Müller (CSU). Demnach sollten als Sofortmaßnahme solche jungen Menschen nur noch in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht werden. 2014 würden dafür zentrale Stellen in München, Augsburg, Regensburg und Nürnberg geschaffen. Im Kreis Kulmbach habe es nur einen Fall gegeben: Ein 17-jähriger Iraker war im November vergangenen Jahres in Fassoldshof aufgenommen worden. Mittlerweile ist er volljährig und als Flüchtling mit Aufenthaltserlaubnis anerkannt. Er habe sogar eine Ausbildung bei der Geschwister-Gummi-Stiftung angefangen.
Söllner: "Haben die Lage im Griff"
Ein Vorzeigebeispiel, dem auch Landrat Klaus Peter Söllner (Freie Wähler) Respekt zollte. Was die Unterbringungssituation im Kreis angeht, lautete sein Fazit: "Wir haben die Lage noch gut im Griff und sind gewappnet für die Zukunft, wenn mit sicher weiter steigenden Bewerberzahlen zu rechnen ist." Das System der dezentralen Unterbringung habe sich bewährt. Söllner bat die Kreisräte darum, nach potenziellen Standorten Ausschau zu halten. Nach den Worten von Wirsbergs Bürgermeister Hermann Anselstetter (SPD) seien diese Einrichtungen am besten geeignet, "eine wirkliche Integration der Asylsuchenden in einer Kommune zu ermöglichen". Zum Beispiel Neuenmarkt (Haus Ruth) merkte er aber an, dass es im Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde bleiben müsse, über die Funktion eines Gebäudes zu bestimmen.