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Kulmbach: Klavier-Zaubereien und Skandal-Musik


Autor: Sonja Adam

Kulmbach, Sonntag, 03. Februar 2019

Das Konzert von Polina Danilova, Benjamin Schallwig und Lorenz Trottmann entpuppte sich als kleine musikalische Sensation.
Polina Danilova, Benjamin Schallwig und Lorenz Trottmann haben sich an der Hochschule für Musik in Nürnberg kennengelernt. Jetzt begeisterten die drei Profimusiker mit einem Klavierprogramm der Extraklasse auf dem Steinway-Flügel. Sie spielten sechshändig und verzauberten die Zuhörer. Foto: Sonny Adam


Klassische Werke können Pfiff haben - und sie haben das Potenzial, auch junge Menschen in ihren Bann zu ziehen. Das wollte der Kulmbacher Lorenz Trottmann mit zwei weiteren Profimusikern, die er bei seinem Studium an der Hochschule in Nürnberg kennengelernt hatte, in seiner Heimatstadt unter Beweis stellen.

"Three on key" - "Drei auf einer Tastatur" nannten Polina Danilova, Benjamin Schallwig und Lorenz Trottmann ihr Konzert in der Musikschule in Kulmbach. Sie wollten gemeinsam zeigen, wie viel in dem neuen Steinway-Flügel steckt. "Klavierspielen macht nicht einsam", sagte Lorenz Trottmann und lachte. Schon logistisch war es eine kleine Meisterleistung, wenn drei ausgewachsene Profi-Musiker an einem einzigen Flügel sitzen.

"Ich sitze in der Mitte. Das ist manchmal ganz schön eng", erklärte Benjamin Schallwig. Benjamin Schallwig stammt aus Pressath in der Oberpfalz. Er ist Musiklehrer an der Musikschule Neumarkt, Konzertpianist und Komponist.

Polina Danilova ist ursprünglich aus St. Petersburg. Sie wuchs allerdings in Regensburg auf. Aktuell absolviert sie den Masterstudiengang Klavierpädagogik. Sie ist schon als freiberufliche Klavierlehrerin tätig, arbeitet innovative Konzepte zum Instrumentalunterricht mit Vorschulkindern aus.

Und Lorenz Trottmann ist den Kulmbachern ohnehin kein Unbekannter. Denn er kommt aus der Stadt, ist der Sohn des Organisten Wolfgang Trottmann und der Musiklehrerin Susanne Trottmann. Er arbeitet als Musiklehrer in Nürnberg und in Kulmbach.

Außerdem macht Trottmann immer wieder als Komponist von sich reden. 2014 erhielt er für seine Arbeit ein Stipendium im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf in Brandenburg erhielt. Seine "Aria" für Posaune und Klavier ist sogar im Verlag Neue Musik erschienen.

Mit einem launigen Blues für sechs Hände eröffneten die drei Profis den Konzertabend in der Städtischen Musikschule. Ein echter Höhepunkt war Sergej Rachmaninoffs "Walzer und Romanze". Der russische Komponist hatte das Werk für seine Cousinen geschrieben. Und die eingängige Melodie der Romanze hatte er in seinem berühmten Klavierkonzert noch einmal "recycelt", erklärte Lorenz Trottmann in launiger Moderation.

Auch beim Polnischen Tanz, der aus der Feder des tschechisch-polnischen Komponisten und Musikpädagogen Xaver Scharwenka stammte, und bei der verträumt-schönen Zugabe saßen alle drei Profimusiker an dem Flügel. Sie ließen die Hände über die Tasten fliegen, griffen sich gegenseitig unter die Arme.

Für die Zuschauer und Zuhörer grenzte es an ein kleines Wunder, dass die Koordination so gut klappte und nicht zu "Vewicklungen" führte - zumal die Musiker ein atemberaubendes Tempo an den Tag legten.

Viele Stücke präsentierten die Profis zu zweit. Polina Danilova und Benjamin Schallwig spielten das Quadrille-Scherzo von Anatoli Ljadow. Gemeinsam mit Lorenz Trottmann begeisterte Benjamin Schallwig mit drei von Debussys "Six Epigraphes Antiques" und mit neuen Tanzrhythmen von Paul Juon.

Wunderschön gelangen auch die romantischen Werke von Cecile Chaminade. Die Kompositionen waren fern- und nahöstliche Träumereien, bisweilen meditativ und sphärisch.

Einen echten Konzerthöhepunkt hatten Lorenz Trottmann und Polina Danilova einstudiert. Sie verhalfen Carl Czerny, heute als Etüdenkomponist allen Klavierspielern bekannt, zu einem Comeback, indem sie seine "Grande Sonate Brilliante c-Moll" spielten: ein furioses Werk für echte Könner.

Auch bei Igor Strawinskys "Le Sacre du Printemps" übertrafen sich Lorenz Trottmann und Polina Danilova. Kraftvoll, fast schon brutal griffen sie in die Tasten, um das skandalträchtige Werk zu Gehör zu bringen. Bei der Uraufführung 1913 war das Publikum so empört, dass es zu einer Massenschlägerei mit 27 Verletzten und zu einem echten Theaterskandal gekommen ist. Doch das Kulmbacher Konzertpublikum ließ sich von dem musikalischen Frühlingsopfer nicht "schocken", sondern genoss die musikalischen Raritäten, die die drei Profis ausgesucht hatten und die Virtuosität hoch sechs.

Das Konzert, das es in Kulmbach kostenlos gab, wird übrigens am 16. Februar im Pianohaus Metz in Regensburg wiederholt.