Kulmbach: Ein Paradies fürs bedrohte Braunkehlchen
Autor: Jürgen Gärtner
Kulmbach, Freitag, 24. Juni 2016
Der LBV hat ein Projekt zur Rettung des hochbedrohten Vogels ins Leben gerufen. Mit großem Erfolg.
"Es ist einzigartig, was im Rotmaintal läuft." Das sagt Frank Schneider. Der 43-Jährige engagiert sich beim Landesbund für Vogelschutz (LBV) für das hochbedrohte Braunkehlchen. Mit großem Erfolg: Auf einer rund 50 Hektar großen Fläche ist es den Tierschützern gelungen, elf Brutpaare anzusiedeln. In Bayern gibt es nur 450 davon.
Strukturreichen Wiesen wichtig
Auf Brachflächen, wo sie brüten könne, haben die Vogelschützer eine kleines Paradies für die possierlichen Tierchen geschaffen. Die Vögel brauchen strukturreiche Wiesen mit Disteln und höheren Stengeln, von denen aus sie ihre Umgebung beobachten und zur Jagd gehen können. "Sitzwarten" heißt das im Fachjargon - sie sind essenziell für die Braunkehlchen.
1800 Stecken, die als Sitzwarten dienen, haben die Vogelschützer in dem Gebiet gesetzt.
Die Maßnahme wurde von den Braunkehlchen angenommen, wie Jürgen Feulner berichtet, der für die Kartierung der Wiesenbrüter auf den Brachflächen zuständig und deshalb fast täglich dort anzutreffen ist. "Vor drei Jahren gab es zwei Brutpaare, vergangenes Jahr sechs und heuer zwölf." Über diese Entwicklung würden selbst Experten staunen. "Das ist ein großes Glück, und wir hoffen, dass sich diese Entwicklung so fortsetzt beziehungsweise die Population halbwegs stabil bleibt."
Natürlich freuen sich Feulner und Schneider über den Kulmbacher Erfolg, der gegen jeden Trend in Mitteleuropa gehe. Denn die Lage für die Braunkehlchen sei länderübergreifend katastrophal: Die Wiesenbrüter und ihre Nester werden auf intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen von Traktoren zerfahren.
"Das hat diese Tierart an den Rand des Aussterbens gebracht", ergänzt Frank Schneider.
Dass Wiesenbrüter-Nester außerdem von Nesträubern wie Fuchs oder Krähe ausgenommen werden, komme vor, erklärt Schneider weiter. Doch "natürliche Räuber" seien etwas, womit man immer rechnen müsse.
Das Kulmbacher Erfolgsmodell ist nach den Worten der Vogelschützer mit relativ leichten Mitteln zu schaffen. Ganz wichtig: "Man braucht Landwirte, die dahinter stehen. Und glücklicherweise gibt es die im Landkreis." Sie würden Flächen für solche Naturschutzmaßnahmen zur Verfügung stellen. "Ohne die Bauern geht es nicht", so Schneider.
Auch ein längerer Atem ist für diese Projekte vonnöten - sie ziehen sich über mehrere Jahre. Und nicht nur das Braunkehlchen profitiere davon, sondern auch andere Arten wie Rebhühner oder Wachteln.
Wichtig ist, dass die Schutzflächen auch als solche beachtet werden. Denn in jüngster Zeit ist es nach den Worten der Vogelschützer einmal vorgekommen, dass ein Bauer durch eine Wiese gefahren ist und ein Nest vom Traktor überrollt wurde.