Kulmbach: Dieses Schnäppchen ist Betrug
Autor: Peter Müller
Kulmbach, Montag, 11. Januar 2016
In der Bayerischen Rundschau wurde ein wertvolles Mercedes-Cabrio zu einem absolut unrealistischen Preis angeboten. Wer mit dem "Verkäufer" Kontakt aufnimmt, erfährt nicht nur, dass der Oldtimer in Schweden steht.
Wer sich mit dem Gedanken trägt, einen Oldtimer zu kaufen, für den war es das - vermeintliche - Schnäppchen des Jahres: Ein Mercedes-Cabriolet aus dem Baujahr 1967 im Top-Zustand ("Wie neu") für 24 500 Euro. Der schwarz-blaue 250 SL mit roter Lederausstattung wurde am 2. Januar in der Bayerischen Rundschau inseriert - von einem Betrüger, wie sich herausgestellt hat.
Der Autor dieser Zeilen hat sich als Interessent ausgegeben, weil der Preis um rund 60 000 Euro niedriger liegt als der Betrag, der normalerweise für Fahrzeuge dieses Typs in diesem Zustand realistisch ist. Die Vermutung, dass Oldtimer-Fans unter den BR-Lesern mit einer üblen Masche abgezockt werden sollten, hat sich als richtig erwiesen: Nach dem Inserenten fahndet inzwischen die Polizei.
Doch der Reihe nach. Die Antwort des Cabrio-Verkäufers, dem wir ehrliches Interesse vorgaukelten, ließ nicht lange auf sich warten. Neben der Tatsache, dass die E-Mail-Adresse plötzlich eine andere war als die, die in der Anzeige angegeben wurde, hatte der angebliche Markus Ketersen, wie sich der Verkäufer nennt, gleich noch eine Überraschung parat. Und die las sich dann so (Rechtschreibfehler nicht verbessert):
Scheidung als Verkaufsgrund
"Das Fahrzeug Befindet sich für Direkt Abholung und Besichtigung in Pajala, Schweden. Der Fahrzeug wurde Gekauft aus Deutschland und ist Deutsch Registriert und Zugelassen. Das Fahrzeug ist noch Deutsch Angemeldet also Sie brauchen keine Zoll Kosten oder Gebühren Bezahlen. Das einzige Grund für den Verkauf ist meine Scheidung also ich wünsche eine Schnell Verkauf das ist auch das Grund für der Guten Preis."Zuvor hatte Ketersen den Benz in den höchsten Tönen gelobt: "Perfekter Zustand, Scheckheftgepflegt, Umfall frei, keinen Problemen, nicht mal einem Kratzen, hat deutsche Papiere, deutsche KFZ-Brief und noch 16 Monaten TUV. Zusätzlich bekommen Sie auch eine Hardtop in Wagenfarbe in Preis Inkludiert." An die Mail hängte er elf aussagekräftige Fotos an, die den guten Zustand des Cabriolets dokumentierten.
Obwohl Pajala in Nordschweden schlappe 2500 Kilometer von Kulmbach entfernt liegt, ließ unser Interesse nicht nach. So kam dann eine dritte Mail, in der Ketersen konkreter wurde: "...wenn eine Reise nach Schweden nicht möglich ist, dann schlage ich vor, das wir das AUVITO AB SPEDTRANS Europa Treuhand Service benutzen (Die Firma ist sehr berühmt in Europa und ich denke das es ist der sicherste Weg für uns beide ... AUVITO AB SPEDTRANS Transaktion Treuhand garantiert dass durch eine Deutsche Transaktion-Kaufvertrag und die Firma kümmert sich auch um die Lieferung zu Ihnen nach Hause."
Um seine Seriosität zu untermauern, sandte Ketersen (laut Google gibt es den Namen nicht) Kopien eines in Schweden ausgestellten Reisepasses und der Dortmunder Fahrzeugpapiere. Er bot auch an, dass man sich die Transportkosten von 800 Euro teilen könne. Und: "Ich kann Ihnen die Genaues Ablauf der Transaktion Telefonisch oder per E-Mail erklaren, Falls Sie das Wünschen."
Besitzer erstattet Anzeige
Dazu wird es wohl nicht kommen, denn inzwischen ist der geschiedene Wahl-Schwede ein Fall für die Polizei. Friedrich Weber hat den Mann angezeigt. Der Unternehmensberater aus Waltrop bei Dortmund ist rechtmäßiger Besitzer des Fahrzeugs, das er aktuell im Internet für (realistische) 84 000 Euro inseriert hat. Ketersen hat lediglich Webers Bilder aus dem Netz heruntergeladen und für seine Zwecke missbraucht.
Inserate in mehreren Zeitungen
Weber weiß Bescheid: "Ich bin schon von anderen Oldtimerfreunden angerufen worden, die mir auch die E-Mails des Betrügers weitergeleitet haben. Die sollten Anzahlungen überweisen. Der Mann hat in mehreren Zeitungen im Bundesgebiet Inserate geschaltet", sagte er der BR am Telefon.Ketersen dürfte sein Unwesen nicht mehr lange treiben, denn Friedrich Weber hat bei der Polizei Anzeige erstattet. Die Bayerische Rundschau hofft jedenfalls, dass kein Leser dem Betrüger auch nur einen Euro überwiesen hat. Seitdem ermittelt wird, haben wir von Ketersen auch nichts mehr gehört...
Augen auf beim Autokauf: Das sagen die Experten
Wenn es um historische Fahrzeuge geht, ist Walter Schaller vom Oldtimer Stammtisch ein gefragter Mann. Nicht selten wird der 64-jährige hinzugezogen, wenn jemand einen Oldtimer kaufen oder verkaufen will. Für unsere Leser, die sich eventuell für solche Fahrzeuge interessieren, hat er wertvolle Ratschläge.
"Prinzipiell keinerlei Vorauszahlungen leisten - egal, ob es sich um Frachtkosten, Vermittlungsgebühren oder eine Unkostenbeteiligung handelt, um das Fahrzeug betriebsbereit zu machen. Es gibt da ja die tollsten Varianten.
Das Auto immer persönlich in Augenschein nehmen! Keinen Wagen nur aufgrund eines Fotos kaufen, etwa bei ebay. Gut ist auch immer, denjenigen zu sehen, der das Fahrzeug verkauft.
Wenn irgendwie möglich, jemanden aus dem Bekannten- oder Freundeskreis mitnehmen. Motto: Vier Augen sehen mehr als zwei. Der Begleiter sieht das Fahrzeug auch aus einer anderen Warte und kann den Kaufinteressenten bremsen, wenn er vor lauter Begeisterung Gefahr läuft, Mängel zu übersehen oder eventuell zu akzeptieren. Wer ganz sicher gehen will, nimmt einen Kfz-Meister mit.
Über die marktüblichen Preise informieren - am besten bei www.classic-data.de.
Wie Walter Schaller kennt auch Dominik Fehn, einer der Pressesprecher beim Polizeipräsidium Oberfranken, die Tricks der Auto-Ganoven. "Diese Masche der Betrüger ist uns bekannt. Es sind diesbezüglich schon mehrere Anzeigen erstattet worden", so Fehn, der für Kaufinteressenten ebenfalls einige wichtige Tipps parat hält.
• Ist der Preis realistisch?
Prüfen Sie stets, ob der Preis auch dem Wert der angebotenen Ware entspricht. Recherchieren Sie im Internet nach Vergleichsangeboten und prüfen Sie die Preisspanne. Haben Sie Zweifel oder sind Sie durch geleistete Zahlungen geschädigt, wenden Sie sich an Ihre örtliche Polizeidienststelle. Seien Sie stets skeptisch bei attraktiven und sehr günstigen Angeboten, denn niemand hat etwas zu verschenken.
• Lassen Sie sich Detailfotos schicken
Nicht selten kommt es vor, dass Betrüger bereits existente Verkaufsangebote kopieren und hierbei auch die Originalbilder der Ware für das fingierte Angebot verwenden. Fordern Sie den Verkäufer auf, Ihnen Detailfotos zukommen zu lassen, wie z. B. Foto vom Tacho, Scheckheft. Achten Sie bei Fotos auch auf den Hintergrund, ob dieser mit dem angegebenen Artikelstandort übereinstimmen kann, z. B. Auto aus Deutschland steht vor orientalischen Gebäuden.
• Überprüfen Sie die Seriosität des Anbieters
Informieren Sie sich so gut es geht über den Verkäufer. Achten Sie bei gewerblichen Anbietern auf die so genannte Anbietertransparenz und vergewissern Sie sich, dass beispielsweise Identität und Anschrift des Anbieters, Garantie- und Gewährleistungsbedingungen sowie Widerrufs- oder Rückgaberecht leicht auffindbar und verständlich sind. Hilfreich bei der Einschätzung des Anbieters sind auch Bewertungsprofile, wie sie bei Online-Marktplätzen üblich sind, oder Internet-Gütesiegel. Achten Sie zum Beispiel auf das Siegel "Geprüfter Online-Shop", das vom Bundesverband des Deutschen Versandhandels (bvh) in Kooperation mit dem EHI Retail Institute vergeben wird, oder andere von der Initiative D21 empfohlene Gütezeichen: www.internet-guetesiegel.de
• Keine Vorauszahlungen leisten
Gehen Sie keinesfalls in Vorleistung! Betrüger zielen zum Teil darauf ab, dass Sie eine Vorauszahlung in Höhe einiger tausend Euro zahlen. Sobald Sie das Geld vorgestreckt haben, werden Sie in aller Regel nichts mehr vom Verkäufer hören und sind Ihr Geld los. Meistens werden Sie vom vermeintlichen Anbieter aufgefordert die Zahlung via Western Union oder MoneyGram zu leisten. Zahlungsempfänger solcher Geldtransfers sind nicht bzw. nur kaum nachzuverfolgen.
• Wählen Sie sichere Zahlungsmethoden
Dazu gehören beispielsweise die Zahlung per Rechnung, Bankeinzug oder Kreditkarte. Auch mit der Nutzung eines Online-Zahlungsservices, wie zum Beispiel PayPal, wird ein hohes Maß an Sicherheit erreicht. Bargeld-Transferservices wie Western Union oder MoneyGram sind hingegen keine geeigneten Zahlungsmethoden, wenn Sie den Verkäufer nicht persönlich kennen. Tätigen Sie niemals einen Online-Kauf, bei dem der Verkäufer auf einen Bargeld-Transferservice als Zahlungsmethode besteht.
• Vorsicht bei angebotenem Treuhandservice
Internetbetrüger bieten potentiellen Käufern oft einen Treuhandservice an. Teilweise werden Sie hierzu auf imitierte oder frei erfundene Websites geleitet, die alleine zur betrügerischen Zahlungsabwicklung genutzt werden, jedoch keinen Treuhandservice bieten.