Kulmbach bedient die Börsianer
Autor: Matthias Litzlfelder
Kulmbach, Mittwoch, 23. April 2014
Seit 2006 berichtet das Deutsche Anleger-Fernsehen durchgängig von den Finanzmärkten. Der Kulmbacher Privatsender ist noch immer der einzige deutschsprachige mit diesem Angebot. Die Macher müssen jedoch genau kalkulieren.
Müsste so ein Sender nicht eigentlich in Frankfurt heimisch sein? Die Frage wird immer wieder gestellt. Auch an Conrad Heberling. Der in Wien beheimatete Vorstandsvorsitzende des Deutschen Anleger-Fernsehens (DAF) in Kulmbach verantwortet seit Mitte 2012 die Geschäfte des privaten Fernsehsenders. Sechs Jahre zuvor hatte der Kulmbacher Medienunternehmer Bernd Förtsch das komplett auf Börsennachrichten und Finanztipps ausgerichtete Anlegerfernsehen starten lassen. Die noch heute hundertprozentige Tochter seiner Börsenmedien AG sendete zunächst nur im Internet. Inzwischen ist sie längst über Astra digital und die großen Kabelnetze frei zu empfangen.
"Im Prinzip ist es egal, wo wir sitzen", sagt Heberling. Kulmbach biete den Vorteil, innerhalb der Gruppe sehr eng zusammenzuarbeiten.
Live von der Börse für N24
Fünf Bildschirme hängen an der Wand in Heberlings Büro. In der Mitte läuft der eigene Sender, außen herum das weitere Angebot zum Börsengeschehen in Deutschland: Bloomberg, N24, N-TV, CNBC. "Wir haben ein Alleinstellungsmerkmal", sagt Heberling stolz. "Wir sind deutschsprachig." Als einziger Wirtschafts- und Börsensender in deutscher Sprache heben sich die Kulmbacher von den Mitbewerbern Bloomberg und CNBC deutlich ab. Mit N24 besteht seit fünf Jahren eine Kooperation, der Nachrichtensender bezieht vom DAF seine Live-Berichte von der Frankfurter Börse. Laut Heberling sind das 16 Schaltungen am Tag.
Also doch Frankfurt? "Wir besitzen dort ein eigenes Studio und Kamerapositionen direkt an der Börse", bestätigt der DAF-Chef. "Da arbeitet ein Team von sieben Mitarbeitern." Der Rest der Belegschaft sorgt von Kulmbach aus dafür, dass seit einem Jahr täglich 24 Stunden gesendet werden kann. Um 6 Uhr morgens beginnt ein Teil der Redaktion mit der ersten Schicht. Um 8 Uhr geht es erstmals live auf Sendung, bis 18 Uhr steht das Börsengeschehen im Mittelpunkt: Live-Schaltungen, Unternehmensnachrichten, Analysen, Talks. Den Tag über gibt es auch Wiederholungen. "Das macht jeder Sender", erklärt Heberling.
Bis Förtsch dem erfahrenen Medienmacher und Professor für Marketing und Marktforschung im Fernsehen (Hochschule Potsdam-Babelsberg), Conrad Heberling, die Verantwortung für das Programm übertrug, war um 18 Uhr Sendeschluss. Dann kam nur noch ein Standbild.
Mittlerweile läuft das DAF-Programm rund um die Uhr. Nach 18 Uhr sieht der Zuschauer jetzt noch ein selbst produziertes Magazin. Den Abend über und am Wochenende bietet das DAF ihm dann extern eingekaufte Produktionen: Dokumentationen und Reportagen über Wissenschaft, Technik oder Geschichte. "Wir setzen vor allem auf hochwertige Produktionen, hauptsächlich aus der ZDF-Enterprises-Filmbibliothek", berichtet Heberling.
Der Wiener, der unter der Woche in Kulmbach wohnt und seine Wochenenden in Österreich verbringt, will damit eine breitere Publikumsschicht ansprechen. Vor allem Frauen. Denn der typische DAF-Zuschauer ist nach einer Erhebung des Senders kauffreudig, vermögend - und männlich.
Welches Vermögen für so einen Programm-Umbau investiert werden muss, dazu will sich der DAF-Chef nicht äußern. "Ich spare nicht beim Zuschauer, ich schichte Ressourcen im Sinne des Zuschauers um", sagt er nur.
Ende März schloss das Deutsche Anleger-Fernsehen sein New Yorker Büro, von wo aus es live von der dortigen Börse berichtet hatte, unter anderem für N24. Eine tägliche 3-Minuten-Schaltung, die sich Heberling seitdem spart. Sein Ziel ist es, "aus dem DAF natürlich auch ein Wirtschaftsunternehmen zu machen". Will heißen, er möchte Gewinne erzielen. Dafür seien "noch Investitionen in die Verbreitung und in unser Programmangebot notwendig".
"Etwas Einzigartiges"
Einer der Vorgänger Heberlings als DAF-Vorstandsvorsitzender, Peter Rampp, hatte bereits im Frühjahr 2010 vom "Jahr des Durchbruchs" gesprochen. Er wollte bis 2011 die Gewinnzone erreichen. Doch dazu kam es nicht. Rampp schied kurze Zeit später aus. Jetzt liegt es an Heberling, das Kulmbacher Finanz-TV-Projekt rentabel zu machen. "Wir setzen alles daran, unser Programm noch besser zu vermarkten", kündigt dieser an. Im Moment liege die Resonanz in der sogenannten Primetime, also ab 20 Uhr, zwischen 50 000 und 100 000 Zuschauern. Tagsüber seien es weniger.
Um den Sender bekannter zu machen, will Heberling auch bei den Fernsehzeitschriften ansetzen. "Da können wir erste Erfolge verzeichnen, aber es dauert, bis wir von allen wahrgenommen werden."
Technisch gesehen könnte das DAF rund 24 Millionen Haushalte erreichen. Luft nach oben besteht also durchaus. Und Heberling hat auch schon weitere Pläne. Er will von anderen deutschsprachigen Börsen berichten, hat dabei Zürich und Wien im Blick. Die Botschaft des Pendlers zwischen Wien und Kulmbach klingt dabei charmant in fränkischen Ohren: "Wir haben hier etwas Einzigartiges in Oberfranken, mit einem deutschsprachigen Sender, der zwischen München und Frankfurt am Puls des Wirtschaftsgeschehens sitzt."