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Kuh büxt aus dem Schlachthof aus


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Donnerstag, 13. November 2014

Ein freiheitsliebendes Rind wollte sich nicht in sein Schicksal fügen und floh am Donnerstag aus dem Kulmbacher Schlachthof. Die Kuh kam allerdings nicht weit und wurde nahe der Nordumgehung auf einer Wiese von der Polizei gestellt und erschossen.
Diese Kuh hielt gestern die Polizei auf Trab: Sie war aus dem Schlachthof ausgerissen. Foto: Valentino Mager


Das sieht man nicht alle Tage: eine freilaufende Kuh auf dem Radweg in der E.-C.-Baumann-Straße! Das Tier wollte sich wohl nicht widerstandslos mit seinem Schicksal abfinden und büxte am Donnerstagvormittag gegen 10 Uhr kurzerhand aus dem Kulmbacher Schlachthof aus.

Die Kuh stand auf der Lebend-Waage, als sie plötzlich reißaus nahm. "Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit, und schon war's passiert", sagt Schlachthof-Leiter Dirk Grühn. "So etwas kommt immer wieder mal vor." In seiner Zeit in Kulmbach habe er das zum ersten Mal erlebt, aber insgesamt seien Schlachthof-Mitarbeiter immer wieder einmal mit solchen Situationen konfrontiert.


Ab durch den Zaun

Manche Tiere seien ganz gelassen, andere reagierten sehr nervös auf die Schlachthof-Atmosphäre. Bei der 763 Kilogramm schweren Kuh, die sich gestern spontan zur Flucht entschloss, lagen die Nerven wohl blank. Auch die sofortigen Notfallmaßnahmen mit Schließung aller Tore konnten sie nicht aufhalten. Die Kuh machte ein paar Meter neben dem Tor den Zaun platt, gelangte so auf die Straße und flüchtete Richtung Max-Rubner-Institut - vor den staunenden Augen der Schüler der Fachschule für Lebensmitteltechnik.

Ein derart aufgeregtes Tier wieder einzufangen, ist in der Regel kein Erfolg versprechendes Vorhaben, weiß Dirk Grühn: "Je näher wir an die Kuh herangingen, desto weiter entfernte sie sich. Da es ja dabei um die Sicherheit der Menschen geht, haben wir die Polizei verständigt."


Gefahr für Fußgänger und Autos

"Im öffentlichen Raum stellt ein solches Tier eine nicht unerhebliche Gefahr dar, und die Gefahren-Abwehr ist grundsätzlich Sache der Polizei", erläutert der Kulmbacher Polizeichef Gerhard Renk. "Die Kuh war vom Schlachthof aus Richtung Nordumgehung unterwegs und war ein Risiko für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer. Da gibt es dann gar keine andere Möglichkeit, als sie zu erlegen."

Die Polizei rückte mit einem eigens für solche Situationen ausgebildeten Gewehrschützen mit einer Spezialwaffe an. Es handelte sich um einen Beamten der Polizeiinspektion Stadtsteinach, der seine Kulmbacher Kollegen unterstützte.

Den auf mehreren Facebook-Seiten geäußerten Vorwurf, der Schütze habe seine Aufgabe nicht ordentlich erledigt, will Gerhard Renk nicht auf seinem Kollegen sitzen lassen. "Der Beamte hat auf Anhieb getroffen. Ein Schuss hat aber nicht gereicht, um die Kuh zu töten. Deshalb war ein zweiter Schuss nötig."


Schütze hat Aufgabe gut gelöst

Schlachthof-Leiter Grühn spricht dem Polizisten sogar ausdrücklich ein großes Lob aus: "Es ist unheimlich schwierig, ein solches Tier genau zu treffen, wenn der Kopf nicht fixiert ist. Der Beamte hat seine Aufgabe unter den gegebenen Umständen sehr gut und professionell gelöst. Das gibt es nichts zu meckern."

Nach eineinhalb Stunden war der Spuk in der E.-C.-Baumann-Straße vorbei, und im Schlachthof ging man wieder dem Tagesgeschäft nach. Direkt nach dem tödlichen Schuss wurde die Kuh vorschriftsmäßig entblutet und der ursprünglich geplante Schlachtprozess fortgesetzt. Das Fleisch wird vor der Freigabe noch einmal gesondert untersucht.

Die Sachschäden, die durch die Flucht des Rindes entstanden, sind gering: Neben dem Zaun des Schlachthofs wurde noch der Zaun eines Nachbarn leicht in Mitleidenschaft gezogen.