Kreis Kulmbach: Warum hat sich die alte Frau im Pflegeheim verbrüht?
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Donnerstag, 17. Januar 2019
Einer Pflegerin wird fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Vielleicht lag es aber auch an der Pergamenthaut der Geschädigten, dass es zu den schweren Verletzungen kam.
Ein mysteriöser Vorfall in einem Pflegeheim beschäftigt das Amtsgericht Kulmbach. Eine alte Frau soll morgens im Bad allein gelassen worden sein, als ihre Haare gewaschen werden sollten. Sie ist laut Anklage mit dem Hocker vor dem Waschbecken umgekippt und hat sich mit heißem Wasser aus der Duschbrause verbrüht. Diagnose der Ärzte im Klinikum Kulmbach: Verbrennungen zweiten und dritten Grades.
Das Geschehen im September 2016 liegt schon lange zurück. Nachdem eine außergerichtliche Einigung gescheitert war, wurde erst im Januar 2018 erstattet. Dann ermittelte die Polizei.
Vor Gericht steht jetzt eine Pflegerin (54). Ihr wird fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Sie erhielt einen Strafbefehl über 4500 Euro und legte dagegen Einspruch ein.
Heißes Wasser aufgedreht
Die Staatsanwaltschaft wirft der Angeklagten vor, die 77-Jährige allein im Bad sitzengelassen und ihr die Duschbrause in die Hand gedrückt zu haben. Sie habe das heiße Wasser aufgedreht und gesagt, dass gleich jemand zum Haarewaschen kommt. Bei dem Sturz zog sich die alte Frau eine stark blutende Wunde am Ellenbogen sowie Verbrühungen am Rücken, Nacken und Ohr zu.
Die Angeklagte bestritt die Vorwürfe. "Das stimmt nicht", sagte sie am Donnerstag zu Beginn eines sehr langen Prozesstags.
Zunächst gegen Sohn ermittelt
Zunächst hatte die Polizei die 54-Jährige gar nicht auf dem Schirm - sondern deren Sohn. Die Anzeige richtete sich nämlich gegen den Betreiber des Heimes im Landkreis Kulmbach und den jungen Mann, der ebenfalls dort arbeitete und zum Altenpfleger ausgebildet wurde.
Der damals 26-Jährige rief seinerzeit die Kolleginnen auf der Station zu Hilfe und erklärte den Unfall damit, dass er nur kurz aus dem Zimmertür gegangen sei, um einen Föhn zu holen. "Er sagte: Als er wieder reinkam, lag die Frau am Boden", sagten mehrere Zeuginnen übereinstimmend aus. Das sei ihm geglaubt worden.