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Krebs: Was wissen wir, wie gehen wir damit um?


Autor: Peter Müller

Kulmbach, Donnerstag, 26. Oktober 2017

Krebs: Was wissen wir vom "König der Krankheiten", wie gehen wir damit um? Antworten gab der frühere Leitende Arzt am Klinikum Kulmbach, Markus Ewald.
Über das Thema "Krebs - König der Krankheiten" referierte der frühere Leitende Arzt für Innere Medizin am Klinikum Kulmbach, Markus Ewald (rechts), auf Einladung der Fachverlage der Mediengruppe Oberfranken und der Bayerischen Rundschau.Peter Müller


Ewald, der jetzt Chefarzt für Innere Medizin am Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt ist, beleuchtete das Thema auf Einladung der Fachverlage der Mediengruppe Oberfranken und der Bayerischen Rundschau. Im voll besetzten Vortragsraum in der E.-C.-Baumann-Straße nahm er die Zuhörer mit auf einen Gang durch die Geschichte dieser Krankheit, die durch wichtige Erkenntnisse der Forscher Rudolf Virchow (Würzburg), Theodor Boveri (Bamberg) und Karl Heinrich Bauer (Mitwitz), dem Mitbegründer des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg, auch eine fränkische Komponente hat.

Der Referent machte deutlich, dass die schreckliche Diagnose auch im 21. Jahrhundert entgegen der Betrachtung anderer Krankheiten mit Assoziationen wie bösartige Bedrohung, Unvorhersehbarkeit, Siechtum und Tod verbunden ist. Wissenschaftliche Erklärungen für die Entstehung von Krebs gebe es erst seit Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts. Heute wisse man, das Krebs eine genetische Erkrankung ist, die zu etwa 60 Prozent dem Zufall in Form von Fehlern bei der Zellteilung unterworfen sei. Die Lebensgewohnheiten als Risikofaktor hätten einen Anteil von 35 Prozent, die Erbfaktoren maximal fünf Prozent. "Das mit dem Zufall ist schwer zu akzeptieren", räumte Ewald ein, der aber davor warnte, dadurch die Vorsorge durch einen gesunden Lebenswandel zu vernachlässigen. Diesen Tenor hatte auch seine drastisch formulierte Antwort auf die Frage einer Zuhörerin, ob denn der Eindruck richtig sei, dass die Krebserkrankungen ständig zunehmen: "Wer heute um die fünfzig ist kommt aus einer Zeit, in der noch im Auto bei geschlossenem Fenster gequarzt wurde und die Kinder auf der Rücksitzbank saßen. Und auch viele emanzipierten Frauen, die tüchtig mitrauchen wollten, zahlen heute den Preis dafür."

Den großen Durchbruch bei der Krebsbekämpfung sieht Ewald nicht, denn die Interaktionen zwischen Krebs- und Körperzellen seien zu komplex, um die einzelnen Krankheitsverläufe verstehen zu können. "Selbst die Tumore in einem Organ sind nicht die selben, und bei der Rückkehr eines Tumors muss wieder ganz neu analysiert werden." Beim Lungenkrebs zum Beispiel seien die Fortschritte "frustrierend". Allerdings würden die Behandlungserfolge zunehmen, früher als unheilbar geltende Patienten lebten heute deutlich länger - bei allen Kosten, die die Therapien verursachen.

Ein große Hoffnung liege in der Immunonkologie. Ewald: "Wenn wir lange genug suchen, würden wir wahrscheinlich bei jedem von Ihnen eine Tumorzelle finden. Damit wird der Körper aber fertig. Und deshalb muss es Wege geben, das Immunsystem diesbezüglich zu stärken."

Grundsätzlich riet Markus Ewald dazu, im Bewusstsein, dass nicht alles steuerbar, beeinflussbar und planbar ist, dem Krebs mit "aufmerksamer Gelassenheit" zu begegnen. Und: "Indem Krebs das Leben existenziell bedroht, kann er helfen, es zu verändern."

Yannick Schmidtlein, der bei den MGO-Fachverlagen im zweiten Ausbildungsjahr steht, hatte eingangs die Zuhörer begrüßt, von Geschäftsführer Bernd Müller wurden sie verabschiedet. Müller wies dabei gleich auf den nächsten Vortragsabend hin. Am 29. November geht es um das Thema "Epilepsie".