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Kommunalwahlrecht: So funktioniert das mit den neuen Listen


Autor: Jürgen Gärtner

Kulmbach, Mittwoch, 08. Januar 2014

Warum müssen manche Gruppierungen Unterschriften sammeln, um zur Wahl zugelassen zu werden - und andere nicht? Von den Besonderheiten des Kommunalwahlrechts und deren Folgen.
Im Landkreis Kulmbach gibt es zur Kommunalwahl mehrere neue Listen.  Foto: Arkadius Guzy


In einigen Gemeinden im Landkreis Kulmbach hat es in den vergangenen Wochen und Monaten politisch rumort: In Rugendorf, Marktleugast und Neuenmarkt, wo die Bürgermeister mit eigenen - neuen - Listen antreten, um den Chefsessel im Rathaus zu verteidigen. In Neudrossenfeld schickt sich der frühere CSU-Ortsverbands-Vorsitzende Björn Sommerer an, mit eigener Liste Bürgermeister zu werden. In Stadtsteinach gibt es ebenfalls eine neue bunte Gruppierung, die aber keinen Bürgermeister-Kandidaten stellen wird. In einigen Gemeinden sorgt das für kuriose Konstellationen. Achim Geyer, der stellvertretende Leiter der Landkreiswahlen, erklärt die Hintergründe.

Unterschriften nötig

Im Normalfall müssen neue Gruppierungen ihre Anhänger dazu bewegen, die in den Rathäusern ausliegenden Unterstützungslisten zu zeichnen, um zur Wahl zugelassen zu werden. Das ist ein großer Unterschied zu einer Unterschriftensammlung. Denn von Tür zu Tür zu gehen und um Unterschriften zu bitten ist viel leichter, als eine bestimmte Zahl an Leuten zu bewegen, extra ins Rathaus zu fahren und dort eine Unterschrift zu leisten. Die Haussammlung sieht das Gesetz nicht vor, sie ist deshalb verboten.

Wie viele Unterschriften nötig sind, ist genau im Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz geregelt. Bei Orten bis 1000 Einwohner sind es 40 Unterschriften, bis 2000 Einwohner 50, bis 3000 Einwohner 60 und bei bis zu 5000 Einwohnern 80 Unterschriften.

Parteien, die bei den letzten Landtags-, Bundestags- oder Europawahlen in Bayern über die fünf Prozent-Hürde kamen, brauchen keine Unterstützer-Unterschriften. Sie gelten durch ihr Wahlergebnis als "privilegiert".
Das gilt für die FDP, die zwar im Bundes- und Landtag nicht mehr vertreten ist, aber bei der letzten Europawahl die fünf Prozent knackte. Sie kann also jederzeit mit einer Liste antreten. Die Linke müsste dagegen Unterschriften sammeln.

Eine Besonderheit

Dann gibt es noch die kleinen örtlichen Wählergruppen. Bei ihnen unterscheidet man zwischen organisiert (Parteien, Vereine) und nicht organisiert. Diese nicht organisierten Wählergruppen sind eine Besonderheit des Kommunalwahlrechts.

Der Unterschied liegt vor allem darin, dass es sich bei nicht organisierten Wählergruppen einfach um eine Ansammlung von Leuten mit einer gemeinsamen politischen Zielsetzung handelt. An deren Versammlungen kann jeder Bürger teilnehmen und mit abstimmen, wer Kandidat wird und auf die Liste darf.

Bei den organisierten Wählergruppen ist das anders. Die können die Teilnahme an einer Aufstellungsversammlung auf ihre Mitglieder beschränken. Eine organisierte Wählergruppe, aber auch Parteien, können jedoch ebenso öffentlich laden und alle Bürger an ihrer Entscheidung teilnehmen lassen. Sie setzen sich dann aber auch der Gefahr einer "Unterwanderung" durch den politischen Gegner aus.

Kommt es zu politischen Machtkämpfen, kann das zu einem Kuriosum bei den Kommunalwahlen führen. Das zeigt das Beispiel Rugendorf.

Bürgermeister Martin Weiß gehörte dort zur nicht organisierten ÜWG, der einzigen politischen Liste in dem Ort, der Menschen aller politischen Coleur angehören. Bei deren Versammlung wurde er in einem Überraschungscoup als Kandidat vom Sattel gestoßen.

Weiß machte sich daraufhin mit der Liste Pro Rugendorf daran, sein Amt zu verteidigen. Viele Unterstützer, die den alten ÜWG-Wahlvorschlag von 2008 unterzeichnet oder sich auf ihm beworben hatten, nahm er mit - wohl mehr als bei der ÜWG verblieben sind.

Und das hat in dem Ort für eine völlig unerwartete Situation gesorgt: Denn nach dem Wahlgesetz hat das zur Folge, dass Pro Rugendorf quasi die ÜWG beerbt und zur Wahl zugelassen ist - und die ÜWG Unterschriften vorlegen muss, um bei der Kommunalwahl antreten zu dürfen.

Bei den neuen Gruppierungen in Marktleugast (Wählergemeinschaft Marktleugast, Bürgermeister-Kandidat Norbert Volk), Neuenmarkt (Neuenmarkter Gemeinschaft, Siegfried Decker) und Neudrossenfeld (Für unsere Gemeinde, Björn Sommerer) geht alles den normalen Gang. Dort handelt es sich um neue Listen, für die entsprechend Unterschriften vorgelegt werden müssen, um sich dem Votum der Wähler stellen zu dürfen. Das gleiche gilt für die Bunte Liste Stadtsteinach, die keinen Bürgermeister-Kandidaten hat.