Knirpse und die große Politik?
Autor: Alexander Hartmann
Kulmbach, Freitag, 17. Juni 2016
Manchmal frage ich mich: Haben Lehrplan-Gestalter den Sinn für die Realität verloren? Vieles, was unsere Schüler lernen, ist auf jeden Fall fragwürdig.
Das Schuljahr ist fast rum, und wieder mal habe ich mich gewundert, was die Knirpse - diesmal in einer vierten Klasse - so alles wissen müssen. Beispiel Heimat- und Sachkunde: Können Sie mir erklären, welche Hürde überwunden werden muss, damit es zu einem Bürgerentscheid kommt? Sie kommen ins Grübeln? Keine Sorge, Sie sind nicht der (die) Einzige, der (die) mit den politischen Grundkenntnissen nicht ganz vertraut ist. Die werden, man höre und staune, heute schon Grundschülern abverlangt.
Dass Acht- und Neunjährige lernen sollen, dass es einen Bürgermeister gibt, dass ein Gemeinderat Entscheidungen für eine Kommune trifft und auch der "normale" Bürger Mitbestimmungsrechte hat, das leuchtet mir ja noch ein.
Aber müssen die Pimpfe schon wissen, dass eine Bürgerinitiative bei einem Bürgerbegehren zehn Prozent der Wahlberechtigten gewinnen muss, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen? Es sind Kinder, die sich mit Mal- und Geteilt-Aufgaben abkämpfen und mit der großen Politik noch ebenso wenig am Hut haben wie mit der Prozentrechnung.
All die, die den Lehrplan erstellen, leiden offenbar unter Realitätsverlust. Bei den Viertklässlern kehrt zum Glück rasch wieder Normalität ein. Haben die Kids den Stoff erst reingepaukt und bei der Proben niedergeschrieben, geht es ihnen wie vielen von uns: Die Zehn-Prozent-Hürde, die sie ohnehin nicht verstanden haben, verschwindet schnell aus dem Kopf.