Kirchleuser Platte: Der Windpark kommt
Autor: Stephan Tiroch
Kirchleus, Mittwoch, 19. November 2014
Das Kulmbacher Landratsamt genehmigt das umstrittene Projekt mit sieben 200-Meter-Anlagen. Nun stellt sich die Frage: Klagt die Stadt Kulmbach vor dem Verwaltungsgericht?
Auch wenn morgen in Bayern das 10 H-Gesetz in Kraft tritt - das tangiert den Windpark auf der Kirchleuser Platte nicht. Die Regelung, dass der Mindestabstand zur nächsten Siedlung zwei Kilometer betragen muss, also die zehnfache Höhe der 200-Meter-Anlagen, kommt zu spät für den Windpark Schimmendorf-Kirchleus. Was die einen freut, bringt die anderen zur Weißglut: Fakt ist, dass die sieben Anlagen - fünf auf Mainleuser Gemeindegebiet und zwei im Bereich der Stadt Kulmbach - genehmigt werden.
Auf Anfrage bestätigt Hans-Dieter Vießmann vom Landratsamt Kulmbach gestern, "dass die Genehmigung in Vorbereitung ist und noch heuer erteilt wird". Anders verhält es sich bei den sieben Rugendorfer Windrädern: Vier davon stehen im Kreis Kulmbach, und bei den drei Anlagen auf der Fichtichhöhe bei Grafendobrach müssen laut Vießmann noch Kartierungen - Thema Schwarzstorch - geprüft werden. "Hier wird heuer nichts mehr entschieden", erklärt der stellvertretende Abteilungsleiter. Das gilt auch für die zwei Windräder bei Thurnau-Lochau, "weil wir naturschutzfachliche Fragen mit Bayreuth abstimmen müssen".
Die letzten Windräder
Allerdings: Nach jetzigem Stand können im Landkreis Kulmbach nun keine neuen Anträge mehr kommen, so Vießmann, da die 10 H-Regelung künftig auch innerhalb von Vorrangflächen des Regionalplans gilt. Das Gesetz sieht aber Bestandsschutz vor, wenn vor dem Stichtag 4. Februar 2014 ein vollständiger Antrag eingegangen ist.
Das ist Vießmann zufolge bei der Windpark Schimmendorf GmbH + Co. KG der Fall gewesen. Dahinter steht mit dem Investor GP Joule ein deutschlandweit auf dem Sektor der erneuerbaren Energie tätiges Unternehmen. Die Grundeigentümer auf der Kirchleuser Platte haben laut ihrem Sprecher Siegfried Münch, Schimmendorf, die notwendigen Flächen bereits an die Gesellschaft verpachtet.
Projektentwicklerin Anja Kalis von GP Joule aus Buttenwiesen bei Augsburg geht davon aus, dass nächstes Jahr Baubeginn sein wird. "Das hängt von den Lieferzeiten der Anlagenhersteller ab", sagt sie. Die Zufahrt soll von der B 85 südlich von Kirchleus über die Straße nach Oberdornlach erfolgen. Kalis: "Wir sind da auf einem guten Weg."
"Schwarzstorch nicht relevant"
Durch den Schwarzstorch ist die Genehmigung noch einmal verzögert worden. Nach Auswertung der Kartierungen steht nach Vießmanns Worten fest, "dass der Schwarzstorch dort nicht relevant ist". Vorwürfe, dass der Antragsteller, der das Gutachten bezahlt, das Ergebnis bekommt, das er möchte, weist er zurück: "Das sind bekannte Fachbüros, die von uns auch Vorgaben bekommen."
Wie Vießmann betont, hat das Landratsamt als staatliche Behörde bei so einer Entscheidung keinerlei Ermessensspielraum: "Wenn alle fachlichen Voraussetzungen erfüllt werden, hat der Antragsteller Anspruch auf Genehmigung." Deshalb ist auch das fehlende Einvernehmen der Stadt Kulmbach auch rechtsaufsichtlich worden.
"Kirchleus bleibt gespalten"
Hans Limmer von den Kirchleuser Windkraftgegnern ist "restlos enttäuscht". Er sagt: "Für mich hat die Natur verloren, und die Kirchleuser Siedlung hat verloren. Mit dieser Entscheidung wird der Dorffrieden erst recht nicht mehr einkehren. Das heißt, Kirchleus bleibt für längere Zeit gespalten. Das Projekt wird ein Millionengrab für die Betreiber, denn die Kirchleuser Platte ist bekanntlich ein Schwachwindgebiet."
Entscheidend, so Limmer, ist nun die Frage: Was macht die Stadt? Er meint: Zieht Kulmbach wie der Markt Küps, der gegen den Windpark Hain klagt, auch vors Verwaltungsgericht? Aus dem Rathaus ist gestern dazu - mit Hinweis auf die Personalversammlung am Nachmittag - keine Antwort zu bekommen. Bei GP Joule rechnet man nicht mit einer Klage. Kalis: "Es ist nichts abzusehen, wir sind in Gesprächen mit der Stadt."
Bürgerbeteiligung geplant
Der Windpark auf der Kirchleuser Platte bringt es auf eine Bausumme von zirka 25 Millionen Euro. 25 Prozent davon, so der Sprecher der Grundeigentümern, sind vertraglich als Bürgeranlage vorgesehen. Beteiligen könnten sich Einwohner der Dörfer in der näheren Umgebung. Ein Zerwürfnis wie in Kirchleus sieht er in Schimmendorf nicht: "Es gibt sicherlich auch Kritiker, die das skeptisch sehen, aber von einem gespaltenen Dorf kann man nicht reden."
Kommentar von Stephan Tiroch; "Transparenz Fehlanzeige"
Ein Paradebeispiel, wie es nicht laufen soll, ist der Windpark Schimmendorf-Kirchleus. Eine offene Diskussion über ein Thema, das Sprengkraft in sich birgt, hat im Vorfeld nicht stattgefunden.
Der Markt Mainleus stimmt zu, dass die Windparkfläche auf der Kirchleuser Platte im Regionalplan ausgewiesen wird. Mit der Begründung - Zitat Bürgermeister Dieter Adam: Die Schimmendorfer wollen den Windpark. Aber woher, bitte, nimmt er diese Sicherheit? Nur weil vor seiner Rathaustür kein Mensch protestiert hat? Vielleicht wäre es gar nicht schlecht gewesen, auf "seine" Bürger zuzugehen und vor Ort zu erfahren, dass sich nicht wenige Schimmendorfer mit dem Projekt nicht anfreunden können.
Fehlende Transparenz auch bei den Grundeigentümern. Sie sagen im Januar eine bereits geplante Informationsveranstaltung ab - mit dem Hinweis auf Unsicherheiten, die durch die 10 H-Pläne der Staatsregierung entstanden sind.
Und welche Rolle spielt die Stadt Kulmbach? Der Stadtrat winkt im Juni 2011 den Windpark einstimmig (!) durch. Schon damals hätten CSU und WGK die Mehrheit gehabt, um - wie es das kleine Wonsees geschafft hat - das Projekt zu verhindern. Jetzt das Einvernehmen zu verweigern, bringt, wie sich gezeigt hat, gar nichts.