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Kindersprache: Informationsstelle in Kulmbach unterstützt Eltern


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Donnerstag, 16. Januar 2014

Die Mobile Informationsstelle Kindersprache in Kulmbach unterstützt Eltern dabei, sprachliche Probleme bei Kinder zwischen zwei und zehn Jahren frühzeitig zu erkennen und aus dem Weg zu räumen. Die Beratung ist kostenlos und hat schon vielen Familien geholfen.
Dass Simon Weith bis vor Kurzem gelispelt hat, merkt man kaum noch. Mit einer spielerischen Strohhalm-Übung hat er seine schwache Mund- und Zungenmuskulatur gestärkt und spricht jetzt schon ein fast sauberes "S". Seine Lieblingsübung zeigt er Gudrun Rödel, die sich in den Einrichtungen der "Die Kita" um die individuelle Sprachförderung kümmert. Fotos: Dagmar Besand


Simon ist sechs Jahre alt, ein aufgewecktes, fröhliches Kind, das viel und gern erzählt. Schon mit zwei Jahren konnte der Kleine sich recht gut ausdrücken. Nur mit dem "S" hapert es. Simon lispelt. Sigmatismus heißt diese Sprachstörung im Fachjargon.

Anfangs war das für Mutter Ramona Weith, selbst gelernte Kinderpflegerin, kein Grund zur Sorge, denn die Sprachentwicklung verläuft bei jedem Kind in einem individuellen Tempo. Simon würde halt einfach ein wenig länger fürs korrekte "S" brauchen.

Interdisziplinäres Team
Doch der Fehler blieb, egal wieviel Mutter und Sohn zusammen übten.

Ramona Weith wandte sich deshalb mit ihrem Problem an die Infostelle Kindersprache, die seit einem Jahr in allen Fragen rund um die kindliche Sprachentwicklung berät.
Zum interdisziplinären Team gehören die Praxis für Logopädie Burlein & Hild, die Awo-Fachberatung Sprache & Integration, die Die Kita gGmbH, der evangelische Kindergarten Mainleus und die Praxis "Die Therapeuten Kulmbach und Thurnau" sowie anderssprachige Mitarbeiter päda gogischer Einrichtungen, denn auch Eltern mit Migrationshintergrund bekommen dort Rat.

Im November 2012 begann die Infostelle ihre Arbeit und bietet seither monatliche Sprechstunden an. Die Erfahrungen sind positiv, "aber wir hatten uns eine größere Resonanz erhofft", bilanziert Sprachberaterin Ilona Krebs von der Arbeiterwohlfahrt.

"Offensichtlich ist die Hemmschwelle, in eine Beratungsstelle zu gehen, für die Familien doch recht groß."
Darum hat das Team mittlerweile seine Strategie geändert, und das spiegelt sich auch im Namen wieder: "Mobile Informationsstelle Kindersprache" heißt das Angebot jetzt: "Wenn die Eltern nicht zu uns kommen, kommen wir zu ihnen."
Die Sprechstunden finden wie bisher am ersten Mittwoch im Monat statt, aber stets in einer anderen Schwerpunkt-Kita Sprache und Integration. Die ersten Termine wurden sehr gut angenommen. "Der vertraute Rahmen der eigenen Kita ist den Müttern sympathischer als der Weg zu einer Beratungsstelle."

Gestärktes Selbstbewusstsein
Ramona Weith bekam die klare Empfehlung, Simon zur logopädischen Therapie zu schicken.

"Mich hat das Gespräch gestärkt und mir das Selbstbewusstsein gegeben, mit dem Arzt ausführlich über das Problem zu sprechen und ein Rezept für den Logopäden zu bekommen."
Sechs Mal war Simon mittlerweile schon bei der Logopädin - mit durchschlagendem Erfolg. "Das Lispeln ist fast weg", freut sich die Mutter, die von der Therapeutin auch viele Tipps für das Üben zu Hause bekommen hat. Spielerische Übungen haben die Mund- und Zungenmuskulatur des Sechsjährigen gestärkt, die Artikulation hat sich dadurch schnell verbessert.
Warum ist es wichtig, schon bei kleinen Kindern sorgfältig auf die Sprachentwicklung zu achten? "Die Entwicklung der Sprache ist der Schlüssel für viele Fähigkeiten", sagt Logopädin Gerti Burlein. Leider werde oft erst dann fachlicher Rat gesucht, wenn sich Probleme manifestiert haben.

"Je früher die Sprachförderung ansetzt, desto schneller stellen sich Erfolge ein."

Für sprachliche Entwicklungsverzögerungen kommen verschiedene Ursachen in Frage: Krankheiten können dahinter stecken oder Schwerhörigkeit. Manchmal geht es aber auch schlicht um Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Geduld. "Wir geben Tipps, wie die Eltern ihr Kind am besten unterstützen können", sagt Sabine Kraus-Eckert, Fachkraft für Frühpädagogik bei der Awo.

14 Mitarbeiter sind im Arbeitskreis der Informationsstelle vereint und wechseln sich bei den Sprechstunden (siehe "Termine und Adressen") ab. Es sind immer ein Sprachförderer und ein Logopäde anwesend.
Bei Kindern, die mehrsprachig aufwachsen, sind zusätzlich Fachkräfte dabei, die fließend Russisch, Türkisch, Polnisch, Italienisch oder Portugiesisch sprechen.

Julia Rausch von der Awo hat die Erfahrung gemacht, dass manche Kinder die zu Hause gesprochenen Sprachen vermischen und keine von beiden richtig erlernen. Wie kann man ihnen am besten helfen? "Man muss am Sprachverständnis arbeiten und ihnen helfen, ihren Wortschatz richtig zu sortieren", sagt Rausch. "Und es ist wichtig, den Eltern zu erklären, was ihr Kind braucht. Da ist es ein großer Vorteil, wenn man ihre Sprache spricht."
"Sprache braucht Struktur" ergänzt Christa Stelter von der "Kinder-Arche" Mainleus. "Kinder müssen Regeln erkennen und beherrschen. Damit klappt es dann in jeder Sprache."


Termine und Adressen

Frühe Chancen Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt Kinder mit sprachlichem Förderbedarf durch eine in den Kita-Alltag integrierte, altersgerechte Förderung.

Mit der "Offensive frühe Chancen: Schwerpunkt-Kitas Sprache und Integration" stellt der Bund seit März 2011 bis Ende 2014 rund 400 Millionen Euro zur Verfügung und fördert damit rund 4000 Einrichtungen in Deutschland.
Mobile Informationsstelle Kindersprache Die Sprechstunden finden immer am ersten Mittwoch im Monat abwechselnd in verschiedenen Kitas statt. Wer sich beraten lassen möchte, erfährt den nächsten Veranstaltungsort bei der Awo-Fachberatung Sprache & Integration, Telefon 09221/6909169. Der nächste Termin findet am 5. Februar in der Kita Waaggasse statt. Eine vorherige Anmeldung ist erwünscht.
Interview Sprachberaterin Ilona Krebs by Infranken.de