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Kindergeburtstag, politisch korrekt


Autor: Jochen Nützel

Kulmbach, Montag, 28. Oktober 2013

Kindergeburtstag - ein Wort wie Donnerhall und für unsere Eltern das jährliche Armaggedon in der guten Stube. Die Rasselbande, sechs oder mehr Mann/Mädchen hoch, auf kleinstem Raum am Esstisch versammelt, reingezwängt in die Kücheneckbank.
Symbolfoto eines Schaumkusses. Foto: Archiv


Es lief Mucke von der Schallplatte (Status Quo oder wahlweise Pumuckl), dazu servierte der Gastgeber Naschwerk, das sich politisch korrekt nicht mehr wiedergeben lässt. Es gab, genau: Negerküsse. Heute heißt das "Schaumgebäck mit Migrationshintergrund", ist aber immer noch einfach nur süß und fett. Wahrscheinlich kam es damals schon über Lampedusa ins Landesinnere bis zu uns, aber das wussten wir nicht.

Ja, so war das in den Endsiebzigern. Als meine Kumpels und ich zehn Jahre alt wurden, da war es nicht weit her mit Vollwertkost auf dem Gedeck. Pampiges war angesagt zur Hauptspeise. Viel Soße aufs Fleisch, als da wären Bulette oder Schnitzel. Überhaupt: Paniert war, was gefiel. Dazu Kartoffelsalat, ertränkt in Majo; oder Pommes, zugedeckt mit Ketchup, als hätte Holland seine gesamte Tomatenernte darüber vergossen.

Aus den Rasselbanditen sind selber Eltern geworden.

Mit Sprösslingen, denen sie im Reifestadium natürlich nur Gutes wollen. Vegetarischer Brotaufstrich wird jetzt gereicht, mit Leberwurst-Aroma. Schmeckt sogar, ist aber etwas, woraus wir damals im Sandkasten mit Löffel und nassen Händen Handgranaten geformt und beim Werfen derselben das Brot dazu mangels Belag-Alternative eben pur gegessen hätten.