"Kinder sollten es uns wert sein!"
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Donnerstag, 12. Sept. 2019
Yvonne Wiesenmüller leitet den Kindergarten Höferänger. Die Arbeit findet sie erfüllend, doch die Rahmenbedingungen bereiten ihr Kopfzerbrechen.
Das Arbeiten mit Kindern: Für Yvonne Wiesenmüller ist es nicht allein Beruf, sondern Berufung. Dennoch stellt sich die Leiterin des evangelischen Kindergartens in Höferänger viele Fragen. Eine davon: Wie steht es um die Fachkräfte von morgen - angesichts der hohen Anforderungen bei vergleichsweise geringem Einkommen in diesem Job? Frau Wiesenmüller, wie stellt sich Kindergartenarbeit aktuell dar? Sind Kinder anders geworden? Oder Eltern?
Yvonne Wiesenmüller: Die Kindergartenarbeit ist viel komplexer, wird täglich auf eine Art Prüfstand gestellt und mit den enormen Erwartungen der Eltern, der Bildungspläne und des Qualitätsmanagements abgeglichen. Außerdem kommen immer mehr zeitaufwendige Aufgaben hinzu.
Ob Kinder anders geworden sind? Nein.Kinder sind schon von Natur aus ein Phänomen, wollen mit großer Neugier und Wissensdurst die Welt ganz unvoreingenommen erkunden. Unsere Aufgabe ist es, unsere Kinder liebevoll ein Stück des Weges bei ihrer Entwicklung zu begleiten, ihnen Fähigkeiten und Fertigkeiten an die Hand geben, um sie gefestigt und vorbereitet in die Schule zu entlassen. Kinder an sich haben sich nicht verändert - jedoch das eigene soziale Umfeld von Eltern und Kindern, familiäre Konstellationen, Freizeitangebote werden immer mehr, der Leistungsdruck in der Schule ist gestiegen, aber auch der Medienkonsum von Kindern und Eltern. Das prägt die Kinder, fordert zugleich auch Eltern und verändert sie. Zu beobachten ist allgemein, dass Kinder oft mit Computer-/Handyspielen etwa im Wartezimmer bei Ärzten, beim Essen, in Bus/Bahn/Auto ruhiggestellt werden. Das Stichwort Medienkonsum ist gefallen. Täuscht das Gefühl, oder wird die Aufmerksamkeitsspanne bei Kindern geringer?
Der Eindruck täuscht nicht. Wir haben ja auch eine Schulkindbetreuung für die erste bis dritte Klasse bei uns, und da merkt man es bisweilen auch. Die Jungen und Mädchen sind mit Computerspielen vertraut und wissen, was da angesagt ist. Solche Kinder nutzen auch Spiele, die für ihr Alter eigentlich nicht geeignet sind, unter anderem kommen sie durch ältere Geschwister dran, aber auch über die Eltern, die Zocken als Hobby und Entspannung nutzen. In Maßen ist das Okay, und ich verurteile das nicht, stelle aber fest: Kinder sind nervöser, hibbeliger, manchmal gereizter, aggressiver, bewegen sich nur ungern oder unter Protest und haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder ihre Freizeit abseits von Medien zu gestalten.
Wie kann man im Kindergarten auf die Herausforderung reagieren?
Was Mediennutzung angeht: Man kann sie nicht gänzlich fernhalten, da es selbst bei uns, in der Schule und überall dazugehört. Aber: Man kann Kindern zeigen, wie Freizeit anders zu gestalten geht, vielfältige Angebote in der Natur zum Ausgleich anbietet, ein gutes Vorbild ist und ein Gespräch oder Spaß mit einem "echten" Freund draußen in der Natur mehr Abenteuer bringt, als anonym am Handy zu zocken oder zu chatten.
Hilft ein Verbot?