Kinder getreten: mit oder ohne Stahlkappen?
Autor: Karl Heinz Weber
, Dienstag, 18. Sept. 2012
Hat ein 51-Jähriger seine beiden Kinder mit einfachen Sandalen oder mit stahlkappen-bewehrten Sicherheitssandalen getreten? Diese Frage war in einem mehrwöchigen Prozess am Amtsgericht Kulmbach trotz vieler Zeugenaussagen letztlich nicht eindeutig zu klären.
Ob der Fall nun endgültig juristisch abgeschlossen ist, steht noch nicht endgültig fest. Die Gräben in der einstigen Familie scheinen sich durch die Verhandlung noch vertieft zu haben. Auf jeden Fall wurde der 51-Jährige aus dem östlichen Landkreis Kulmbach zu einer Geldstrafe in Höhe von 3300 Euro verurteilt. Außerdem hat er an seinen Sohn und die Tochter je 1000 Euro und an seinen ehemaligen Schwiegervater 500 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Die Verurteilung erfolgte aber wegen vorsätzlicher und nicht wegen gefährlicher Körperverletzung, sonst wäre das Strafmaß wesentlich höher ausgefallen.
Auch der neue Verhandlungstermin mit vier weiteren Zeugenaussagen brachte keine Gewissheit darüber, ob der Angeklagte zum Tatzeitpunkt am Pfingstsamstag 2011 Sicherheitssandalen mit Stahlkappen trug. Dem Vorfall war die Trennung der Eltern vorausgegangen.
Situation ist eskaliert
Nach 24 Jahren Ehe führte dieser geringfügige Anlass dazu, dass die Situation eskalierte. Er schlug zunächst seinen Sohn mehrmals, und als dieser rücklings auf dem Bett lag, langte er nochmals zu. Als die Schwester zu Hilfe kam, wurde sie so geschlagen, dass sie zu Boden fiel. Der Vater ging auf die Tochter zu, bückte sich und schlug nochmals zu. Im Verlauf der Rangelei wurde auch der dazu gekommene Schwiegervater verletzt.
Ob der Vater absichtlich mit dem Schuh seine Tochter trat und er zu diesem Zeitpunkt die Sicherheitssandalen trug, konnte nicht mehr geklärt werden. Nach dem Eintreffen der Polizei war zunächst nur die Rede von Schlägen und nicht von Tritten.
Rechtsanwalt von Pezold aus Coburg vertrat die geschädigte Familie als Nebenkläger. Er sah es als sehr verwerflich an, wie die Verteidigung argumentierte. Es sei ungeheuerlich zu behaupten, die Tochter hätte ihren Vater "reinreiten" wollen, indem sie die Sicherheitssandalen vier Wochen nach der Tat ins Spiel brachte. Diese Vorgehensweise, die Kinder als Lügner hinzustellen, sei im Strafverfahren zulässig, ob sie anständig ist, sei eine andere Frage. Verteidiger Thomas Hofmann schlug jedoch nochmals in die gleiche Kerbe. Er bezeichnete die Zeugenaussagen der Familie als nicht schlüssig: es stinke, dass die Schuhe erst später erwähnt wurden.
Im Urteil ging die Richterin Sieglinde Tettmann nochmal auf die verschiedenen Wahrnehmungsmöglichkeiten von Zeugen, Geschädigten und Tätern ein. Was sich über Jahre angestaut hatte, sei in wenigen Minuten ausgebrochen. Zu Gunsten des Angeklagten sprach, dass er vorher noch nie straffällig geworden war und es auch nach Aussage seiner Familie vorher nie Gewalttaten gegeben hatte. Der 11. Juni 2011 habe auf jeden Fall tiefe Gräben bei allen Beteiligten hinterlassen.