Druckartikel: Kellersche Kanzel soll raus aus Museums-Exil

Kellersche Kanzel soll raus aus Museums-Exil


Autor: Jochen Nützel

Kulmbach, Donnerstag, 05. November 2015

Grünen-Stadtrat Hans-Dieter Herold schlägt vor, die Kellersche Steinkanzel wieder in der Petrikirche aufzubauen.


Der Zahn der Zeit - er hat genagt an den steinernen Figuren; manch einem hat er buchstäblich ein Ohr abgekaut oder die Nase angefressen, so dass etwa der Apostel Andreas an die Sphinx von Gizeh gemahnt. Apostel und Evangelisten zieren die achtstufige Spindeltreppe, die hinaufführt zum mächtigen Kanzelkorb. An den Außenkanten sind die Stufen durch gewundene Profilsäulen gestützt, die Kapitelle geformt wie korinthische Säulen mit Akanthus-Laub.

Was Wolf Keller, der Schöpfer des beeindruckenden Monuments, wohl dazu sagen würde, dass seine Kanzel leicht verloren in einer Ecke des Landschaftsmuseums Obermain auf der Plassenburg steht - und eben nicht mehr an ihrem angestammten Platz in der Petrikirche? Grünen-Stadtrat Hans-Dieter Herold jedenfalls ist sich sicher: Die Kanzel muss zurück.

Er hatte jüngst einen Antrag zu den Haushaltsberatungen im Stadtrat eingebracht, die Stadt möge zum Lutherjahr 2017 den Umzug prüfen. Die Kanzel, schreibt Herold zur Begründung, sei eines der bedeutendsten Kunstwerke Kulmbachs, im Landschaftsmuseum Obermain aber "kümmert es vor sich hin".

Die Kanzel sei, so Herold, ein Symbol der Reformation und stehe für die Bedeutung, die der Predigt zugemessen werde. "Die evangelische Kirchengemeinde plant eine Renovierung der Petrikirche. Der optimale Standort der Kanzel erfordert umfassende Überlegungen und Planungen, die sich auf das Gesamtkonzept auswirken."


Wo ist die beste Akustik?

Dekan Jürgen Zinck sagt, er sei "gespannt darauf, was aus dem Vorschlag wird". Den Gedanken an eine Rückkehr der Kellerschen Kanzel habe es immer mal wieder gegeben. Zinck habe bereits Versuche mittels einer Leiter unternommen, um herauszufinden, wo im Kirchenschiff die beste Akustik vorherrscht.

Der Maler und Steinmetz Wolf Keller vollendete die Petri-Kanzel, sein wohl bedeutsamstes Werk, im Jahr 1576. Wie es auf der Homepage des Landschaftsmuseums Obermain zu lesen steht, erhielt er dafür 60 Rheinische Gulden. In seiner "herben Gebärdensprache" erinnere er an den Nürnberger Bildhauer Adam Kraft. Allerdings lasse sich bereits die üppige Renaissance-Ornamentik an den Arkaden des Schönen Hofes der Plassenburg erahnen.


Evangelisten und Apostel

Dargestellt sind die vier Evangelisten (am Kanzelkorb) sowie Christus Salvator. Den Treppenaufgang zieren die zwölf Apostel: Petrus mit einem Buch in der Rechten, dann Andreas, Jakobus der Ältere und Johannes mit Kelch und Schlange. Darauf folgen Philippus, Bartholomäus mit Messergriff, Thomas und Matthäus mit dem Schwert als Attribut. Es schließen sich an: Jakobus der Jüngere, Simon Zelotes und Matthias. Den Schluss der Reihe bildet Paulus.

Im Jahr 1601 wurde die Kanzel von Wolf Alt bemalt und vergoldet. Johann Brenck und Hans Georg Schlehendorn fertigten 1645 einen hölzernen Schalldeckel an, von dem sich noch einige Figuren erhalten haben.
Entfernt wurde die Steinkanzel aus der Petrikirche während der Renovierung in den Jahren 1878 bis 1880. Die Verantwortlichen kamen zum Schluss, dass das farbige Monument nicht mehr zum neuen Stil passe. Es wurde durch eine hölzerne Kanzel ersetzt.

Die Odyssee des Kunstwerks begann. Zunächst landete die Kanzel auf dem Bauhof. Dort wurden 1910 die Teile wieder gefunden, im Anschluss kamen sie ins Luitpoldmuseum, bevor das Steinkunstwerk an seinen jetzigen Standort auf der Plassenburg kam.