Druckartikel: "Keiner darf verloren gehen"

"Keiner darf verloren gehen"


Autor: Uschi Prawitz

Fassoldshof, Donnerstag, 27. Juli 2017

Jahrelang hat sich Rektor Thomas Zapf über die Maßen für seine Kollegen und Schüler eingesetzt. Jetzt wurde er offiziell in den Ruhestand verabschiedet.
Regionalleiter Fritz Glock (rechts) überreichte dem begeisterten Musiker Thomas Zapf unter anderem eine Minigitarre. Foto: Uschi Prawitz


Beinahe zu Tränen gerührt war Thomas Zapf, der langjährige Leiter der Berufsschule Fassoldshof, als er am Dienstagnachmittag in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet wurde. "Lehrer und Schulleiter sein war für Thomas Zapf nicht nur ein Job", sagte Luzia Scherr vom Bezirk Oberfranken in ihrer Laudatio über den scheidenden Sonderschulrektor. Innovation, Überzeugungskraft, Diplomatie und Menschlichkeit, all das könne sie ihm bescheinigen. Für Landrat Klaus Peter Söllner war Thomas Zapf immer die Idealbesetzung dieser Stelle gewesen: "Er ist ein Menschenfreund und hat eine ganz eigene Atmosphäre an der Schule aufgebaut."


Seit 1985 im Dienst

Fünfzehn Jahre lang war Thomas Zapf Leiter der Berufsschulen in Fassoldshof, seit 1985 arbeitete er als Lehrer im Förderschuldienst. Jetzt ist es für ihn an der Zeit, sich in den Ruhestand zu verabschieden. 32 Jahre hatte er Auge und Ohr für seine Kollegen und seine Schüler, und nur so könne es funktionieren. "Ich sage immer zu unseren Lehrern, dass wir Beziehungen aufbauen müssen, erst dann kann man den Schüler auch erziehen und unterrichten. Keiner darf verloren gehen." In seinen Dienstjahren unterrichtete der Sonderschulrektor viele Schüler mit Lernbehinderung, aber auch mit psychischen Störungen oder entsprechendem Aggressionspotential. Dabei kann er im Vergleich zu den frühen Jahren seiner Tätigkeit keine großen Unterschiede im Verhalten der Schüler feststellen. "Der Job war schon immer anspruchsvoll und zugleich reizvoll, wir haben sehr kreative Schüler." Damals seien die Gastarbeiterkinder aus Jugoslawien, Spanien oder Italien an die Schule gekommen, dann kam eine Welle von türkischen Kindern und schließlich massiv Jugendliche aus den neuen Bundesländern. Inzwischen hätten körperliche Übergriffe eher abgenommen, dafür würden die psychischen Störungen bei den jungen Leuten zunehmen. Die Schüler seien aber keinesfalls "böser" geworden, weder er noch einer seiner Kollegen habe Angst, in die Schule zu kommen.


Schöne Erinnerungen

Dabei war die körperliche Bedrohung durchaus in Einzelfällen auch schon einmal da gewesen. "Da kam damals ein Jugoslawe mit einem Holzbalken in die Schule und wollte einem anderen den Schädel einschlagen", erinnert sich Thomas Zapf, der sich dem aggressiven Jugendlichen in den Weg stellte. Doch auch schöne Erinnerungen hat der ausscheidende Schulleiter mit im Gepäck. "Die Arbeit mit den Flüchtlingen in den letzten zwei bis drei Jahren war toll, wir konnten schon einige Schüler an die Altenpflegeschule vermitteln." Es beunruhigt ihn jedoch, dass einige seiner Schützlinge aus Afghanistan von der Abschiebung bedroht sind. "Wir haben viel Arbeit investiert und ich wünsche mir in Bezug auf die Abschiebungen ein menschliches, kein politisches System." Zufrieden stimmt ihn, wenn beim Sommerfest ehemalige Schüler zu Besuch kommen, die es geschafft haben, im Berufsleben Fuß zu fassen.
Auch das Thema Inklusion sieht Thomas Zapf skeptisch, denn um echte Inklusion zu betreiben, fehle es an finanziellen Mitteln und entsprechend ausgebildetem Personal. "Die Schüler werden dann oft in der Mittelschule gehalten, bis es nicht mehr geht, dann werden sie 'durchgemobbt' und an uns weiter gereicht - das sind quasi die ersten Opfer der Inklusion."
Thomas Zapf stammt aus einer Lehrerfamilie. Sein Vater war auch Chef in Fassoldshof. "Ein witziger Zufall ist, dass die Mutter meiner aktuellen Sekretärin die Sekretärin meines Vaters war." Um zwischendurch immer wieder einen freien Kopf zu bekommen, ist Thomas Zapf auch in seiner Freizeit äußerst aktiv. Er liebt die Musik, singt in verschiedenen Chören. Als Vorsitzender des Alpenvereins hat er für die Verjüngung des Vereins gesorgt und ist mindestens drei Mal pro Woche beim Klettern.
"Du warst stets bemüht, für alle eine Lösung zu finden, jetzt hast du für dich eine gefunden", sagte Luzia Scherr zu dem engagierten Schulrektor, der seine künftige Freizeit mit Sicherheit gut zu nutzen versteht.