Keine gute Zeit für Regen
Autor: Dagmar Besand
Harsdorf, Donnerstag, 03. August 2017
Winter und Frühjahr waren zu trocken, jetzt ist es zu feucht. Die Bauern im Landkreis Kulmbach können das reife Getreide auf den Feldern nicht ernten.
Blassgelb steht der Weizen auf den Feldern von Landwirt Wilfried Löwinger. Das Getreide ist reif und könnte geerntet werden - wenn es denn mal ein paar Tage nicht regnen würde. Kaum sind die Ähren fast trocken, kommt der nächste Guss, und Löwinger muss das Dreschen wieder verschieben. "Den Raps haben wir zum größten Teil eingebracht, aber Weizen, Triticale und Braugerste stehen noch draußen. Da wird's jetzt höchste Zeit, sonst leidet die Qualität."
Erst zu trocken, dann zu nass
Die Wetter-Extreme machen den Landwirten dieses Jahr zu schaffen. "Das ging ja schon im Winter los: Der war kalt, aber viel zu trocken." Es folgten ein ungewöhnlich warmes und ebenfalls trockenes Frühjahr mit späten Frösten.
Dann endlich Regen - aber zu viel des Guten auf einmal, und das gleich mehrmals. "Den Regen hätten wir im Frühjahr gebraucht. Jetzt müsste es mal eine Woche trocken sein." Weniger als 15 Prozent Feuchtigkeit müssen die Getreidekörner enthalten, damit sie lagerfähig sind. In dieser Woche sieht es beim Wetterbericht allerdings nicht so aus, als würden die Wünsche der Landwirte in Erfüllung gehen.
Perfektes Wetter für den Mais
Was für die einen Kulturen schlecht ist, fördert andere. "Für den Mais war die Witterung bis jetzt optimal. Da sind die Ertragsaussichten bestens", sagt Frank Stübinger, Pflanzenbauberater am Amt für Landwirtschaft Kulmbach-Kronach. Angebaut wird Mais im Landkreis Kulmbach zum einen als Futtermais, zum anderen auch als Energiepflanze für Biogasanlagen. Recht günstig waren die Bedingungen auch für Erbsen und andere Leguminosen, die jedoch als Marktfrucht im Landkreis Kulmbach nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Beim Getreide drängt jetzt die Zeit. Nur die Wintergerste ist bereits vollständig geerntet. "De Erträge im Landkreis waren guter Durchschnitt." Jetzt stehen Roggen, Weizen, Sommergerste und Raps an. Das Problem: Ist es ständig feucht, siedeln sich Schwärzepilze an. Schlimmer noch wird es, wenn es zum sogenannten Auswuchs kommt: Wärme in Verbindung mit Feuchtigkeit führt dazu, dass die Getreidekörner schon in der Ähre keimen. Darunter leidet beim Weizen die Backqualität. Das Getreide ist dann nur noch als Futterweizen zu verwenden. Ähnlich ist es bei der Braugerste: Gekeimt ist sie zum Mälzen nicht mehr zu gebrauchen.
Noch sind keine gravierenden Ernteeinbußen zu befürchten, sagt Frank Stübinger. "Wir haben noch ein bisschen Luft, aber das Zeitfenster ist klein." Das Zuständigkeitsgebiet des Pflanzenbauberaters sind die Landkreise Kulmbach und Kronach. "Das Bild ist nicht überall einheitlich, da wir verschiedene Naturräume haben. In den kühleren Gegenden im Oberland sind die Pflanzen noch nicht so weit gediehen, bis zur Ernte ist dort auf vielen Feldern noch deutlich mehr Zeit als im südlichen oder westlichen Landkreis."
Das Auf und Ab ist zwar alles andere als ideal, "aber wir haben trotzdem kein ausgesprochen schlechtes Erntejahr", sagt Löwinger, der auch Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands ist. "Wenn es keine bösen Überraschungen gibt, werden wir durchschnittliche Erträge auf den Feldern erreichen."
900 Landwirte im Landkreis
In der Landwirtschaft lebe man von und mit der Natur - und mit ihren Launen, so Löwinger. "Es gibt immer wieder mal ein Jahr, wo es schlechter ist, und Jahre, in denen alles optimal ist." Der 60-Jährige gehört zur sinkenden Zahl an Vollerwerbslandwirten im Landkreis Kulmbach und bewirtschaftet eine Fläche von rund 100 Hektar. In seinem Betrieb setzt er auf einen Mix aus unterschiedlichen Kulturen - von Raps über Weizen bis zur Braugerste. Dazu kommt die Ferkelerzeugung. Fällt die Ernte bei einer Getreidesorte mal nicht so gut aus, ist das nicht gleich existenzbedrohend.
Von den rund 2000 Mitgliedern des BBV-Kreisverbands Kulmbach sind etwa 900 landwirtschaftliche Betriebe. 60 Prozent davon betreiben die Landwirtschaft nur im Nebenerwerb.