Kein Schuldiger? Pauls Eltern sind fassungslos
Autor: Alexander Hartmann
Ludwigschorgast, Freitag, 15. Juli 2022
Vor einem Jahr ist Paul (2) in Ludwigschorgast ertrunken. Dass das Ermittlungsverfahren wegen versuchter Tötung gegen drei Mitarbeiterinnen der Kindertagesstätte jetzt eingestellt worden ist, macht die Eltern fassungslos.
Es ist ein mehrseitiges Schreiben, dessen Inhalt Anna (29) und Patrick Walther (33) fassungslos macht. Ein Schreiben, in dem die Staatsanwaltschaft Bayreuth den Eltern des kleinen Paul mitteilt, dass kein Strafverfahren eingeleitet wird, dass niemand dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass ihr zweijähriger Sohn ertrunken ist. Paul war (wie mehrfach berichtet) im Juli 2021 unbemerkt aus der Ludwigschorgaster Kindertagesstätte gelangt und in der Folge auf dem Nachbargrundstück in einem Wasserbecken ertrunken. Das Ermittlungsverfahren, das wegen fahrlässiger Tötung gegen drei Mitarbeiterinnen eingeleitet worden war, wurde jetzt eingestellt.
"Sonst wäre das doch nicht passiert"
Wut macht sich in Pauls Familie breit. Und absolutes Unverständnis. Niederschmetternd sei das Ergebnis, sagt Patrick Walther, der nach wie vor davon überzeugt ist, dass es einen Verantwortlichen geben muss. "Sonst wäre das doch nicht passiert." Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft wollen er und seine Frau nicht akzeptieren. "Wir haben über unseren Rechtsanwalt Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt." Der 33-Jährige sieht etliche Fehler, schon allein formale, die der Anklagebehörde nicht hätten passieren dürfen. "Paul wurde nicht am 6.11.2018 geboren, wie es in dem Schreiben heißt, sondern am 25.11. Auch unser Nachname wurde falsch vermerkt. Unser Walther schreibt man mit ,h' und nicht ohne."
"Kein hinreichender Tatverdacht"
Die juristische Bewertung der Staatsanwaltschaft, die er überhaupt nicht teilt, lässt sich so zusammenfassen: Die Ermittlungen wurden eingestellt, weil es keinen hinreichenden Tatverdacht gegeben habe. Die beiden Hauptbeschuldigten hätten zwar die Aufsicht über die "Käfergruppe" gehabt, es habe aber keine Verpflichtung zur lückenlosen Beaufsichtigung des kleinen Paul gegeben, zumal dieser sich altersgemäß entwickelt und keine besonderen Verhaltensauffälligkeiten gezeigt habe, wie Leitender Oberstaatsanwalt Martin Dippold unserer Zeitung erläutert. Da der Garten eingezäunt war, hätten die Erzieherinnen nicht damit rechnen müssen, dass Paul aus der Anlage kommen könne.
Vieles bleibt ein Geheimnis
Der Ablauf hat sich laut Staatsanwaltschaft nicht mehr exakt rekonstruieren lassen. Man habe auch nicht klären können, wie lange die Beschuldigten Paul nicht im Blick hatten, wie der Zweijährige aus der Anlage gelangen konnte. Selbst wenn die Beschuldigten den Jungen aufsichtspflichtwidrig nicht im Blick gehabt hätten, könne die Kausalität zur Todesursache nicht nachgewiesen werden. Für die Strafbarkeit muss laut Martin Dippold ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die Aufsichtspflicht und dem Tod bestehen, den es nicht gegeben habe.
Ein Tiefschlag
Ausführungen, die für die Eltern ein Tiefschlag sind. "Es kann doch nicht sein, dass die Betreuerinnen nur zeitweise ihrer Aufsichtspflicht nachkommen müssen", sagt Patrick Walther, für den das Signal, das von der Entscheidung an alle Erziehungsberechtigten ausgehe, beängstigend sei. "Ich gebe meine Kinder doch ab, damit sie beaufsichtigt werden." Der Vater macht in der Begründung auch Widersprüche aus. Zum einen heiße es, dass Paul körperlich gut entwickelt gewesen sei, er nicht ständig unter Aufsicht habe stehen müssen, zum anderen habe man aber nicht erwarten können, dass er über den Zaun klettern kann. "Das passt doch alles nicht zusammen."