Druckartikel: Kasendorfer mit Schaufel erschlagen: Pflasterer rastet aus

Kasendorfer mit Schaufel erschlagen: Pflasterer rastet aus


Autor: Stephan Tiroch

Kasendorf, Montag, 16. Januar 2017

Am Montag begann der Prozess vor dem Landgericht Coburg: "Idiot, komm her" - wurde der Angeklagte provoziert?
Am Montag begann vor dem Landgericht Coburg der Prozess gegen einen Pflasterer, der im Streit einen 55-jährigen Bauarbeiter aus Kasendorf erschlagen hat. Hier die drei Berufsrichter der Kammer - von links: Bianca Franke, Vorsitzender Christoph Gillot und Michael Imhof. Foto: Stephan Tiroch


Dass der Pflasterer (38) auf der Baustelle in Großheirath ausgerastet ist und mit der Schaufel zugeschlagen hat, daran besteht kein Zweifel. Der Angeklagte räumt selbst ein, am 22. Juni einen Bauarbeiter (55) aus Kasendorf mit dem schweren Werkzeug massive Kopfverletzungen zugefügt zu haben. An den Folgen ist das Opfer am 2. Juli gestorben.

Seit gestern steht der Pflasterer wegen Totschlags in Coburg vor Gericht. Die 1. Große Strafkammer muss die Umstände der Tat an dem heißen Sommertag auf der Baustelle der Max Carl KG aufklären. Die zentrale Frage lautet: Warum ist der Streit eskaliert?


Asphalt noch warm

Die Auseinandersetzung begann offenbar damit, dass für die Pflasterer, die Randsteine setzen wollten, Beton angeliefert wurde. Dabei durfte der Lkw nicht über die Fläche fahren, die der Kasendorfer und sein Bautrupp gerade frisch asphaltiert hatten. Der Straßenbelag ist laut Zeugen noch warm gewesen.

"Ich bin von hinten reingefahren, nicht über den frischen Asphalt", betont die Zeugin, die damals den Betonmischer fuhr. Sie habe nicht verstanden, warum sich der Capo der Asphaltierer aufgeregt hat und zum Angeklagten hingegangen ist.


Fast Nase an Nase

Der 38-Jährige macht keine Angaben zur Sache. Er lässt seinen Verteidiger reden. Rechtsanwalt Till Wagler, Kronach, verliest eine Erklärung. Demnach will sein Mandant provoziert worden sein. "Pflasterer, Idiot, komm her", soll der Kasendorfer gerufen haben und immer näher gekommen sein. Die Kontrahenten standen sich dicht gegenüber, fast Nase an Nase.

Sein Mandant, so der Anwalt, habe nicht verstanden, warum der 55-jährige so erbost war. Der Angeklagte sei zurückgewichen und angespuckt worden. Er habe weggehen wollen, denn: "Der Mann war nicht zu beruhigen." Dann folgte ein Schlag, der weh tat, und die Brille des Pflasters flog auf den Boden, hieß es in der Erklärung.

Wagler weiter: "Dann ging alles so schnell, dass er nicht mehr weiß, was ihm durch den Kopf ging. Der Mandant schlug zu und merkte, dass er mit der Schaufel den Kopf getroffen hatte. Er war schockiert und fassungslos, was er angerichtet hatte. Er stand völlig neben sich."

Eine Spontantat, so der Verteidiger, der die Tatausführung demonstriert: Die Spitzschaufel in der rechten Hand haltend, habe der Pflasterer mit der Rückhand zum Schlag ausgeholt - wie mit einem Tennisschläger.


"Mit massivster Wucht"

Die Angaben passen, meint der Sachverständige, Professor Peter Betz vom Institut für Rechtsmedizin an der Universität Erlangen. Der Schlag sei mit "massivster Wucht" erfolgt, "denn fast das ganze rechte Schädeldach war zertrümmert". Durch den Sturz auf den Boden habe das Opfer noch eine Trümmerfraktur am Hinterkopf erlitten. Beide Verletzungen hätten zum Multiorganversagen geführt und seien tödlich gewesen.

Die Einvernahme der Zeugen, die auf der Baustelle gearbeitet haben, bringt die 1. Große Strafkammer nicht weiter. Die Aussagen sind widersprüchlich. Es wird nicht klar, was genau den Streit ausgelöst hat.


Urteil nächste Woche

Das Gericht plant, dass am 25. Januar plädiert wird. Anschließend will die Strafkammer das Urteil verkünden. Fünf Jahre sind die Mindeststrafe für Totschlag.