Kartoffeln sind gesund und stecken voller Vitamine. Doch bei falscher Lagerung können sie giftig werden. Wie man richtig mit dem Lebensmittel umgeht, lernt man in der Kulmbacher Hauswirtschaftsschule.
Ausgerechnet die Kartoffel wurde zur Giftpflanze des Jahres 2022 gewählt. Und das, obwohl die Ackerfrucht ein Grundnahrungsmittel ist. Klöße, Baggers oder Stampf wären von fränkischen Speisekarten nicht wegzudenken. Beim Bayerischen Bauernverband stößt die Wahl nicht auf Begeisterung. Harald Köppel, Geschäftsführer beim BBV Bayreuth-Kronach-Kulmbach, sagt: "Ich finde die Auszeichnung irreführend für Verbraucher. Man braucht keine Angst haben vor Kartoffeln und Kartoffelprodukten."
Die öffentliche Wahl
Helge Masch, leitender Gärtner im Botanischen Sondergarten in Wandsbek bei Hamburg, erklärt, dass es eine öffentliche Wahl zur Giftpflanze des Jahres war. Masch kann die Beweggründe nur vermuten: "Verbraucher sollen dafür sensibilisiert werden, sorgfältig mit Lebensmitteln umzugehen." Bei Discountern habe er selbst gesehen, dass Kartoffeln oder Chips grüne Stellen hatten.
Nachtschattengewächse
Wie die Tomate oder Aubergine gehört die Kartoffel zu den Nachtschattengewächsen. Diese Pflanzenfamilie bildet Glycoalkaloide, allen voran Solanin. Dieses dient zum Schutz der Pflanzen, denn es macht sie giftig für Insekten, Bakterien, Pilze und pflanzenfressende Säugetiere. Vor allem grüne Pflanzenteile, die über der Erde wachsen, enthalten hohe Mengen an Alkaloiden. Lediglich die Knollen, die verborgen im Erdreich gedeihen, sind essbar.
Sie stammt aus Südamerika
Ursprünglich stammt die Kartoffel aus der Andenregion Südamerikas. Im 16. Jahrhundert wurde sie in Europa eingeführt. Damals kam es zu tragischen Missverständnissen. Die Menschen verzehrten das giftige Kartoffelkraut und verfütterten Knollen an Schweine. Kein Wunder, dass es zu schweren Vergiftungen kam. Eine hohe Dosis an Solanin und anderen Alkaloiden führt zu Durchfall, Erbrechen, Kopfschmerzen, Blutungen der Netzhaut, in schlimmen Fällen zu Atemnot, Krämpfen und Lähmungen, die bis zum Tod führen können. Heute wird zwar der richtige Teil der Nutzpflanze verzehrt, doch immer noch gibt es Missverständnisse um die richtige Handhabung der Ackerfrucht. Vor Jahren vergiftete sich in Stuttgart eine ganze Familie, indem sie aus einem Zehn-Kilo-Sack Kartoffeln über Tage verschiedene Gerichte zubereitete und trotz des bitteren Geschmacks davon aß. Zu Todesfällen kam es nicht. Dennoch sah sich das Bundesinstitut für Risikobewertung in der Pflicht, an die richtige Lagerung und Zubereitung von Kartoffeln zu erinnern: "Grüne und stark keimende Knollen sollten aussortiert werden." Denn auch in diesen Pflanzenteilen bilden sich größere Mengen giftiger Glycoalkaloiden.
Der richtige Umgang
Wie man richtig mit Kartoffeln umgeht, lernt man bei Birgit Distler. Die Landwirtin ist Dozentin und unterrichtet das Fach Küchenpraxis an der Hauswirtschaftsschule des Kulmbacher AELF. In der Trendelvilla bringt sie ihren Studierenden bei, dass man die Knollen am besten kühl, dunkel und gut durchlüftet lagert: "Ideal ist eine kühle Speisekammer oder das Kellerfach im Kühlschrank bei vier Grad Celsius." Die Lagerung in der warmen Wohnung fördere die Keimbildung. Grüne Stellen und Keimansätze solle man vor dem Kochen sorgfältig entfernen, denn Solanin ist hitzebeständig. Wer Kartoffeln mit Schale kocht, dürfe dieses Wasser zwar nicht mehr in der Küche verwenden, doch entsorgen brauche man es nicht. "Das Kochwasser eignet sich hervorragend zum Blumengießen", rät Distler. Der Nachhaltigkeitsgedanke spiele eine zentrale Rolle in der Hauswirtschaft. Denn im Unterricht geht es darum, regional und saisonal zu kochen, möglichst wenig Müll zu produzieren und vor allem um gesunde Ernährung. Wer zum Zeitsparen die Kartoffeln vorkocht, um sie dann tagelang im Kühlschrank aufzubewahren, verzichtet auf eine große Menge wertvoller Inhaltsstoffe.
Dämpfen im Schnellkochtopf