Jugendliche streiken auch in Bayreuth und Kulmbach fürs Klima
Autor: Franziska Sittig
Bayreuth, Freitag, 22. März 2019
Die "FridayforFuture"-Streiks sind auch in der Region angekommen, etwa in Bayreuth. Am 29. März wird zum ersten Mal in Kulmbach gestreikt.
"Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut!", "There's no planet B" oder "Keine Toleranz für Klima-Ignoranz" - mit solchen oder so ähnlichen Formulierungen prescht momentan eine Welle durch Deutschland, durch Europa, durch die Welt. Protest ist angesagt, ein bisschen erinnert es an die berüchtigten Studentenrevolten der 68er-Bewegung - jenes Phänomen, das man diese Tage vor der Münchner Feldherrenhalle, dem Berliner Bundestag, in den Städten Neuseelands und sogar an Wissenschaftsstationen am Südpol antrifft.
An jedem Freitagvormittag während der Schulzeit - am kommenden Freitag wird es erstmals auch in Kulmbach soweit sein. Und darin findet sich schon der erste und beliebteste Kritikpunkt an den "Fridays for Future"-Demonstrationen, die weitestgehend von Schülern auf Kosten ihrer Unterrichtsstunden geführt werden. Insbesondere nach dem internationalen Streiktag, der auch an Deutschland nicht spurlos vorübergegangen ist , häufen sich Vorwürfe vonseiten der Politik, die Schulschwänzen während der Unterrichtszeit nicht akzeptieren will und auch gar nicht kann.
Denn trotz des Demonstrationsrechts gelte ausnahmslos die Schulpflicht, betonten in den Tagen immer wieder verschiedene Schulministerien in Deutschland, die sich bezüglich der Konsequenzen für streikende Schüler während der Schulzeit bislang untereinander noch uneinig sind. Mittlerweile jedoch werden Verweise und Einträge im Zeugnis von den meisten Schulen verhängt.
Von Mut und echtem Engagement zeuge es also, wer solche Konsequenzen hinnehme und sich dennoch außerhalb des Klassenzimmers für die Umwelt einsetze, so die 16-jährige Magdalena Schlags. Als eine von fünf Organisatoren der "Fridays for Future"-Ortsgruppe in Bayreuth hat die Q11-Schülerin des Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums auf jegliche zweiflerischen Stimmen gegenüber den Umwelt-Aktionen leidenschaftlich-überzeugte Argumente parat: "Wir schwänzen Schule an ein paar wenigen Stunden pro Woche, wohingegen die Politik jahrelang ihren Job versäumt hat. Man hätte sich etwa viel mehr auf die Einhaltung des Pariser Abkommens von 2015 fokussieren müssen, anstatt dem Verbrauch an schwindenden Rohstoff-Ressourcen immer tatenloser zuzusehen. Es ist einfach nicht fair, dass große Industrienationen benachteiligtere Regionen der Dritten Welt weiter ausbeuten und sich selbst aus Klima-Abkommen rausmogeln. Wir wollen, dass die Politik endlich handelt und schleunigst nachhaltige Handlungsweisen entwickelt. Dafür gehen wir auf die Straße!"
Mit "Wir" sind zum internationalen Streik am 15. März immerhin rund 250 Menschen in Bayreuth zusammengekommen, die mit selbst gebastelten Plakaten und viel Lärm durch die Innenstadt gezogen sind. Als einer der beauftragten Schüler-Ordner, die den Lauf koordiniert haben, vertritt Justin Brückner, 19 Jahre, bereits von Kindesbeinen an die Überzeugung, dass Mutter Natur mehr geachtet werden muss. " Schon in der Grundschule bin ich mit Unterschriftenpetitionen von Haustür zu Haustür gelaufen, um die Menschen zu ordentlicher Mülltrennung zu animieren. Auch meine persönliche Lebensgestaltung richte ich sehr stark an den nachhaltigen Faktoren aus, hebe zum Beispiel auf dem Heimweg herumliegenden Müll auf und entsorge ihn. Sehr strikt vermeide ich auch Flugreisen - einfach weil der Grad an Umweltverschmutzung mit einem einzigen Flug bereits ein ganzes Jahr sämtlicher Bemühungen, im Alltag umweltschonender zu leben, zunichtemachen kann".
Das Verbot von Inlandsflügen sei Justins Meinung nach eines der obersten Ziele, denen sich die deutsche Umweltpolitik zuwenden solle, um den schlimmsten Schaden noch abzuwenden. Wissenschaftlern zufolge steht die Welt nämlich bereits vor dem Point of no return, an dem der bereits der Umwelt zugefügte Schaden auch unter großen Bemühungen seitens der Menschheit nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Unter diesen Umständen könnten sogenannte "Kippelemente" das Klimasystem vollständig auf den Kopf stellen und unumkehrbare Ereignisse nicht absehbaren Schadens lostreten. Schwindende Eisschilde und Gletscher an den Polen, tauende Permafrostböden in Russland oder immer länger werdende Dürre- und Hitzeperioden sind nur einige von unzähligen Beispielen.
Genau wie Magdalena betrachtet Justin aus der Q12-Stufe des Graf-Münster-Gymnasiums in Bayreuth jene Vereinbarung des Pariser Klimaabkommens, die globale Erderwärmung auf unter zwei Grad zu beschränken, als unabdingbar. "Auf Dauer nutzt uns auch das stabilste Wirtschaftssystem nichts, wenn die Erde in Gefahr ist", so Brückner.