Jugendherberge statt Bierwoche für junge Flüchtlinge in Kulmbach

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So trostlos und langweilig wie auf diesem Bild wird es für die von der Arbeiterwohlfahrt betreuten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus Kulmbach auf ihrer Fahrt in die Oberpfalz der hoffentlich nicht werden. Die Bierfest-Gaudi aber werden sie verpassen. Foto: dpa
So trostlos und langweilig wie auf diesem Bild wird es für die von der Arbeiterwohlfahrt betreuten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus Kulmbach auf ihrer Fahrt in die Oberpfalz der hoffentlich nicht werden. Die Bierfest-Gaudi aber werden sie verpassen.  Foto: dpa

20 Flüchtlinge werden von der Arbeiterwohlfahrt während der Festzeit in die Oberpfalz gebracht. Die Stadt trägt die Pläne mit. Ein Stadtrat kritisiert das.

Eine Ausflugsfahrt zusammen mit Freunden, raus aus dem Alltag, gespickt mit Unternehmungen aller Art. Eigentlich eine schöne Art, in die Sommerferien zu starten - müsste man meinen. Hans-Dieter Herold, Stadtrat der Grünen, findet das jedoch nicht.

Die Pläne der Arbeiterwohlfahrt (Awo), während der Bierwoche mit rund 20 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) eine Freizeitfahrt in die Oberpfalz zu unternehmen, kritisiert er scharf. "Die Maßnahme ist diskriminierend, wirkt der Integration entgegen und wahrt keinerlei Verhältnismäßigkeit."


Mitfeiern nicht möglich

Er selbst - so Herold - habe während seiner Tätigkeit als Deutschlehrer für Flüchtlinge an der Berufsschule bemerkt, wie sich UMF beschwert hätten, dass sie nicht auf die Bierwoche dürfen. "Die jungen Leute, die oft traumatische Erlebnisse hinter sich haben, müssen sich an den Rand gedrängt fühlen, wenn sie ausgerechnet beim größten Ereignis der Stadt nicht dabei sein dürfen." Der Hintergrund: Wie im Vorjahr fahren rund 20 von der Awo betreute UMF, die in den Heimen in der Schützenstraße und Am Rasen wohnen, mit Betreuern zum Ferienstart in eine Jugendherberge. Dass die jungen Leute dadurch während der Bierwoche nicht in der Stadt sind, ist wohl durchaus im Sinne mehrerer Beteiligter.

"In letzter Zeit kam es gerade rund um den von uns zur Integration installierten Soccer Court neben dem Bahnhof vermehrt zu Problemen", sagt Simon Ries, Pressesprecher der Stadt. Immer wieder seien dabei auch junge Flüchtlinge in Auseinandersetzungen verwickelt.


Stadt schreibt Brief an Awo

"Deshalb haben wir der Awo als Träger vieler Jugendhilfeeinrichtungen Mitte Juli einen Brief geschrieben und gebeten, gerade im Zuge der bevorstehenden Bierwoche ein verstärktes Augenmerk auf die jungen Leute zu richten", berichtet Ries.

Die Reaktion der Awo folgte laut Ries in Form eines Telefonanrufs der Kreisvorsitzenden Inge Aures (SPD) bei Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU). Die Vizepräsidentin des bayerischen Landtags, die am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen war, habe darin die Freizeitfahrt vorgeschlagen. Ries: "In Kulmbach helfen viele zusammen, dass die Unterbringung und Integration der Flüchtlinge gut läuft. Den Plan für diese besondere Situation aber tragen Stadtverwaltung und Oberbürgermeister mit."


Polizei: Einzelne Auffällige

Dass es in der Stadt auffällige UMF gibt, bestätigt Dominik Salosnig, Dienststellenleiter der Kulmbacher Polizei. Er betont aber: "Eine Handvoll wird immer wieder auffällig. Insgesamt gibt es keine überdurchschnittlichen Probleme."

Ein Drängen der Polizei, die Jugendlichen während der Bierwoche wegzuschicken, habe es nicht gegeben. "Das ist eine Frage des Trägers, der für sich die Risiken abwägt. Wir haben für die Festzeit viele Sicherheitsrisiken auf dem Schirm. Bestimmte Gruppen insgesamt fern zu halten, ist nicht unser Ansatz."

Klaus Schröder, Leiter des Jugendamtes im Kreis, musste der Fahrt zustimmen, da seine Behörde der Vormund einiger Jugendlicher ist. "In der Anfrage an uns war jedoch nicht von Sicherheitsbedenken wegen der Bierwoche die Rede." Vielmehr habe es sich um eine der Standard-Genehmigungen einer Freizeitfahrt gehandelt, die nicht unnormal seien. Die Kosten dafür seien in den Entgeltsätzen, die an die jeweiligen Träger gezahlt werden, inbegriffen.

Dass darüber nachgedacht werde, die UMF aus Sicherheitsgründen wegzubringen, bezeichnet Schröder als "Fehlinterpretation". "Sie wären zu keiner Gefahr geworden, eher hätte man sie schützen müssen."

Ähnlich argumentiert Elisabeth Weith, die als Awo-Geschäftsführerin täglich mit den überwiegend männlichen UMF zu tun hat. "Von ihnen geht keine Gefahr aus, sie haben sich gut entwickelt. Natürlich kann es mal zu einem Streit kommen, aber sie sind nicht gefährlicher als Deutsche."


"Waren ja auch beim Altstadtfest"


Die Unterstellung, die Awo wolle die UMF aus der Stadt schaffen, wenn viel los ist, sei schlicht falsch. "Beim Altstadtfest waren sie ja auch da." Eine Diskriminierung sieht sie nicht. "Als Minderjährige haben sie dort abends eh nichts verloren, das ist ja keine Kindergartenveranstaltung."

B90/Grüne-Stadtrat Hans-Dieter Herold hält jedoch dagegen: "Ich bin gegen pauschale Maßnahmen, die jeden treffen." Sein Gegenvorschlag: Die Betreuer sollen mit den Jugendlichen zusammen auf die Bierwoche gehen. "Wenn ich meine Pappenheimer kenne, kann ich sie auch kontrollieren."