Jetzt kann sich der Wald endlich wehren
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Donnerstag, 20. Januar 2022
Regen, Schnee und Minusgrade: Warum ein feuchter Winter gut für Bäume und Böden ist. Und wie knackige Kälte den Landwirten das Leben leichter macht.
Es regnet viel, es schneit immer wieder, die Temperaturen sind für die Jahreszeit eher mild. Ist das ein guter Winter für die Natur - insbesondere für den Wald und die Landwirtschaft, die in den vergangenen Jahren oft unter Trockenheit und extremen Temperaturen litten? "Das derzeitige Wetter ist super für die Natur, vor allem der Wald freut sich", sagt Michael Schmidt.
Schmidt ist stellvertretender Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg-Kulmbach und im Einzugsbereich der Behörde für den Wald verantwortlich. "Schnee im Winter, das ist das Beste, was dem Wald und auch allen landwirtschaftlich genutzten Flächen passieren kann. Die Schneedecke schützt durch ihre isolierende Wirkung zum einen vor extremer Kälte, zum anderen sickert bei Tauwetter die Feuchtigkeit schön langsam in den Boden."
Doch auch dort, wo es wenig schneit oder der Schnee nicht lange liegen bleibt, atmen die Bäume auf. Denn allmählich werden auch die tieferen Schichten durchfeuchtet, aus denen die großen Bäume sich mit Wasser und Nährstoffen versorgen. "Das ist dringend nötig", sagt der Forstexperte.
Heiße Sommer sind nicht normal
"Wir haben uns daran gewöhnt, heiße Sommer als normal zu empfinden. Das sind sie in unserer Region aber nicht. Die Trockenheit der letzten Jahre war ein großes Problem für den Wald und die Natur insgesamt. Der Grundwasserspiegel ist bedenklich gesunken." Mit ein paar regnerischen Wochen oder auch Monaten sei das Problem nicht gelöst, betont Schmidt. Es dauere lange, bis auch tiefere Bodenschichten wieder schön feucht und die Grundwasserspeicher aufgefüllt sind.
"Wir sehen nach intensiven Regenfällen immer nur die oberen 20 Zentimeter der Böden, die nass sind. Doch in zwei Metern Tiefe herrscht noch immer eine gewisse Trockenheit." Nach drei zum Teil sehr heißen und trockenen Jahren sei 2021 ein normales Jahr gewesen, so die Einschätzung des Experten. Was sonnenliebende Outdoorfans und auch viele Hobbygärtner als zu viel Wasser von oben empfunden haben, ist laut Schmidt genau die richtige Menge. Diese Einschätzung kommt nicht aus dem Bauch, sondern fußt auf Messungen. Das Amt für Landwirtschaft betreibt zum Beispiel in Poppenholz bei Rugendorf eine Wetterstation, die seit vielen Jahren unter anderem Niederschläge und Temperaturen genau erfasst. Die Daten zeigen, dass die Natur die Defizite aufholt.
"Ausreichend Feuchtigkeit in den tiefen Bodenschichten stärkt die Abwehrkräfte der Bäume. Sie können sich so endlich mal gegen den Borkenkäfer wehren." Eine schnelle Lösung gibt es für das Käferproblem jedoch nicht. "Der Käferdruck ist noch extrem groß. Der hat sich in den trockenen Jahren aufgebaut, und es dauert sicher drei bis vier Jahre, bis die Population wieder zusammenbricht."
Ein warmer Mantel für die Wintersaat
Schnee auf den Feldern - das sieht auch Landwirt Wilfried Löwinger gerne. "Das ist nicht nur für die Feuchtigkeit gut, wenn aus Schnee langsam Wasser wird. Er ist auch ein guter Kälteschutz für die Winterkulturen", sagt der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands. Löwinger baut selbst unter anderem Wintergetreide an, das sich unter einer nicht allzu dicken Schneedecke sehr wohlfühlt und so auch extreme Kälte besser übersteht. "Bei Kahlfrösten dagegen, kann es passieren, dass alles erfriert und man im Frühjahr neu aussäen muss."