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Jede Woche zehn Flüchtlinge für den Landkreis Kulmbach


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Freitag, 26. Sept. 2014

Durch Kriege und Unruhen in der Welt steigt die Zahl der Asylsuchenden an. Aktuell hat der Landkreis 281 Menschen aufgenommen. Kulmbach setzt auf dezentrale Unterbringung - und gibt auch der Regierung Kontra.
Aktuell hat der Landkreis Kulmbach 281 Flüchtlinge und Asylbewerber aufgenommen. Dabei setzt man darauf, die Menschen dezentral in Wohnungen unterzubringen. Im Bild die syrischen Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Kulmbach. Foto: Stephan Tiroch / Grafik: Michael Beetz / Quelle: Landratsamt Kulmbach


Kriege und Unruhen in der Welt - vor allem im Nahen Osten und in Afrika - haben eine Völkerwanderung ausgelöst. Die Zahl der Flüchtlinge steigt rasant an - mit Auswirkungen auf Deutschland, auf die Landkreise und die Gemeinden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnet damit, dass monatlich 25 000 Asylsuchende in Deutschland ankommen, die ein Dach überm Kopf brauchen. Für den Landkreis Kulmbach bedeutet dies, dass wöchentlich sieben bis zehn Flüchtlinge unterzubringen sind.

Humanitäre Gedanken im Vordergrund

Aufgrund der Entwicklung diskutiert der Kreisausschuss am Freitag ausführlich über die Asylthematik. "Wir haben bei uns im Landkreis 281 Menschen aufgenommen, das ist mehr als wir müssen", betont Landrat Klaus Peter Söllner (Freie Wähler). "In Asylfragen machen wir eine von humanitären Gedanken getragene Politik."

Laut Christine Dippold, zuständige Sachgebietsleiterin im Ausländeramt des Landkreises, gibt es derzeit drei Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber im Landkreis, zwei in Kulmbach, eine in Neuenmarkt. Dort leben 115 Menschen. Dezentral untergebracht sind 87 Personen - die 14 vom Landkreis angemieteten Wohnungen sind in Mainleus, Thurnau, Rugendorf-Losau, Neudrossenfeld-Unterbrücklein, Stadtsteinach, Grafengehaig, Neuenmarkt und Marktschorgast. 22 Asylbewerber sind in Privatunterkünfte in Kulmbach gezogen. Dazu kommen noch die 57 Kontingentflüchtlinge aus Syrien in Kulmbach und Untersteinach, die ein zweijähriges Bleiberecht haben und arbeiten dürfen.

"Weit über dem Soll"

Dippold zufolge muss der Landkreis Kulmbach 6,8 Prozent der Asylbewerber für Oberfranken aufnehmen. "Da liegen wir weit über dem Soll", so Söllner.

"Bislang haben wir die Lage im Griff", erklärt der Landrat. Er sehe wenig Konfliktpotential, da der Landkreis auf dezentrale Unterbringung setzt - eine Familie in einer Wohnungen. In vielen Gemeinden gebe es Menschen, die sich vorbildlich um die Asylsuchenden kümmern.

Zwei Problemfälle

Probleme sieht Söllner aber in zwei Fällen: in Himmelkron und in Mainleus, wo die Regierung von Oberfranken große Gemeinschaftsunterkünfte plant. In Mainleus sollten nach Ansicht des Landkreises nicht 80, sondern höchstens 30 bis 50 Menschen untergebracht werden. Und der frühere Himmelkroner Autohof sei aus ortsplanerischen und rechtlichen Gründen nicht für 180 Personen geeignet. "Das fehlende Einvernehmen mit der Kommune ist für uns der springende Punkt. Es ist nicht so, dass wir die Asylbewerber nicht haben wollen", versichert der Landrat.

Hermann Anselstetter (SPD) bezeichnet die dezentrale Unterbringung in Wohnungen als den richtigen Weg. "So sind Hilfsbereitschaft und menschliche Nähe in unseren Dörfern viel größer", sagt der Wirsberger Bürgermeister. Dafür kritisiert er das intransparente Verhalten der Regierung von Oberfranken, die hinter dem Rücken der Gemeinden Objekte für Gemeinschaftsunterkünfte besichtigt und hinterher überfallartig die Leute einquartiert. "Gemeinschaftsunterkünfte sind menschenunwürdig und müssen der Vergangenheit angehören", so Anselstetter.

Wirsberg bietet Wohnungen an

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, bietet Anselstetter dem Kreis zwei Wohnungen an, die der Gemeinde gehören: eine für sieben Personen; und eine zweite, die derzeit noch renoviert wird. Der Wirsberger Bürgermeister glaubt, dass im Landkreis bis zu 600 Flüchtlinge problemlos dezentral untergebracht werden können, wenn alle 22 Kommunen mitziehen.

Auch Gerhard Schneider (CSU) sieht den dezentralen Ansatz als den richtigen Weg an. Nach Ansicht des Himmelkroner Bürgermeisters sind große Gemeinschaftsunterkünfte ("was die Regierung bei uns vorhat") nicht beherrschbar. "Deswegen gibt es draußen Verunsicherung und teilweise auch Ängste." Es müsse, so Schneider, eine vernünftige Relation von Ortsgröße und Zahl der Hilfesuchenden beachtet werden.

Eine Bereicherung

Kulmbachs OB Henry Schramm (CSU) verweist auf die besondere Situation der unbegleiteten Jugendlichen, die von ihren Familien getrennt sind. Derzeit seien vier solcher Flüchtlinge in Fassoldshof untergebracht. Ihre Zahl werde aber steigen, weil sie künftig nach Quote verteilt werden. Für ihre Betreuung gebe es Mittel vom Freistaat. "Das sind junge Menschen, die ihre Zukunft noch vor sich haben", sagt Schramm. "Wenn der eine oder andere dableibt, ist es für unsere Region gar nicht schlecht." Sie könnten eine Bereicherung sein wie der syrische Arzt, der als Urologe am Klinikum arbeitet und dessen Söhne ausgebildete Informatiker sind.